Corona im Kongo – Angst in der Bevölkerung und schlechte Versorgung

Interview mit Markus Schmidt

 

Wie ist die aktuelle Situation im Kongo bezüglich Corona?

Offiziell ist seit 10. März der erste Fall einer COVID19-Erkrankung bestätigt. Die ersten Fälle waren zunächst sogenannte importierte Fälle, vor allem aus Frankreich und Belgien. Zu diesen Ländern unterhält die Demokratische Republik Kongo traditionell enge Beziehungen. Seither steigen die Fallzahlen stetig. Zunächst war nur Kinshasa betroffen. Mittlerweile sind auch in zwei anderen Provinzen (vergleichbar den Bundesländern) vereinzelt Fälle bestätigt worden.

 

Wie viele dokumentierte Infektionen gibt es?

Täglich gibt es eine Pressekonferenz in Kinshasa, wo der nationale Beauftragte über die neuesten Entwicklungen berichtet. Stand heute (31. März 2020, 14 Uhr) sind 98 Infektionen mit dem Coronavirus SARS-CCoV-2 bestätigt. Es gibt die Internetseite www.stopcoronavirusrdc.info, wo der neueste Stand zeitnah berichtet wird. Dort findet man auch Verhaltensregeln und Regierungsverordnungen. Laut www.poitico.cd verfügt die DR Kongo derzeit über Material für 200.000 Tests. Allerdings liegt die tägliche Kapazität bei lediglich 50, nur durchführbar in Kinshasa – für ein Land mit 95 Millionen Einwohnern und einer Ausdehnung fast sieben Mal so groß wie Deutschland. Allein in Deutschland sind es aktuell 60.000 PCR-Tests täglich. Das sind 1.200 Mal so viele wie im Kongo. Mittelfristig wird in Deutschland über 200.000 Tests pro Tag nachgedacht. So viele Tests sind aktuell der komplette Vorrat des Kongo. Es ist also anzunehmen, dass aufgrund der Testkapazitäten vor Ort kein realistisches Bild der Lage im Kongo zu bekommen ist. Auffällig sind die durchsickernden Identitäten der Verstorbenen: Meist sind sie aus dem engeren Umfeld der Regierung, aus der Elite des Landes. Es fehlen mir generell die Nachrichten über „die kleinen Leute“. Im Moment habe ich den Eindruck, dass sich die Regierung vor allem mit sich selbst statt mit COVID19 beschäftigt, auch wenn es gute Initiativen gibt. Gestern lagen wir bei einer Sterblichkeitsrate von knapp unter 10 Prozent. Wenn man das mit anderen Ländern vergleicht, die intensiv testen, kann man wohl erahnen, dass wir in der Breite wohl ganz andere Infektionszahlen hätten, wenn es mehr Testkapazitäten gäbe.

 

Was geschieht zur Aufklärung der Bevölkerung?

Ganz interessant war die Idee der Regierung, einen Wettbewerb für die sozialen Medien auszurufen. Ambitionierte junge Menschen können sich melden und ihre Ideen vorschlagen, wie über diesen Kanal korrekte Informationen verbreitet werden können. Einer von zehn Menschen nutzt in der DR Kongo das Internet. Außerdem erreichen mich mehrmals täglich SMS-Nachrichten: Das Gesundheitsministerium schickt über jeden Mobilfunkanbieter Nachrichten mit kurzen Ratschlägen. In einem Land, wo Kommunikation hauptsächlich über Mobiltelefone passiert, ist dies sehr sinnvoll, denn jede zweite Person im Kongo hat laut wko.at Zugang zu Mobilfunk.

Im Staatsfernsehen und -radio werden täglich Informationen verbreitet. Aber auch hier ist immer etwas Vorsicht geboten: COVID19 kann auch zu politischen Zwecken genutzt werden. Da ist das Radio der Vereinten Nationen, Radio Okapi (auch im Internet unter www.radiookapi.net) ein guter, neutraler Informationskanal. Leider planen die Vereinten Nationen, sich aus diesem Bereich, wie überhaupt aus dem ganzen Land, mittelfristig zurückzuziehen.

Bei der breiten Bevölkerung ist viel Angst zu spüren. Es ist schwierig, ein solch komplexes Thema so zu vermitteln, dass es die Menschen auf der Faktenebene erreicht.

 

Gibt es schon Maßnahmen, die ergriffen werden?

Gerade die bisher ergriffenen Maßnahmen wären schon drastisch, wenn man tatsächlich von lediglich 100 Infektionen ausgehen würde: Der nationale Gesundheitsnotstand wurde ausgerufen, der dem Präsidenten weitreichende Rechte gibt. In Kinshasa sollte es eigentlich einen kompletten „Shut-Down“ geben. Doch kaum wurde das vom Präsidenten verkündet, lehnten sich andere Politiker dagegen auf. Bis heute – vier Tage nach dem angeblichen Beginn – hält sich kaum jemand daran. Es wird mehr darüber gestritten, wer welche Maßnahmen anordnen oder widerrufen kann, als dass über die Versorgungssituation der Bevölkerung zielführend nachgedacht würde. Die Menschen leben täglich von der Hand in den Mund. Das, was man tagsüber verdienen konnte, wird am Abend für den Einkauf von lebensnotwendigen Gütern für diesen einen Tag ausgegeben. Die finanziellen Mittel für eine Vorratshaltung gibt es nicht. Wenn man tagsüber nichts verdienen kann, hat man abends nichts zu Essen.

Auch der Flugverkehr im Passagiersektor – sowohl inländisch als auch international – wurde durch ein präsidentielles Dekret vollkommen eingestellt. Für morgen, 1. April, gibt es einen letzten Evakuierungsflug hier aus Lubumbashi für Europäer/innen, organisiert von der italienischen Botschaft.

Auf dem Landweg gibt es auch nur noch Warenverkehr. In die Provinz Kinshasa darf niemand ein- und ausreisen, andere Provinzen stellen auch inländisch Reisende aus anderen Regionen sofort 14 Tage unter Quarantäne. Der öffentliche Nahverkehr ist stark reduziert. Auf den Motorrädern darf nur noch ein/e Passagier/in mitgenommen werden, wo sonst zwei, drei oder sogar vier mitfahren. In Minibussen sind maximal 16 Personen erlaubt. Schulen und Universitäten sind genauso geschlossen wie Bars, Restaurants und Diskotheken. Auch Kirchen und Gottesdienste müssen pausieren. Zunächst gilt das alles für vier Wochen bis nach Ostern.

Der Gouverneur von Lubumbashi hat eine nächtliche Ausgangssperre von 22 bis 5 Uhr verhängt. Ansammlungen von mehr als 20 Personen sind untersagt. Für Beerdigungen gelten strenge Anordnungen. Was sonst mehrere Tage dauerte, geht nun binnen Stunden. Es scheint, als würde die Bevölkerung auf eine mögliche künftige Situation mit vielen täglichen Toten eingestellt.

Im Kleinen scheint es mir, als ob man an dem festhält, was man aus Ebolazeiten kennt (nebenbei: morgen kann offiziell der letzte Ebolausbruch mit mehr als 2.000 Toten in der DR Kongo für beendet erklärt werden!): vor allem Händewaschen! Eine Zeitung titelte letzte Woche: „In Afrika mit Händewaschen gegen Corona!“ Überall sieht man ein Gestell aus Rundstahl mit einem Eimer und Wasserhahn sowie Auffangschale und Seife. Das ist meiner Meinung nach Ausdruck der verzweifelten Bemühung, der Epidemie etwas entgegenzusetzen. Beim Eintritt in größere Läden, Apotheken, staatliche Einrichtungen, Gesundheitsstationen, an Verkehrsknotenpunkten und Supermärkten kommt noch eine Temperaturmessung hinzu. In Banken und bei Großapotheken herrscht Zugangsbeschränkung. Innen muss man zwei Meter Abstand halten, außen bilden sich lange Schlangen, dicht an dicht.

Auf Nieshygiene wird hingewiesen. Wer kann, kauft sich einen Mundschutz. Mein letzter Versuch, in einer Großapotheke einen Vorrat für die Versorgung unserer Epilepsiepatient/innen anzulegen, scheiterte: Der Mitarbeiter meinte, dass asiatisch aussehende Kunden gekommen wären und alles abgekauft hätten, um es wieder zurück nach China zu schicken. Ich sehe Menschen, die den selben Einmalmundschutz schon seit einer Woche tragen, ihn immer wieder auf und abziehen. Dass damit eine sehr hohe Eigengefährdung einhergeht, ist kaum jemandem bewusst. Der offizielle Rat ist, einen Mundschutz nur drei Stunden lang zu tragen, und dann einen neuen zu nehmen. Niemand denkt aber an diejenigen, die einen Schutz wirklich brauchen: Ärztinnen und Schwestern, Pfleger und Ärzte.

Wer kann, bleibt zuhause, um sich nicht anzustecken. Die Menschen haben Angst, bei all den Nachrichten, die sie aus Europa erreichen. Das scheint mit sich selbst beschäftigt zu sein. Die USA sind für mich ein Totalausfall. China sieht das ganze strategisch: Wo immer es eigenen Interessen hilft, gibt es Tonnen von Material. Auch die DR Kongo hat davon profitiert.

 

Wie bereitet sich das Gesundheitswesen vor?

Es entstehen erste Isolierstationen beziehungsweise Krankenhäuser, teilweise gibt es Aufrufe an die private Wirtschaft, in einen Solidarfonds einzuzahlen. Neben dem Flughafen von Lubumbashi sollen 100 Patient/innen untergebracht werden. Der Präsident hat zugesichert, dass der Staat die Kosten übernimmt für alle Patient/innen.

Der erste Verdachtsfall in Lubumbashi berichtete über seine Quarantäne: Er wurde vom Flughafen weg in eine 30 Kilometer entfernte Gesundheitsstation gebracht, wusste nicht wo er war, bekam kein Essen und Trinken, es fehlte jegliche Grundversorgung. Es bestand Kontaktverbot. Nach 48 Stunden lag das negative Ergebnis vor. Er wurde dann in ein Flugzeug gesetzt und dahin zurückgeschickt, wo er herkam. Solche Maßnahmen dürften wenig motivieren, sich mit Symptomen oder Verdacht auf eine Infektion mit dem Coronavirus in Behandlung zu begeben.

Eine Herausforderung dürfte es auch sein, das Personal dafür zu rekrutieren. Das hängt dann stark von den Bedingungen ab, vor allem davon, wie der Selbstschutz gesichert wird: einerseits vor Ansteckung mittels ausreichend Material und Wissen, andererseits vor gewalttätigen Übergriffen. Das, was wir aus den Ebolaregionen kennen, nämlich einen tödlichen Cocktail aus einer Infektionskrankheit und kriegerischen Auseinandersetzungen, kommt auch jetzt wieder hoch: Bei uns in Lubumbashi sind kleine Gruppen von Mai-Mai-Rebellen am Wochenende von zwei Seiten in die Stadt marschiert, um die Unabhängigkeit der Provinz Katanga vom Rest der DR Kongo zu erreichen. Zeitgleich kam es im 120 Kilometer entfernten Likasi, in dem Stadtgebiet, wo wir eine lutherische Gesundheitsstation aufbauen, sowie in Kakanda und Kasumbalesa zu ähnlichen Aktionen. Es gab wahrscheinlich 30 Tote und erheblich mehr verletzte Personen. In Kinshasa haben Anhänger eines Sektenchefs ebenfalls Unruhen provoziert. So wird diese Krise auch dafür genutzt, die politische Lage zu destabilisieren.

Das Gesundheitssystem ist seit jeher auf private und kirchliche Initiativen angewiesen. Action Medeor geht davon aus, dass der überwiegende Teil der Gesundheitsversorgung von nicht-staatlichen Einrichtungen übernommen wird. Allerdings ist der Staat bisher nicht bereit, in der Coronakrise private und kirchliche Akteur/innen konkret mit einzubeziehen.

Wie sind die Kliniken ausgestattet? – Intensivbetten gibt es in den Großstädten kaum, im Landesinneren ist die Lage noch schlechter. Das beste Krankenhaus in der Zehn-Millionen-Metropole Kinshasa hat mit 15 Betten die landesweit größte Kapazität auf diesem Sektor. Beatmungsplätze in Lubumbashi mit seinen fast drei Millionen Menschen sind an drei oder vier Händen abzuzählen. Selbst zu medizinischer Grundversorgung haben viele Menschen keinen Zugang. Die Infrastruktur ist oft generell in einem schlechten Zustand. Gerade in der jetzt zu Ende gehenden Regenzeit sind einige Regionen auf dem Landweg abgeschnitten.

Die staatlichen Gesundheitsausgaben liegen bei etwa 20 US Dollar pro Kopf und Jahr. Die Kindersterblichkeit ist hoch. Fehl- und Mangelernährung begegnen uns überall.

Das Krankenhauspersonal gibt oft an, sowohl schlecht ausgestattet als auch schlecht bezahlt zu sein, und möchte vor einer Behandlung für ihren Dienst eine – wie es hier heißt – „Motivation“ in Form von einigen Francs Congolais. Patient/innen berichten mir immer wieder, dass Medikamente erst bei externen Apotheken gekauft werden müssen, weil sie angeblich in der Krankenhausapotheke nicht vorrätig sind. Die Witwe eines verstorbenen Coronapatienten berichtete einem Journalisten, dass ihr Mann morgens hätte verlegt werden müssen in ein Krankenhaus mit Beatmungsplatz. Die eigens dafür eingerichtete staatliche Notfallnummer bestätigte, dass es dazu einen Krankenwagen vor Ort gäbe, der ihren Mann dorthin transportieren kann. Um 12 Uhr war ihr Mann, noch immer nicht verlegt, im Krankenhaus verstorben.

 

Wie bereiten Sie sich vor? – Hat sich die Alltagssituation für Sie/für die Bevölkerung

verändert und, wenn ja, wie?

Landwirtschaftsbetriebe kündigen Mitarbeitenden, weil ihnen Kundschaft fehlt – wie im Handels- und Dienstleistungssektor generell, hervorgerufen durch die landesweiten Ausgangsbeschränkungen.

Alle Gastronomieangestellten, Professor/innen, Lehrer/innen und Kinder, auch unsere, sind seit zwei Wochen zuhause. Wir haben noch das Glück einer Heimbeschulung mit Unterrichtsmaterial und Internetkursen, das haben 99,9 Prozent der Schüler/innen hier nicht. Am Tag vor dem Geburtstag unserer jüngsten Tochter wurde unsere Provinz unter eine 48-stündige komplette Ausgangssperre gesetzt, weil ein absolut unzuverlässiger Schnelltest, der auch vom Gesundheitsminister und der WHO nicht empfohlen ist, positiv bei einem Flugpassagier anschlug, alle anderen Passagiere aber schon den Flughafen verlassen hatten. Wer auf der Straße gesehen wurde, wurde von Polizei und Militär „gestellt“. Unser Nachtwächter hat daraufhin zwei Tage mit uns zusammen verbringen müssen und konnte nicht wie üblich tagsüber zu seiner Familie. Diese Situation hat nachhaltige Spuren auch in der ganzen Bevölkerung hinterlassen, die Bedrohung wurde real. Auch wenn bei keinem der Passagiere das neuartige Coronavirus durch das Labor in Kinshasa bestätigt wurde, sind nun viele Menschen sehr verängstigt. Allen wurde klar, wie wenig wir eigentlich in der Hand haben.

Und auch die Maßnahmen wie Isolation und Social Distancing sind absolut unrealistisch für Menschen, die von der Hand in die Mund leben und nur durch einen Großfamilienverbund überhaupt überleben können: Wo finde ich das Geld, um mein Abendessen – oft die einzige Mahlzeit am Tag – zu besorgen, wenn es nicht mal mehr Arbeit gibt? Die Preise für Grundnahrungsmittel haben sich mehr als verdoppelt, seit die Grenzen geschlossen wurden. Eine wirkliche Knappheit besteht nicht, da der Warenverkehr nicht voll betroffen ist. Aber unsolidarische Geschäftsleute stürzen ihre eigenen Landsleute in großes Leid.

Durch ausfallende Gottesdienste gibt es auch keine Kirchenkollekten – und damit sind auch Pfarrer und Evangelisten von Einkommenseinbußen betroffen und können kaum ihre Familien ernähren. Eine ausgefallene Geburtstagsfeier unserer Tochter dürfte – wenn sie auch etwas geknickt ist – da wohl das geringste Problem sein. Ein junger Mann aus meinem Umfeld beschrieb es so: „Corona, dazu noch keine Arbeit, kein Essen, keine Sicherheit. Es werden wohl viele leiden und sterben.“

 

Wie ist die Situation in Ihrem Arbeitsfeld?

Wir selbst können unsere Provinz nicht mehr verlassen, der Flugverkehr ist eingestellt und an den Provinzgrenzen kann es vorkommen, dass Quarantänemaßnahmen angeordnet werden. Wenn wir ausreisen würden, könnten wir aktuell auch nicht mehr einreisen, denn der Präsident hat faktisch ein Einreiseverbot für Deutsche verfügt. Wir haben uns aber bewusst dazu entschlossen, hier vor Ort zu bleiben. Einerseits geht es um das solidarische weltweite Miteinander der Kirchen. Andererseits gehören wir keiner Hochrisikogruppe an. Und unsere Kompetenzen könnten, sofern gewünscht, in den kommenden Wochen durchaus hilfreich sein.

Viele unserer Tätigkeiten wurden abgesagt oder verschoben: die Predigt in der Universitätsgemeinde, der Projektbesuch in den Frauen-Selbsthilfe-Gruppen oder die HIV/AIDS-Fortbildung für die Kirchenleitung im Missionsgebiet von Kisangani und anderes mehr. Manche Menschen sind damit vor Ort auf sich selbst gestellt, werden aber mit fast täglichen Telefonanrufen begleitet. Andererseits ist gerade im Bereich der Versorgung von Menschen mit Epilepsie unsere Präsenz hier wichtig. Trotz Einschränkung im öffentlichen Nahverkehr kommen noch an die 30 Patient/innen pro Woche zu uns. Es ist anzunehmen, dass sich die Zahl wieder nach oben korrigiert, 40 bis 50 Hilfesuchende sind eher die Regel. Wenn ihre Medikamente zur Neige gehen und die Krampfanfälle sich häufen, werden die Menschen Wege suchen, trotz der schwierigen Lage zu uns zu kommen. Der Eigenbeitrag der Patient/innen wird dann zwar gering ausfallen, weil einfach die finanziellen Mittel fehlen, aber wir werden diese Zeit, in der wir nicht wirtschaftlich arbeiten können, mit Gottes Hilfe meistern.

Herausfordernd ist eher die praktische Durchführbarkeit: Wenn jede/r Patient/in zwei Meter Abstand von allen anderen halten muss, brauchen wir eine Abtrennung zwischen den Patient/innen und eine riesige Fläche: Wo sich vorher auf Bänken im Wächterhaus und auf der Wiese unter Bäumen auf 20 Quadratmetern alle unterbringen ließen, brauchen wir nun ein Fläche von 60 bis 80 Quadratmetern plus separate Sitzgelegenheiten plus Überdachung. Corona kostet richtig viel Geld, wenn es nicht Leben kosten soll. Schutzmaterial gibt es zudem kaum oder zu horrenden Preisen. Während in Deutschland und anderen Staaten in Europa über das Tragen von Atemschutzmasken für alle gesprochen wird, obwohl die Weltgesundheitsorganisation den Nutzen im Generellen nicht sieht, haben wir hier das Nötigste nicht vor Ort, um medizinisches Personal zu schützen, auch für uns nicht.

Es wäre schön, wenn alle die Ressourcenverteilung weltweit im Blick hätten. Aber da ist die Coronakrise dann eben nur ein Abbild der ungerechten Verteilung von Gütern in der Welt. Ratschläge zum Selberbasteln von Atemschutzmasken aus Stoff, wie sie zur Zeit über das Internet auch aus Deutschland in die Partnerkirchen hinein kursieren, empfinde ich sehr zynisch in unserem Kontext.

 

Wie ist Ihre Einschätzung der Lage? – Wird es im Kongo gelingen, das Virus unter Kontrolle zu halten?

Das ist eine Frage für Wissenschaftler/innen, die dann Politiker/innen beraten, die wiederum Entscheidungen treffen müssen. Doch auf welcher Basis wird agiert? Geringe Testkapazitäten und kaum Behandlungsmöglichkeiten gepaart mit generellem Ressourcenmangel lassen wenig Spielraum.

Wenn ich mir die Alterspyramide ansehe, dann fällt mir auf, dass lediglich 3 Prozent der Bevölkerung über 65 Jahre alt ist. 46 Prozent der Bevölkerung ist unter 15 Jahren. 51 Prozent sind zwischen 15 und 64 Jahren alt. Wenn ich die bisherigen Erkenntnisse richtig einordnen kann, dann könnte es vor allem einen kleinen Anteil der Bevölkerung im höheren Alter besonders schlimm treffen. Die Auswirkungen auf HVI/AIDS-Patient/innen sind noch nicht genau erforscht. Sofern diese unter Therapie sind, könnten sie damit gut geschützt sein. Ohne HIV-Therapie, und das dürften hier etwa 50 Prozent der mit HIV Infizierten sein, ist wohl – je nach Immunstatus – eine erhöhte Sterblichkeitsrate zu erwarten. Der Einfluss von Malaria, Tuberkulose, Wurminfektionen, Masern, Mangelernährung und anderen hier grassierenden Krankheiten könnte eher nachteilig sein.

Wir können wenig an der Gesamtsituation ändern, doch wir können uns als Kirche für die einsetzen, die es am schlimmsten treffen wird. Heilung werden wir nicht geben können, das übersteigt die Kapazitäten. Außerdem reklamiert der Staat alle Kompetenz in diesem Bereich für sich. Aber die Wahrung der Würde des Menschen, auch am Lebensende, auch in Notzeiten, ist eine wichtige Aufgabe, die uns zu Teil wird. Wir wollen zunächst einmal in zwei unserer Gesundheitseinrichtungen, in Kimbeimbe bei Lubumbashi und Likasi, die normale Grundversorgung verbessern und eine Art „Nothospiz“ mit Pfarrern und Freiwilligen aufbauen und bereithalten, um gegebenenfalls der älteren Generation und den geschwächten Menschen und ihren Familien den nötigen Respekt gegenüber ihrem Leben, auf den sie Anspruch haben, zukommen zu lassen. Wenn wir diese Notversorgung nicht brauchen, wäre es schön. Doch einfach die Augen zu verschließen vor der Realität, wie sie in anderen Ländern schon existiert(e), wäre wohl fahrlässig. Die Kirchenleitung sieht die Notwendigkeit zum Handeln. Wie wir die konkrete Umsetzung realisieren können, wissen wir im Detail noch nicht, aber es sollte angegangen werden. Und wenn es dann Behandlung und Impfung gibt, wollen wir gemeinsam wieder verstärkt nach vorne sehen.

 

Markus Schmidt arbeitet zusammen mit seiner Frau Sibylle im Sozial- und Gesundheitswesen in der DR Kongo. Wichtige Tätigkeitsfelder sind die HIV/AIDS-Aufklärung und -prävention sowie die Versorgung und Behandlung von Epilepsiepatient/innen. Sibylle und Markus Schmidt wurden von Mission EineWelt ausgesendet.

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Social Distancing in einem Supermarkt in Lae

Social Distancing in einem Supermarkt in Lae

Wie ist die aktuelle Situation in Papua-Neuguinea bezüglich Corona? Wie viele dokumentierte Infektionen gibt es?

Es gibt bis heute, 31.März, eine dokumentierte Infektion mit dem Coronavirus. Ein australischer Angestellter einer Minengesellschaft hatte sich in Madrid infiziert und ist dann am 13. März von Port Moresby, der Hauptstadt von Papua-Neuguinea, nach Lae geflogen. Aufgrund der Tatsache, dass er auf seinem Weg zum Einsatzort, einer Goldmine bei Bulolo, mit vielen Personen in Berührung kam, hat die Regierung von Papua-Neuguinea am 24. März den Notfall ausgerufen.

 

Gibt es schon Maßnahmen, die ergriffen werden?

Der gegenwärtige 14-tägige „Lockdown“ soll helfen, mögliche weitere Infizierte zu erfassen und zu isolieren. Reisen im Land sind nur mit Sondergenehmigung möglich und Inlandsflüge wurden eingestellt. Es ist zudem nicht mehr möglich, ins benachbarte Australien oder auch via Singapur zum Beispiel nach Deutschland zu fliegen. Nur der Güterverkehr auf der Straße ist mit Einschränkungen noch zugelassen.

Hier an meinem Einsatzort Lae, der zweitgrößten Stadt des Landes, sieht man noch nicht, dass die angeordneten Maßnahmen greifen. Die Busse fahren weiterhin – wenn auch mit weniger Passagieren – ganz im Gegensatz zur Hauptstadt, wo der Nahverkehr komplett zum Stillstand gekommen ist. Social-Distancing-Maßnahmen in größeren Supermärkten, die noch geöffnet haben, werden zur Kenntnis, aber nicht ernst genommen.

 

Wie bereitet sich das Gesundheitswesen vor?

Über das Hilfsprogramm „Australian Aid“ sollen in Port Moresby weitere 30 Intensiv-Pflegeplätze installiert werden. Im gesamten Land gibt es nur etwa 100 Intensiv-Betten und zwei Testlabore, die aber keinesfalls die von der WHO geforderte Testfrequenz erfüllen können. Außerdem sind dringend benötigte Testkits noch nicht einsatzfähig oder stecken noch in der Zollabfertigung.

Sollte sich das Virus in PNG mit seinen etwa 9 Millionen Einwohner/innen ausbreiten, käme dies einer humanitären Katastrophe gleich, auf die hier niemand vorbereitet ist.

 

Was geschieht zur Aufklärung der Bevölkerung?

Die Krankenhäuser der Lutherischen Kirche können im Augenblick nur Aufklärungsarbeit leisten. Mein Kollege Dr. Simon Ganal, der mit seiner Familie im abgelegenen kleinen Krankenhaus von Etep arbeitet, besucht zur Zeit die benachbarten Dörfer, um dort die Menschen über die Krankheit und Schutzmaßnahmen zu informieren.

Der staatliche Sender NBC informiert rund um die Uhr über die aktuelle Situation und kommuniziert ebenfalls die wichtigsten Hygiene- und Social-Distancing-Maßnahmen.

Leider sind viele Sendestationen zur Zeit nicht mehr einsatzfähig und die Kurzwellensender, die die Menschen in entlegenen Gegenden bisher noch erreichten, sind defekt.

 

Wie bereitest Du Dich vor? – Hat sich die Alltagssituation für Dich verändert und, wenn ja, wie?

Mit dem Beginn des „Lockdowns“ hat auch die Leitung der ELC-PNG (Evangelisch-Lutherische Kirche in Papua-Neuguinea) beschlossen, dass nur noch wenige Kolleg/innen, die für die tägliche Verwaltungsarbeit der Kirche unbedingt notwendig sind, noch zur Arbeit gehen müssen.

Das Kommunikationsbüro der ELC-PNG und der Radiosender „Kristen Redio“ in Lae kann zum Glück mit zwei Mitarbeitenden weiterhin „On Air“ bleiben. In einem kleinen Team versuchen wir seit letzter Woche, Regionen mit insgesamt etwa 60.000 Einwohner/innen mit Hilfe von weiteren 4 mobilen FM Radiostationen an das nationale Informationsnetzwerk anzuschließen.

Gestern wurden eine erste Sendestation und weitere Hilfsgüter per Helikopter nach Etep ausgeflogen. Wie vielen meiner Kolleg/innen wird mir erst allmählich klar, dass nach dieser Krise, auch wenn sie glimpflich ablaufen sollte, die Dinge nicht mehr so sein werden wie bisher. Die zuvor schon schlechteste wirtschaftliche Lage seit der Unabhängigkeit des Landes in 1975 wird sich weiter zuspitzen. Es wird befürchtet, dass die Regierung die Krise als Grund für weitere Einsparungen auf dem Gesundheits- und Bildungssektor benutzen wird.

 

Wie ist Deine Einschätzung der Lage? – Wird es in PNG gelingen, das Virus unter Kontrolle zu halten?

Die große Hoffnung ist, dass sich in tropischen Ländern und in ländlichen Gebieten das Virus offenbar nicht so schnell ausbreitet. Dies kann natürlich auf unzureichende Tests zurückzuführen sein. Beten und hoffen wir zusammen, dass Papua-Neuguinea und seinen Menschen Zeit bleibt, sich weiter auf das noch Unbegreifbare vorzubereiten.

 

Thorsten Krafft wurde von Mission EineWelt nach Papua-Neuguinea ausgesendet und arbeitet dort in Lae als Berater in der Medienarbeit der Evangelical Lutheran Church of Papua New Guinea

 

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Der Internationale Währungsfonds und die Weltbank fordern Gläubigerregierungen zu Schuldenerlassen für die ärmsten Länder zur Bewältigung der COVID-19-Pandemie auf. Das Entschuldungsbündnis erlassjahr.de und Mission EineWelt begrüßen den Vorschlag und fordern die Bundesregierung zur zügigen Umsetzung auf.

„Ein Verzicht auf die Schuldendienstzahlungen der armen hochverschuldeten Länder wäre gelebte Solidarität. Dadurch könnten vor Ort schnell Mittel für die Bekämpfung des Virus und seiner Folgen freigemacht werden. Die schwachen Gesundheitssysteme der armen Länder brauchen dringend schnelle Unterstützung, um Leben zu retten. Die Bundesregierung sollte diesen Vorschlag rasch und unbürokratisch umsetzen und sich auch auf europäischer Ebene dafür einsetzen“, sagt Jürgen Bergmann, Leiter des Referats Entwicklung und Politik von Mission EineWelt.

Das Entschuldungsbündnis erlassjahr.de sieht aber noch zwei überflüssige Einschränkungen beim Weltbank-Vorschlag: Zum einen schließt der Vorschlag der beiden multilateralen Finanzinstitutionen aus, selbst Erlasse zu gewähren. erlassjahr.de fordert, dass auch IWF und Weltbank selbst auf Schuldenrückzahlungen verzichten sollen, sonst werde ihr Appell an bilaterale Gläubiger unglaubwürdig.

Zum anderen soll das Moratorium für den Schuldendienst nur für Länder gelten, die sich für Kredite der International Development Association (IDA) qualifizieren. Dadurch würden gefährdete Länder durch eine willkürliche Pro-Kopf-Einkommensgrenze von der Maßnahme ausgeschlossen, kritisiert erlassjahr.

76 der ärmsten Länder der Welt haben derzeit Zugang zu den Krediten der IDA. Deutschland hält Forderungen an 21 dieser Länder in Höhe von insgesamt 4,1 Milliarden Euro. Die größten Schuldner/innen der Bundesrepublik sind Pakistan, Simbabwe, Myanmar, Kenia und Ghana.

Das deutsche Entschuldungsbündnis erlassjahr.de – Entwicklung braucht Entschuldung e.V. setzt sich dafür ein, dass den Lebensbedingungen von Menschen in verschuldeten Ländern mehr Bedeutung beigemessen wird als der Rückzahlung von Staatsschulden. erlassjahr.de wird von derzeit über 600 Organisationen aus Kirche, Politik und Zivilgesellschaft bundesweit getragen und ist eingebunden in ein weltweites Netzwerk nationaler und regionaler Entschuldungsinitiativen. Mission EineWelt ist Mitglied des Bündnisses erlassjahr.

Gisela Voltz

Zur Website des Bündnisses erlassjahr.de: https://erlassjahr.de/

Face mask, hand disinfection gel, sanitary paper towel, a used envelop, or small plastic bag for a used face mask; all the abovementioned items are essential „hygiene gear“ for everyone in Hong Kong since the end of January. In Hong Kong, the first new coronavirus pneumonia case confirmed on 23rd January 2020. The news had stirred up the grievous memory of SARS. (severe acute respiratory syndrome, an infectious disease broke out in 2003) It was the reason the awareness of epidemic prevention of the total population in Hong Kong could be reawakened within a short period. For it was a lesson we had learned seventeen years ago: epidemic prevention is never too soon but too late, and the precaution must start with each of us.

I was in Hong Kong in February. Whenever I went out, even though it was only a thirty minutes trip to the supermarket, here was the standard procedure to protect myself from infection:

Putting on a face mask from the moment I left home.

Avoiding physical contact with others on the way.

When it was unavoidable to dining outside, finished the meal in the shortest time, then put on a face mask once again soonest.

I clean hands with disinfection gel or paper towels regularly.

When I arrived home, before I entered the front door, cleaning the shoes with disinfection spray and then put off the jacket. It was best to take a show and change all the clothes at once.

Cleaning personal staff, for example, mobile phone, tablet, wallet and handbag with disinfectant at least once a day.

Maybe you would say: “it is too panic to let precaution measures disturbing our daily routine as such.” There is always a misconception that face masks and extra disinfection measures are actions for those suspected and confirmed patients. However, it is our real experience; if each citizen had not taken a quick reaction (over 90% of people in Hong Kong today will put on face mask on the street!), the number of infected cases would have been ten times as present. Thus, in the face of a health disaster, our lesson is: keep alter but don’t be paralyzed by fear and pessimism. We promote our awareness of the characteristics of the virus and the way it is transmitted and take the corresponding precaution in daily life. You can participate actively in this battle, even though you are not medical staff. The best way to contribute yourselves is to execute those preventive measures pronounced by the government and tunicate the infection chain firstly from you.

During the crisis, anxiety is our collective reaction, but still, don’t forget to give each other your warmest regards and smile. In Hong Kong, almost all social activities have been suspended, school, recreational facilities had been closed, even services in churches have been halted. Instead, we have service, classes, meetings, or even „fellowship gathering“ on the internet. When we are „locked“ physically at home, with the help of cell phones, zoom, and other social media, we tried to „stay close“ with others. I still believe in the power of sharing and prayer. We are separated fleshly, but the spirit can penetrate and bind us together. I am not worrying alone; in weakness, God present with us as we gather in his name, share his word, though we can meet only on the net. Coronavirus frightens us and blocks our way of reaching out to others physically. The virus, however, cannot separate our spiritual and friendly connection with others, and of course, with our gracious Father!

Regina Chan kommt aus Hongkong und promoviert am Lehrstuhl für Systematische Theologie der Universität Regensburg

Oliver Henke mit einer Kollegin vor dem Info-Board des KCMCWie ist die aktuelle Situation in Tansania bezüglich Corona? Wie viele dokumentierte Infektionen gibt es?

Es gibt nur 12 positive Fälle, die Dunkelziffer kennt niemand. Für mich ist es statistisch undenkbar, dass in einem der größten touristischen Länder Afrikas mit guten Handelsbeziehungen zu China das Virus nicht schon früher im Land war. Wie auch immer, schwere Fälle haben wir bei uns im Krankenhaus noch nicht gesehen.

 

Was geschieht zur Aufklärung der Bevölkerung?

Es gibt öffentliche Ansagen mit Lautsprechern und per WhatsApp. Auch die Fernsehsender senden über Corona in einer Dauerschleife.

 

Gibt es schon Maßnahmen, die ergriffen werden?

Schulen und Universitäten sind geschlossen, Handewaschstationen gibt es vor jedem Laden und eigentlich allen Gebäuden und den Märkten. Im Krankenhaus wird zudem jede/r Besucher/in auf seine/ihre Temperatur hin untersucht und die Hände müssen desinfiziert werden. Im Cancer Care Centre haben wir Restriktionen für Angehörige, die nicht mehr das Gebäude betreten dürfen, sofern der/die Patient/in nicht auf Hilfe angewiesen ist.

 

Wie bereitet sich das Gesundheitswesen vor?

Es gibt Isolationszimmer in den Governmental Hospitals und nur ein nationales Referenzlabor für die Testungen.

 

Wie sind die Kliniken ausgestattet?

Schlecht. Das war vor Corona so, und ist auch jetzt so. Ich schätze, 100 Betten mit Beatmungsmöglichkeiten im Land für 55 Millionen Menschen. Angesichts eines chronisch überforderten Gesundheitssystems muss man natürlich die Sinnhaftigkeit aller Maßnahmen hinterfragen. Was bringt es, die Infektionskette zu verlangsamen? Die Kapazitäten sind mit oder ohne Corona überlastet.

 

Wie bereiten Sie und Ihre Familie sich vor?

Wir persönlich sind aktuell nicht angespannt und planen nur von Tag zu Tag. Wir wollen zunächst einmal im Land bleiben, da die Situation in Deutschland sicherlich nicht besser ist, und hier vor Ort wird unsere Hilfe zudem benötigt.

 

Wird es in Tansania gelingen, das Virus unter Kontrolle zu halten?

Interessanter ist eigentlich die Frage, ob das Virus hier in Tansania mit einer ähnlich hohen Todesrate einhergehen wird wie in Norditalien, Iran und China. Ich denke nicht, da viele Faktoren, wie jüngere Bevölkerung, viel Aufenthalt im Freien und so gut wie keine Luftverschmutzung, für einen milderen Verlauf sprechen. Wie bereits gesagt, das Virus müsste aller Wahrscheinlichkeit nach bereits im Land sein, und wir haben keine Nachrichten von schweren Verläufen oder vielen Patient/innen. Über eine WhatsApp Gruppe der Botschaft sind alle deutschen Ärzte im Land miteinander in Kommunikation, und so haben wir einen guten Überblick über die Situation.

 

Krebsspezialist Oliver Henke arbeitet als Onkologe im Cancer Care Center des Kilimanjaro Christian Medical Centre (KCMC) in Moshi, Tansania. Er wurde von Mission EineWelt ausgesendet.

 

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»Bis heute, 24. März 2020, gibt es nur 12 bestätigte Fälle hier in Tansania. Zur Aufklärung und der Bevölkerung werden alle verfügbaren Medien eingesetzt. Seit letzten Dienstag, dem 16. März 2020 sind alle Schulen und Universitäten im Land geschlossen. Es wird empfohlen, die sozialen Kontakte herunterzufahren und nur die notwendigsten Reisen zu unternehmen. Im Krankenhaus haben wir eine Isolationsstation eingerichtet. Da wir keine Beatmungsgeräte haben, werden wir bei den schweren Verlaufsformen der Krankheit nur sehr wenige Therapiemöglichkeiten haben. Da es im Land kaum Testmöglichkeiten gibt, können wir die Diagnose nur nach rein klinischen Aspekten stellen. Die Lage hier in Ilembula ist noch ruhig. Bisher hatten wir noch keinen einzigen Corona-Fall. Aufgrund der eingeschränkten Testmöglichkeiten werden wir nur sehr schwer einen Überblick über die Situation bekommen. Ein erhöhtes Aufkommen an Patient/innen kann bisher nicht beobachtet werden. Ganz im Gegenteil, im Krankenhaus ist es eher ruhig, und die Menschen kommen nur, wenn es unbedingt notwendig ist.«

Werner Kronenberg arbeitet als Chirurg am Lutheran Hospital in Ilembula, Tansania. Er wurde von Mission EineWelt ausgesendet.

 

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Wann immer ich im letzten Monat an diesem Report über den Corona-Virus geschrieben habe, so schien der Inhalt am nächsten Tag wieder überholt. Inzwischen sehen sich Menschen auch außerhalb Chinas und Asiens mit den Auswirkungen des neuartigen Virus konfrontiert. In vielen Ländern wiederholt sich eine Situation – ähnlich wie wir sie schon vor eineinhalb Monaten in China, Hongkong und anderen Regionen Asiens hatten.

 

Maßnahmen zur Eindämmung der Krise

In den betroffenen Ländern Asiens haben sich zwei Methoden als erfolgreich erwiesen, den Ausbruch und die rasante Verbreitung des Virus zu stoppen.

 

Isolationstrategie in China

In China, wo der Virus vermutlich bereits Ende November auf einem Markt in Wuhan ausbrach, ist die Bevölkerung seit Ende Januar mit einschneidenden Maßnahmen im Alltag konfrontiert. Nachdem einzelne Infektionscluster nicht mehr nachvollzogen werden konnten, hat sich das gesamte Land in kürzester Zeit in extremer Weise isoliert. Die Mobilität wurde weitestgehend eingestellt, Restaurants und Geschäfte wurden geschlossen, Veranstaltungen abgesagt, Sehenswürdigkeiten geschlossen und soziale Kontakte der Menschen auf ein Minimum reduziert. Hochrisikogebiete wie die gesamte Provinz Hubei mit mehr als 50 Millionen Einwohner/innen wurden konsequent abgeriegelt. Außerdem wurden massiv medizinisches Personal und Hilfe in die besonders betroffenen Gebiete geschickt.

In China waren bereits Anfang Februar 2020 mehr als eine Milliarde Menschen von gravierenden Einschnitten im alltäglichen Leben betroffen. Selbst in kleinen Provinzstädten gab es strikte Auflagen, beispielsweise, dass nur eine Person pro Haushalt alle zwei Tage zum Lebensmitteleinkauf gehen darf. Fiebermessungen an Zugängen von Wohnvierteln, vor Supermärkten oder ganz allgemein auf der Straße wurden alltägliche Routine. Damit einher geht eine Öffentlichkeitskampagne, die den Menschen Verhaltensregeln vermittelt und über die getroffenen Maßnahmen und deren Notwendigkeit informiert.

Daneben gibt es eine inzwischen durchgängige und konsequente Isolierung und Behandlung von infizierten Personen. So konnten die Infektionsketten erfolgreich unterbrochen und die Anzahl der Neuinfektionen schnell gesenkt werden. Die meisten Neuinfektionen, die China verzeichnet, kommen inzwischen aus dem Ausland. In vielen Städten sind erste Anzeichen von Normalität zu erkennen. Die Zuversicht wächst, dass man die Ausbreitung des Virus im Griff hat. Geschäfte und Restaurants öffnen wieder, und auch die Produktion läuft wieder an. Es ist bemerkenswert, dass China mit fast einem Fünftel der Weltbevölkerung dies nach dem explosiven anfänglichen Ausbruch geschafft hat. Der Anteil der Infizierten an der Gesamtbevölkerung ist niedriger als in vielen europäischen Ländern. Das war nur durch extreme Kontrollmaßnahmen, wie auch durch Selbstdisziplin und monatelangem Verzicht seitens hunderter Millionen von Bürger/innen möglich.

 

Identifizierung der Infektionswege und Massentests in Südkorea

Im demokratischen Südkorea hingegen wurden konsequent die Infektionswege identifiziert und durch Massentests und frühzeitige Isolierung und Behandlung der Menschen, die ebenfalls anfangs rasante Ausbreitung der Krankheit inzwischen unter Kontrolle gebracht. Das wurde sicher auch erleichtert, dass ein Großteil der Infektionen auf eine Person zurückzuführen war. Infektionscluster müssen identifiziert, getestet und isoliert werden. Wenn das nicht möglich ist, dann müssen wie in China mit einschneidenden Isolationsmethoden sämtliche Infektionsketten unterbrochen werden.

 

Strategie-Mix in anderen asiatischen Ländern

In Hongkong, Macau, Singapur oder Taiwan hat man es geschafft, mit einer Mischung aus Isolierung und Tests, mit jeweils unterschiedlicher Gewichtung, die Verbreitung des Virus gering zu halten und unter Kontrolle zu bringen. Durch die weltweite Verbreitung kehren viele Menschen nun in ihre Heimatländer zurück. Das führt dazu, dass fast alle Neuinfektionen „importierte“ Fälle von außen sind. Dadurch wächst in Asien die Angst vor einer zweiten Infektionswelle. Folgerichtig gilt für Einreisende eine zweiwöchige Quarantäne oder die Einreise wurde bereits ganz untersagt.

 

Die Arbeit der Amity Foundation

Die Amity Foundation hat am 24. Januar 2020 begonnen, Hilfsmaterialien in besonders betroffene Regionen in Hubei zu schicken. Bis heute hat Amity mehr als 74 Millionen RMB an Spenden erhalten und diese dafür verwendet, Hilfsgüter in mehr als 14 betroffene Städte und Regionen zu schicken. Die Spenden und Hilfsgüter wurden durch Online-Fundraising und vor allem in Partnerschaft mit einheimischen Unternehmen gesammelt. Zudem hat Amity starke Unterstützung von chinesischen Kirchen (CCC/TSPM) und auch von ausländischen Partner/innen erhalten. Während am Anfang der Krise noch versucht wurde, medizinische Waren aus dem Ausland zu importieren, bekommt Amity inzwischen mehr und mehr Anfragen aus dem Ausland mit der Bitte um Unterstützung.

Internationale Treffen, Trainings, Konferenzen und Austauschprogramme müssen derzeit leider abgesagt oder verschoben werden. Für Partnerschaftsbesuche und vor Allem für den Jugendaustausch ist das eine sehr bedauernswerte Entwicklung. Konferenzen finden zunehmend online und digital statt, was sie inklusiver macht und was meiner Meinung nach angesichts der globalen Erwärmung (ökologischer Fußabdruck) eine begrüßenswerte Entwicklung ist.

 

Die Situation in Hongkong

In vielen Regionen Asiens und vor allem auch in Hongkong ist man durch die SARS-Krise in 2003, bei der fast 800 Menschen starben, sehr sensibilisiert. Mit etwa 357 Infektionen mit Covid19 (was etwa 0,005 Prozent der Bevölkerung ausmacht) sind die Fallzahlen in Hongkong sehr niedrig. Dennoch sind die schmerzlichen Erfahrungen mit der SARS Krise im kollektiven Gedächtnis der Menschen. Die stark frequentierten Grenzübergänge nach China wurden nach großem öffentlichem Druck von der Regierung schnell geschlossen und bleiben dies bis heute. Auch die Schulen sind seit Anfang der Krise zu. Die angekündigte Wiederaufnahme des Schulbetriebs Mitte April wurde bis auf weiteres verschoben. Am Anfang der Krise haben fast alle Angestellten für einige Wochen von zu Hause aus gearbeitet. Nun arbeiten die meisten wieder in den Büros. Aber noch immer werden Veranstaltungen weitestgehend abgesagt und soziale Kontakte deutlich reduziert. Die Menschen gehen seit zwei Monaten fast ausschließlich mit Maske aus dem Haus.

Die Nutzung von Masken im Alltag ist umstritten. Bei Menschenansammlungen auf engem Raum haben sie jedoch ihre Berechtigung. Zum anderen verhindern sie die Gefahr einer Verbreitung des Virus durch unerkannt erkrankte Menschen. Masken erfüllen zudem auch eine soziale Funktion. Sie zeigen, dass Ihr/e Träger/in die Gefahr des Virus ernst nimmt. In der Wohnenklave Discovery Bay, die besonders bei Ausländer/innen beliebt ist, trägt kaum jemand eine Maske. Dies führt bisweilen zu Spannungen in der Bevölkerung. Während es Berichte gibt, dass asiatisch aussehende Menschen in anderen Ländern für das Tragen einer Maske kritisiert werden, wird hier Kritik an Menschen geübt, die keine Maske tragen.

Nach anfänglichem Maskenmangel gibt es inzwischen wieder überall Masken zu kaufen. Diese sind zwar noch immer sechs Mal teurer als vor der Krise, aber immerhin verfügbar und nicht mehr so teuer wie zu Beginn der Krise. In vielen Gebäuden wie auch an öffentlichen Orten liegen Hand Sanitzer aus. Aufzugschalter und Bankautomaten werden abgeklebt und mehrmals täglich gereinigt. Bei einigen Restaurants, Postämtern oder Geschäften wird am Eingang die Temperatur an der Stirn gemessen. Die Selbstquarantäne von Menschen, die von außerhalb nach Hongkong kommen, wird von Mitarbeitenden der Einwanderungsbehörde durch regelmäßige Videoanrufe überwacht. In der Öffentlichkeit wie in den Zeitungen sind große Anzeigen geschaltet, die über Hygiene- und Isolationsmaßnahmen informieren. Mit Durchsagen in den öffentlichen Verkehrsmitteln wird an die Menschen appelliert, Masken zu tragen und andere Hygienestandards zu befolgen. Wichtige Ankündigungen wie Quarantäneanordnungen werden von der Regierung auch über SMS an alle Bürger verschickt. Zudem wird die Öffentlichkeit penibel und detailliert über die Hintergründe eines jeden neuen Falles informiert. Es gab und gibt Berichte über Verfehlungen und Fehlverhalten. Den einen gehen die Maßnahmen nicht weit genug, den anderen ist es zu viel. Aber im Großen und Ganzen werden die Maßnahmen als notwendig erachtet und akzeptiert.

Das Jahr 2019 war für Hongkong ein schweres Krisenjahr. Zuerst die Proteste und nun das Virus haben Bevölkerung und Wirtschaft schwer getroffen. Die Stadt lebt vor allem von Tourismus und Einzelhandel. Die Zahl der Besucher/Innen und Tourist/innen ist drastisch eingebrochen. Die Corona-Pandemie sorgte für einen Rückgang um bis zu 96 Prozent. In der Bevölkerung gibt es die Befürchtung, dass die Arbeitslosenquote weiter ansteigt.

Und dennoch geht das Leben weiter. Die Menschen gehen viel nach draußen an die frische Luft. Wandern oder Fahrradfahren hat Hochkonjunktur. Auch wenn große Veranstaltungen weiterhin abgesagt und soziale Kontakte eingeschränkt werden, isoliert man sich nicht vollständig. Einkaufszentren sind weiterhin gut besucht. Es gibt inzwischen auch wieder kleinere Proteste der Bevölkerung gegen die Regierung, nachdem die Protestbewegung seit Monaten in der Öffentlichkeit nicht mehr sichtbar war. Restaurants bleiben seit jeher geöffnet, und es machen auch wieder begrenzt Museen und anderen Einrichtungen auf, mit den entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen. Das obligatorische Tragen einer Maske wie auch das Desinfizieren der Hände ist seit fast zwei Monaten zur Regel geworden.

 

Die deutschsprachige evangelische Gemeinde in Hongkong (EGDSHK)

Die andauernde Schulschließung trifft auch die evangelische deutschsprachige Gemeinde. Seit zwei Monaten können wir die deutschsprachige Schule nicht wie gewöhnlich für Gottesdienste nutzen. Daher müssen wir uns jeden Sonntag neue Räumlichkeiten suchen. Die Gemeinde trifft sich im kleinen Kreis, auch mal am Strand in Discovery Bay (DB). Wir halten Gottesdienste privat ab und versuchen uns weiterhin zu treffen, und ebenfalls auch unsere katholischen Geschwister einzuladen. Die deutschsprachige katholische Gemeinde wird aus Peking mitbetreut. Aufgrund der Einreisesperre kann der katholische Pfarrer derzeit nicht mehr nach Hongkong kommen. Schön ist ebenfalls, dass wir von einem deutschen Unternehmer eine größere Anzahl Masken gespendet bekommen haben, die wir an Flüchtlinge und Obdachlose in Hongkong verteilen konnten. So können wir als Gemeinde auch die Menschen in Hongkong unterstützen, die dem Virus besonders schutzlos ausgeliefert sind.

 

Was bringt die Zukunft?

Die Unsicherheiten, die mit dem Virus einhergehen, sowie die weltweite Ausbreitung des Virus stellen die Weltgemeinschaft vor eine große Herausforderung. Das Primat des wirtschaftlichen Wachstums, profitgesteuerte Privatisierungen und neoliberale Reformen im Gesundheitswesen über die letzten Jahrzehnte verschärfen die Krise. Auch der weltweit zunehmende Populismus und nationalistische Tendenzen stehen einer hinreichenden Eindämmung der Pandemie entgegen. Meine Befürchtung ist, dass die Krise die seit Jahren zunehmenden nationalen und internationalen Polarisierungstendenzen in Politik und Gesellschaft verstärken wird und sich Vorurteile und Rassismus verfestigen.

Andererseits ist die Zahl der Infizierten weltweit noch sehr niedrig im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung. Zudem ist zu hoffen, dass der kommende Sommer die Verbreitung des Virus zusätzlich behindern wird. Die Beispiele in Asien zeigen, dass die Pandemie durch die jetzt getroffenen Maßnahmen eingedämmt werden kann und dass das alltägliche Leben weitergehen wird. Dafür müssen die reichen Länder aber vor allem auch an die ärmeren Menschen in n den Ländern des globalen Südens denken, und diesen notfalls die entsprechende Unterstützung zukommen lassen. Denn in dieser globalen und existentiellen Pandemie zeigt sich auch, dass diese nur durch Solidarität, Mitgefühl und Rücksichtnahme gelöst werden kann.

Es ist zu hoffen, dass wir letztendlich, wenn die Krise vorbei ist, daraus lernen und uns in Zukunft mit gleichem Engagement auch auf andere globale Herausforderungen wie die Klimaerwärmung oder die weltweit grassierende Ungleichheit konzentrieren werden.

 

Martin Lachmann, Hongkong, 23. März 2020

(Martin Lachmann wurde von Mission EineWelt nach Hongkong ausgesendet)

 

Informationen zur Arbeit der Amity Foundation:

https://www.amityfoundation.org/eng/

https://www.amityfoundation.org/eng/social-media

 

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Aufgrund der Corona-Krise kann der Zentralamerikatag leider nicht als Präsenzveranstaltung stattfinden,. Aber inzwischen wurde ein spannendes Programm für den virtuellen Raum  erarbeitet.

Die genauen Login-Informationen für das Webinar zum Zentralamerikatag werden allen Angemeldeten demnächst per Mail zugesendet und für alle weiteren Interessierten hier veröffentlicht:

https://mission-einewelt.de/events/zentralamerikatag-2020/

Die Welt-Uni 2020 zum Thema „Künstliche Intelligenz – Herausforderungen für die globale Gesellschaft 4.0“ fand wegen der Corona-Pandemie leider nicht wie geplant als Präsenzveranstaltung statt, sondern als Online-Veranstaltung. Da sich die Ereignisse in Sachen Corona kurz vor der Weltuni überschlugen, fiel die Entscheidung contra Präsenz und pro virtuell erst einen Tag vor dem Start. Doch dank des Einsatzes und der Expertise des E-Learning Spezialisten bei Mission EineWelt, Christian Pfliegel, konnten die technischen Voraussetzungen für ein virtuelles Event fast schon spontan bewältigt werden. Gut, wenn mwd jemanden hat, der sich mit sowas auskennt. Dazu noch die Bereitschaft der Referent/innen, sich auf das flugs geänderte Setting einzulassen, und schon konnte es losgehen. Allerdings war da noch eine Unbekannte: Wie würden die Teilnehmenden reagieren? – Die anfänglich bange Erwartung im Organisationsteam wich schnell euphorischer Zuversicht. Auf die Ankündigung hin, dass die Welt-Uni diesmal virtuell stattfinden würde, gingen sogar noch neue Anmeldungen ein. Vor allem an der Auftaktveranstaltung nahmen mit 80 Personen mehr teil, als sich vorher zur Präsenzveranstaltung angemeldet hatten. Laut Rückmeldung einzelner Teilnehmender lag der Grund auch darin, dass angesichts ansonsten ersatzlos gestrichener Termine manche erst jetzt die Zeit hatten, an der Welt-Uni teilzunehmen.

Die Referent/innen Birte Platow (TU Dresden), Bramwel Omondi (Nuermberg Campus of Technology) und Werner Rätz (attac Deutschland) reisten nach Nürnberg und hielten ihre Inputs vor laufender Kamera, die jeweils live über den Mission EineWelt-Youtube-Kanal gestreamt wurden. Lena Luig (Inkota) schaltete sich live über die Videokonferenz-Plattform Go To Meeting zu und hielt dort ihren Vortrag.

Auch die Abschluss-Diskussion ging virtuell über die Bühne. Dabei wurde einmal mehr deutlich, dass klare ethische Richtlinien für die Anwendung Künstlicher Intelligenz (KI) auf internationaler Ebene dringend notwendig sind. Eigentlich, so der Tenor der Diskutierenden, bräuchten wir derzeit erstmal eine Entschleunigung und Bedenkzeit hinsichtlich unseres Umgangs mit KI, damit sich nicht Strukturen etablieren und verfestigen, die nur schwer wieder veränderbar sind. Denn Künstliche Intelligenz birgt zahlreiche Chancen für eine nachhaltigere Entwicklung aber auch enorme Risiken. Demokratische Mitbestimmung, adäquate Bildung und Medienkompetenz, Datenschutz und öffentliche Kontrolle/Transparenz, Energie-/Rohstoffverbrauch, Verhinderung von Machtkonzentration/Monopolbildung – diese und weitere Themen müssen auch im Zusammenhang mit KI dringend fundiert bearbeitet werden.

Wer es nicht geschafft hat, an der virtuellen Welt-Uni teilzunehmen, kann sich ab Samstag, 21. März 2020, Zusammenfassungen und Ausschnitte einzelner Beiträge hier anhören und –sehen:

www.mission-learning.org/weltuni2020

Besonders für die, die jetzt noch irgendwo auf der Welt unterwegs sind, für die, die vielleicht festsitzen und nicht mehr weiter und nach Hause kommen. Und für uns alle, die wir derzeit nicht so recht wissen, wo die sprichwörtliche Reise hingeht, ist dieser Reisesegen Verheißung von Aufgehobensein bei Gott. Egal, wo wir uns befinden und wie unübersichtlich und verfahren die Situation auch sein mag: Wir dürfen von Gott begleitet und bei ihm geborgen fühlen. Das glauben wir.