Landraub und Vertreibung – In Brasilien geht Export vor Menschenrechten
Brasilianische Kleinbäuerinnen und Kleinbauern werden aus ihren Dörfern und von ihren Feldern vertrieben. Davon profitieren GroßgrundbesitzerInnen und die industrielle Landwirtschaft, die im großen Stil Soja und Rindfleisch für den Export produzieren. Die brasilianische Regierung unter Präsident Michel Temer sah bisher tatenlos zu. Jetzt mischt sie aktiv mit und lässt staatliche Grundstücke mit Polizeigewalt räumen, um sie anschließend für die Ausbeutung durch Großunternehmen freizugeben. Zusammen mit anderen Organisationen fordert Mission EineWelt die Bundesregierung auf, Soja-Importe aus Brasilien zu stoppen. Wer dieser Forderung Nachdruck verleihen möchte, kann das im Internet unter https://mission-einewelt.de/kampagnen/soja-protest/ tun.
Nach Jahren des ökonomischen und sozialen Umsteuerns der Regierungen Lula und Rousseff zu Gunsten von familiärer Landwirtschaft, Anerkennung indigener Rechte und Anerkennung der Quilombola passiert unter dem aktuellen Präsidenten Michel Temer eine 180-Grad-Wende in Richtung einer stramm neoliberalen Agenda. Mit den zu erwartenden katastrophalen Folgen: Zum einen wurde die Agrarreform der Vorgängerregierungen zur Unterstützung kleinbäuerlicher Landwirtschaft marginalisiert: unter anderem durch die Minimierung der dafür verfügbaren Haushaltsmittel und die Beschneidung des Programms zum garantierten Aufkauf kleinbäuerlicher Produktion um 90 Prozent. Zum anderen werden Landlose, Indigene, Kleinbäuerinnen und -bauern gnadenlos von ihren Feldern und aus ihren Dörfern vertrieben, wo immer GroßgrundbesitzerInnen oder industrielle Landwirtschaftsbetriebe Anspruch auf das Land erheben. Finanziert werden diese Landakquisitionen unter anderem auch von Fonds, an denen deutsche Pensionskassen und Versorgungsfonds beteiligt sind.
Professor Antonio Andrioli, Vizepräsident der Universidade Federal da Fronteira Sul, und die Menschenrechtsorganisation FIAN (FoodFirst Informations- und Aktions-Netzwerk) berichten von systematischer Vertreibung und Zerstörung. Ganze Dörfer werden geräumt und abgerissen, Gärten und Felder werden zerstört, Ernten werden vernichtet – zuletzt geschehen am 1. Dezember 2017 mit zwei Dörfern im Bundesstaat Paraná. Zudem verseuchen die Sojaplantagen der Großbetriebe vielerorts das Trinkwasser mit Pestiziden und ruinieren die Böden.
Bis jetzt bedienten sich landwirtschaftliche Großunternehmen der Methode des Langrabbings, wenn sie sich Land aneignen wollten: Zum Beispiel bestechen Privatpersonen korrupte Mitarbeiter in Katasterämtern und kommen so zu Landbesitzurkunden, die sie dann an Spekulanten oder direkt an Firmen verkaufen. Die Regierung Temer duldete diese Praxis ebenso wie die oft gewalttätige Räumung der Gebiete und die Vertreibung der BewohnerInnen. Neuerdings belässt man es nicht mehr beim Wegschauen. Inzwischen geht die Regierung dazu über, Kleinbäuerinnen und -bauern staatliche Grundstücke, die sie diesen schon zugesprochen hat, wieder wegzunehmen, sobald ein Großunternehmen aus der industriellen Landwirtschaft entsprechenden Bedarf anmeldet. Die Polizei geht bei den Zwangsräumungen nicht zimperlicher vor, als die Handlanger der Großbetriebe.
Den um ihre Lebensgrundlage gebrachten Menschen bleiben Hunger, Armut und Elend. Inzwischen ist von Tausenden die Rede, die dieses Schicksal erlitten haben. Ein Ende der Zwangsräumungen ist nicht abzusehen.
Mission EineWelt fordert deshalb die Bundesregierung auf, unverzüglich etwas dagegen zu unternehmen und den Import von brasilianischem Soja zu stoppen. „Das wäre eine sehr geeignete Maßnahme, um Druck auszuüben, weil Deutschland eines der Hauptimportländer für Soja aus Brasilien ist“, erklärt Gabriele Hoerschelmann, Direktorin von Mission EineWelt. „Das Gebot der Nächstenliebe gebietet ebenso wie der Internationale Pakt der UN für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Menschenrechte, den Deutschland und andere europäische Länder ratifiziert haben, ein entschiedenes Eingreifen. Wir dürfen nicht wegschauen, wenn Menschenrechte mit Füßen getreten und eiskalt ökonomischen Interessen geopfert werden.“
Wer diese Forderung unterstützen und ihr Nachdruck verleihen möchte, kann das unter https://mission-einewelt.de/kampagnen/soja-protest/ tun und eine entsprechende Mail an Bundeskanzlerin Angela Merkel verschicken.