Anlässlich des 25. Jahrestages der „Kölner Kette“ erinnerte das deutsche Entschuldungsbündnis erlassjahr.de mit einem Aktionstag in Köln an die Forderungen der globalen Entschuldungsbewegung. Schuldenstreichungen und die Schaffung fairer Finanzbeziehungen zwischen Ländern des Globalen Südens und des Globalen Nordens seien heute angesichts der weltweiten Verschuldungssituation wichtiger denn je. Innerhalb der Evangelisch-Lutherischen. Kirche in Bayern (ELKB) und Mission EineWelt spielte und spielt die Entschuldungsbewegung eine wichtige Rolle.
Die Kölner Kette von 1999 war ein Meilenstein der internationalen Entschuldungsbewegung: Der weltweite Druck trug dazu bei, dass die wichtigsten Gläubiger wie IWF, Weltbank, G7/8-Staaten und der Pariser Club in den Folgejahren Entschuldungsmechanismen für hochverschuldete Länder einführten, von denen 39 Staaten profitierten. Die sich daraus ergebenden Entwicklungsspielräume nutzten viele der betroffenen Länder erfolgreich zur Erhöhung der Ausgaben für Armutsbekämpfung. Wie erfolgreich die sogenannte HIPC-Kampagne (Heavily Indebted Poor Countries) dabei letztendlich langfristig war, wurde lange Zeit kontrovers diskutiert. Erlassjahr.de wies schon damals darauf hin, dass die strukturellen Ungleichheiten der globalen Finanzarchitektur mit einmaligen Erlassen nicht zu überwinden seien.
Gisela Voltz, entwicklungspolitische Bildungsreferentin bei Mission EineWelt, erinnert sich: „Am 19. Juni 1999 stand ich zusammen mit rund 35.000 Menschen anlässlich des G8-Gipfels in einer Menschenkette rund um die Kölner Innenstadt. Auch aus Bayern sind mehrere Busse nach Köln gekommen. Unter dem Motto „erlassjahr 2000“ forderten wir die Streichung der Schulden der Länder im Globalen Süden – mit Erfolg! Vielen armen Ländern wurden damals die Schulden teilweise erlassen. Doch die zugrundeliegenden strukturellen Probleme konnten durch einmalige Schuldenstreichungen nicht überwunden werden. Auch heute stehen wieder viele Staaten vor einer Schuldenkrise. Wir brauchen endlich wirkliche Reformen der immer noch Gläubiger-dominierten internationalen Finanzarchitektur.“
Im Rahmen des Aktionstages „25 Jahre Kölner Kette – 25 Jahre Einsatz für faire Entschuldung“ sprachen unter anderem Jean Saldanha vom europäischen Entschuldungsnetzwerk Eurodad, Serge Palasie vom Eine Welt Netz NRW, Helmut Müller von der Vereinten Evangelischen Mission und die Aktivist*innen Lou und Elaya von der Bewegung Debt for Climate.
Sie betonten die Notwendigkeit, für grundlegende Veränderungen des internationalen Finanzsystems. Auch koloniale Kontinuitäten innerhalb dieses Finanzsystems gelte es zu überwinden. Zudem müssten die Länder des Globalen Nordens aus ihrer Hauptverantwortung für die Klimakatastrophe die Notwendigkeit für Schuldenstreichungen für die Länder des Globalen Südens ableiten.
Rund 2.000 Menschen hatten bereits im Vorfeld des Aktionstages Postkarten eingeschickt. Damit forderten sie die Bundesregierung auf, ihr Versprechen aus dem Koalitionsvertrag umzusetzen und konkrete Schritte zur Schaffung eines Staateninsolvenzverfahrens zu unternehmen. Aus allen Einsendungen entstand eine 400 Meter lange Postkartenkette, die im Foyer des DOMFORUMs in Szene gesetzt wurde.
Auch die ehemalige Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul unterstützt das Engagement für faire Entschuldung. Dieses sei „heute mindestens so nötig wie vor 25 Jahren“.
Die erlassjahr-Kampagne wurde und wird auch in Bayern noch immer von vielen kirchlichen Institutionen und Gemeinden sowie vielen Weltläden, Solidaritätsgruppen und Initiativen getragen. Heute zählen unter anderem die Evangelische Jugend Bayern, das Evangelisch-Lutherische Dekanat Nürnberg, der Nürnberger Weltladen „Lorenzer Laden“ und Mission EineWelt zu den Unterstützer*innen. Der Kirchliche Entwicklungsdienst Bayern, heute Teil von Mission EineWelt, hatte 1999 einen Bus aus
Nürnberg für die Fahrt zur Kölner Kette organisiert. Des Weiteren hatte im Jahr 2012 die Landessynode der ELKB die damalige Bundesregierung aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass im Rahmen des damaligen G20-Gipfels die Einführung eines fairen und transparenten (unter Berücksichtigung der lebensnotwendigen Grundfunktionen eines Staates) Schiedsverfahrens zur Schuldenregulierung von Staaten auf die Tagesordnung gesetzt und etabliert wird.
Links:
Gemeinsames Statement der unterstützenden Organisationen zum Aktionstag: https://erlassjahr.de/25-jahre-koelner-kette-25-jahre-einsatz-fuer-faire-entschuldung
Fotos vom gestrigen Aktionstag in Köln finden sich hier: https://erlassjahr.de/wordpress/wp-content/uploads/2024/06/Bilder_erlassjahr.de-Aktionstag-18.6.2024.zip
Weitere Infos zum Aktionstag:
https://erlassjahr.de/termin/aktionstag-25-jahre-koelner-kette/
Rückfragen und weitere Informationen:
Gisela Voltz
Tel.: 09874 9 1720