Corona in Tansania – Kehrtwende der Regierung
Staatspräsidentin Samia Suluhu Hassan pflegt einen komplett anderen Umgang mit der Corona-Pandemie als ihr Vorgänger John Pombe Magufuli. Gerade, so konstatierte sie, befinde man sich in der dritten Welle. Bei einem Besuch im Mwananyamala-Krankenhaus in Dar es Salaam sei eine ganze Station voll mit Patient*innen gewesen, die unter Atemkomplikationen litten. „Ich fragte: Ist es Covid 19? Der Arzt sagte: Ja, es ist Covid 19.“ Diese Offenheit steht im völligen Gegensatz zum Verhalten Magufulis, der im März plötzlich verstorben war. Unter seiner Präsidentschaft war es Nichtregierungsstellen im Land quasi verboten, Covid 19-Fälle als solche zu benennen. Wenn überhaupt wurde meist nur andeutungsweise von „vermehrten Atemwegserkrankungen“ gesprochen.
Die neue Staatspräsidentin dagegen rief jetzt auch Kirchenführer zu deutlichen Worten auf: „Sprechen Sie laut zu Ihren Gläubigen“. Sie wisse und schätze, dass die Kirchen immer eine starke Position im Kampf gegen die Krankheit eingenommen hätten. Nun gelte es, weitere Vorsichtsmaßnahmen gegen Covid 19 zu treffen und die Menschen gemeinsam aufzufordern, die Regeln der Behörden zu befolgen.
Zudem hat die Präsidentin in einer Rede vor Medienvertreter*innen am 28. Juni öffentlich Zahlen zu Coronafällen im Land genannt. Demnach gibt es aktuell 100 neue Erkrankungsfälle, etwa 70 Menschen werden laut Suluhu Hassan beatmet. Diese Zahlen beziehen sich offensichtlich nur auf stationär aufgenommene Patient*innen in Dar es Salaam.
Auch neue Pläne zur weiteren Pandemiebekämpfung gibt es. Mindestens 470 Millionen US Dollar wolle die tansanische Regierung für Corona-Schutzmaßnahmen ausgeben, kündigte Suluhu Hassan an. Zudem bestätigte die Präsidentin erstmals öffentlich, dass die Republik Tansania der internationalen COVAX-Initiative beigetreten ist. Impfungen seien deshalb in naher Zukunft in Tansania möglich für diejenigen, die dies möchten, sagte die Staatschefin. Einen konkreten Zeitpunkt für den Beginn der Impfkampagne nannte sie nicht.
COVAX steht für „Covid-19 Vaccines Global Access“ und ist eine Initiative unter der Führung der Weltgesundheitsorganisation WHO mit dem Ziel, allen Staaten Impfstoff-Dosen zuzuteilen, die ihre Teilnahme an COVAX erklärt haben. Dies sind vor allem weniger finanzkräftige Staaten.
„Es ist eine sehr gute Entwicklung, dass die tansanische Präsidentin die Corona-Pandemie so klar benennt“ sagt Dr. Paul Z. Mmbando, Direktor der Gesundheitsprogramme der Evangelischen Kirche in Tansania (ELCT), im Telefoninterview mit Claus Heim, dem Tansaniareferenten bei Mission EineWelt. Auch der Beitritt Tansanias zur COVAX-Initiative sei ein wichtiger Meilenstein. „Im Vergleich zur vorherigen Regierung ist dies eine Kehrtwende um 180 Grad“, so Mmbando, „die wir als Mediziner in der Pandemiebekämpfung dringend brauchen“. Allerdings sieht der Arzt noch immer große Vorbehalte in der Bevölkerung. Dies bestätigt auch der von Mission EineWelt nach Tansania entsandte deutsche Chirurg Werner Kronenberg. „Noch gibt es keinen Impfstoff in Tansania“, sagt Kronenberg. „und wenn es denn einen geben sollte, dann wollen sich viele meiner Kollegen und Kolleginnen hier im Krankenhaus in Ilembula aber nicht impfen lassen. Es gibt viele Gerüchte und große Vorbehalte, etwa dass Impfungen unfruchtbar machen.“
Die Situation in Afrika ist prekär. Lediglich 1,5 Prozent der afrikanischen Bevölkerung gelten als vollständig geimpft. Es ist zu befürchten, dass in weiten Teilen des Kontinents die Deltavariante des Virus auf eine weitgehend ungeschützte Bevölkerung trifft.