Bundespräsident bittet in Tansania um Verzeihung für Verbrechen der kolonialen Vergangenheit – neue Wirtschaftsbeziehungen erwünscht
Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier war als erster deutscher Staatsvertreter vom 30. Oktober bis zum 1. November auf offiziellem Staatsbesuch in der Republik Tansania. Bei seinen Gesprächen mit der tansanischen Staatspräsidentin Samia Suluhu Hassan in der Hauptstadt Dar es Salaam hat er u.a. die Bedeutung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit betont. Auch Staatspräsidentin Hassan unterstrich bei einer gemeinsamen Pressekonferenz das Ziel, Handel und Investment zwischen beiden Staaten zu erweitern. Steinmeier wünschte sich insbesondere eine verstärkte Förderung im Bereich der Erneuerbaren Energien.
Das weitere große Schwerpunktthema von Steinmeiers Reise war die koloniale Vergangenheit im ehemaligen Deutsch-Ostafrika. Tansania gehörte ab 1888 bis zum Ende des Ersten Weltkrieges zur deutschen Kolonie „Deutsch-Ostafrika“. Deshalb reiste der Bundespräsident am zweiten Besuchstag in die 1.000 km südwestlich der Hafenmetropole Dar es Salaam gelegene Stadt Songea, um dort die Gedenkstätte des Maji-Maji Krieges zu besuchen. Der Maji-Maji Krieg von 1905 bis 1907 war ein Aufstand verschiedener Volksgruppen im Süden Tansanias gegen die deutsche Kolonialmacht. Historiker berichten, dass der Krieg mit aller Härte und von Seiten der Deutschen mit einer Strategie der „verbrannten Erde“ geführt wurde. Bis zu 300.000 Menschen sollen ihm zum Opfer gefallen sein. So wurden etwa am 07. Februar 1906 von den deutschen Kolonialtruppen in Songea 67 gefangene Kämpfer der Wangoni-Volksgruppe hingerichtet. Viele Menschen starben in der Zeit des Aufstands an Hunger.
Steinmeier sagte an der Gedenkstätte in Songea: „Ich verneige mich vor den Opfern der deutschen Kolonialherrschaft. Und als deutscher Bundespräsident möchte ich um Verzeihung bitten für das, was Deutsche hier ihren Vorfahren angetan haben.“ Der Bundespräsident thematisierte darüber hinaus die mögliche Rückgabe von sterblichen Überresten von Menschen, die im Kampf gegen die deutsche Kolonialherrschaft getötet wurden. Noch immer befinden sich zahlreiche Schädel und Gebeine von Getöteten in verschiedenen Museumsmagazinen in Deutschland. Es gebe Familien, die auf die Gebeine ihrer geliebten Vorfahren warteten, erklärte die tansanische Präsidentin Hassan an der Gedenkstätte.
„Dass Bundespräsident Steinmeier bei seinem Besuch in Songea um Verzeihung für die Gewalttaten der deutschen Kolonialherren gebeten, hat könnte durchaus ein Meilenstein sein“ meint der Tansania-Referent von Mission EineWelt, Diakon Claus Heim. Zivilgesellschaftlichen Gruppen in Tansania und Deutschland hätten genau dies seit Jahren immer wieder gefordert. „Interessant wird nun natürlich sein, ob Deutschland für die wissenschaftliche Aufarbeitung und eventuelle Reparationen und Entschädigungszahlungen auch Gelder zur Verfügung stellen wird, oder ob es bei der bloßen Entschuldigung bleibt“, so Heim weiter.
Claus Heim