Am Montag, 27. Januar 2025, kamen die letzten Nachrichten der Partner von Mission EineWelt (MEW) aus der Millionenstadt Goma am Nordende des Kivu Sees, direkt an der Grenze zu Ruanda. Morgens um 08:45 Uhr berichtete Baudouin Dunia Mutabazi, Sicherheitsbeauftragter des lokalen Teams der Diakonie Katastrophenhilfe, per WhatsApp von Kämpfen in Stadtvierteln. Kurz danach kam die letzte Sprachnachricht von Jean-Claude Nawej, Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Goma: „Um uns herum wird geschossen und Granaten detonieren. Wir haben uns in unseren Häusern eingeschlossen und haben Angst. Betet für uns.“

Seither sind die Telefon- und Internetleitungen abgeschaltet. Bis heute, 31. Januar, gibt es keine weiteren Nachrichten der Partner von MEW aus Goma.
Pascal Bataringaya, Präsident der mit MEW freundschaftlich verbundenen Presbyterianischen Kirche von Ruanda, schreibt aus Gisenyi, Gomas Nachbarstadt auf der ruandischen Seite: „Die Lage scheint sich zu normalisieren. In Gisenyi werden die Menschen, die über die Grenze flüchten konnten, jetzt registriert. Auch in Goma selbst scheint es ruhig zu sein.“
Was „Ruhe“ in Goma bedeutet, kann man für die von der Außenwelt abgeschnittenen Menschen, darunter Hunderttausende von Flüchtlingen, nur erahnen. Internationale Medien berichten von überfüllten Krankenhäusern, Toten auf den Straßen, Hunger und Plünderungen.
Die von Ruanda unterstützte kongolesische Rebellengruppe M23 konnte Goma innerhalb nur weniger Tage einnehmen. Nach monatelanger Belagerung nutzte sie den Umstand, dass die Augen der Weltöffentlichkeit auf die ersten Amtstage Donald Trumps und den Geiselaustausch in Palästina und Israel gerichtet waren. Für die kongolesische Regierung und die Vereinten Nationen ein Schlag ins Gesicht. Weder die nationalen Streitkräfte und ihre ausländischen Söldner, noch die internationale Schutztruppe MONUSCO konnten den Rebellenvormarsch aufhalten. Zahlreiche Tote und Verletzte auf allen Seiten, ebenso wie Not und das Elend Hunderttausender wurden in Kauf genommen.

Während Kenia, Südafrika und die internationale Weltgemeinschaft sich nun um weitere diplomatische Vermittlung bemühen, besteht das Risiko, dass sich der Konflikt ausweitet. Die Regierungen der Demokratischen Republik Kongo und Ruandas beschuldigen sich gegenseitig und drohen mit Krieg. Die Rebellengruppe M23 scheint währenddessen weiter in Richtung Süden vorzudringen und bedroht bereits die nächste Millionenstadt, Bukavu am Südende des Kivu Sees. Das befeuert landesweit die Ängste und die Verzweiflung der kongolesischen Bevölkerung. Sie fühlt sich von der Weltöffentlichkeit im Stich gelassen. In der Hauptstadt Kinshasa wurden bei spontanen Demonstrationen die Botschaften Frankreichs, Belgiens, Ruandas und der Niederlande angegriffen.
Auch die Lage in der Millionenstadt Lubumbashi in Südosten des Landes ist angespannt. Im dortigen Nationalbüro der Evangelisch-Lutherischen Kirche im Kongo verfolgt Generalsekretär Gilbert Ilunga Nkasa Talwa die Entwicklungen mit Sorge. Er hat alle internationalen Mitarbeitenden seiner Kirche angewiesen, keine unnötigen Fahrten zu unternehmen und Menschenansammlungen zu meiden. Die MEW-Mitarbeitenden Sibylle und Markus Schmidt nehmen es gelassen: „Die deutsche Botschaft hält uns regelmäßig auf dem Laufenden. Wir fühlen uns sicher, haben unsere Vorräte etwas aufgebaut, arbeiten wie gewohnt in der Krankenstation und mit unsren Epilepsie-Patient*innen und halten Augen und Ohren offen.“
Den Menschen im Kongo gelten in diesen Tagen die besondere Fürbitte und Solidarität von Mission EineWelt.
Aktualisierung am 2. Februar: Telefonverbindungen und Internet funktionieren wieder. Baudouin Mutabazi und Bischof Nawej melden kurz, dass sie mit ihren Familien am Leben sind. Sie bestätigen aber auch, dass die humanitäre Lage katastrophal ist und viele Menschen hungern.
Klaus Dotzer