Information für alle Sinne – ökumenischer Informationstag Papua-Neuguinea
„Solche Veranstaltungen können unsere Verbundenheit ausdrücken. Wir können damit Dinge teilen: den Glauben, aber auch das, was uns umtreibt und Sorge macht“, sagte Mission EineWelt-Direktor Hanns Hoerschelmann zur Eröffnung des Informationstages „Papua-Neuguinea – Land of the Unexpected“ am 12. Oktober im Caritas-Pirckheimer-Haus in Nürnberg. Die Kooperationsveranstaltung von missio München, Mission EineWelt und weiteren Partnern ist Teil des Weltmissionsmonats, die als weltweite Solidaritätsaktion der Katholik*innen jedes Jahr im Oktober stattfindet.
Besorgniserregende Themen hatte Rosa Koian einige mitgebracht: steigender Meeresspiegel, Flutwellen und Landverlust, Starkregen, Überflutungen und Erdrutsche, zerstörte Infrastruktur, Klimaflucht, Raubbau an der Natur sowie Landstreitigkeiten. Die Journalistin und Umweltaktivistin engagiert sich gegen die Zerstörung und Ausbeutung der Natur in Papua-Neuguinea ebenso wie gegen die Ausbeutung der Bevölkerung. Nachdem sie sich lange Zeit mit NGOs gegen den Tiefseebergbau engagiert hat, arbeitet sie nun mit jungen Leuten und entwickelt mit ihnen zusammen Vorstellungen und Konzepte, wie die Zukunft im Pazifikraum aussehen sollte. „Wir brauchen junge Leute für den Kampf gegen den Klimawandel und seine Folgen“, sagte Koian.
Das Haupthindernis für eine Lösung der vielen Probleme Papua-Neuguineas in den Bereichen Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft ist, das machte die 58-Jährige auch in Nürnberg deutlich, die Regierung des Landes: „Unsere korrupte Regierung denkt nicht an diese Dinge, sie plant nicht für die Zukunft.“ Angesichts dessen müssten „die Kirchen mehr Verantwortung übernehmen“, forderte die Aktivistin. „Wir brauchen Unterstützung.“
Eine wichtige Rolle in dieser Hinsicht können auch Mission EineWelt und missio spielen. Unterstützung von Deutschland aus sollte am besten über diese beiden Organisationen laufen, erläuterte Rosa Koian am Ende ihres Vortrags.
„Papua-Neuguinea ist reich an kultureller Diversität und an natürlichen Ressourcen, aber es steht vor vielen Herausforderungen“, malte auch Sylvester Warwakai, seit 2023 Provinzialoberer der Herz Jesu-Missionare in acht Diözesen in Papua-Neuguinea, ein Bild der Gegensätze. Der 42-Jährige sieht „Armut und Ungleichheit“ als „größte Herausforderungen“ im weltweit drittgrößten Inselstaat. „Viele Menschen haben keinen Zugang zu medizinischer Versorgung, Bildung und sauberem Wasser“, kritisierte er. Weil, wie Warwakai weiter ausführte, die Regierung besonders in ländlichen Gegenden nicht viel tue, bemühen sich die katholische und die lutherische Kirche in Papua-Neuguinea darum, eigene Angebote in diesen Bereichen aufzubauen und am Laufen zu halten. Beide Kirchen betreiben Krankenhäuser und Schulen und legen Programme zur Bewusstseinsbildung auf. Zudem suchen sie das Gespräch mit Mitgliedern der Regierung in Fragen von Natur- und Klimaschutz und unterstützen gleichzeitig Initiativen und Aktionen der Bevölkerung in diesem Bereich. Der Zugang zu Bildung sei, betonte Sylvester Warwakai, ein Schlüsselelement und forderte: „Zugang und Qualität müssen verbessert werden.“ Ein weiterer Schwerpunkt in der ökumenischen Zusammenarbeit sei die „Ermächtigung von Frauen“ erklärte der Herz-Jesu-Missionar. Der Grund: „Geschlechterungerechtigkeit und Gewalt gegen Frauen sind in Papua-Neuguinea an der Tagesordnung.“ Die Kirchen unterstützen Frauen mit verschiedenen Programmen und Initiativen unter anderem in Sachen Bildung/Ausbildung sowie gegen Gewalt und sexuelle Gewalt gegen Frauen.
An letzterem Thema knüpfte Thecla Gamog an. Die katholische Schwester und Trauma-Therapeutin leitet das katholische Schutzhaus für Frauen in Alexishafen und steht zudem allen fünf derzeit in Papua-Neuguinea vorhandenen Schutzhäusern als Präsidentin vor. Auch sie beklagte: „Die Regierung hat bis jetzt noch keine eigenen Schutzhäuser für Frauen eingerichtet, deshalb sind Kirchen und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) eingesprungen.“ In den Schutzhäusern finden Frauen, die vor ihren gewalttätigen Ehemännern geflohen sind, bis zu zwei Monate, in manchen Fällen – beispielsweise wenn ein Gerichtsprozess ansteht – auch länger als ein halbes Jahr, eine sichere Unterkunft. Dort gibt es Angebote für Seelsorge und Beratung. Auch beim Gang zur Polizei oder vors Gericht werden die Frauen unterstützt.
Auch in der Bewusstseinsbildung sind Thecla Gamog und ihre Kolleginnen aktiv. Sie gehen in die dörflichen Gemeinschaften, um dort aufzuklären und Beauftragte für den Schutz von bedrohten Frauen auszubilden. Mit Erfolg: „Die Resonanz ist gut“, berichtete Gamog in Nürnberg. „Inzwischen sind Männer in diesen Gemeinschaften aktiv für den Schutz von Frauen.“
Auch in Zukunft hat die 55-Jährige noch einiges vor: Unter anderem möchte sie ein Hostel für Frauen aufbauen, die vom Land kommen und in der Stadt arbeiten. Mit den Mieteinnahmen will sie die Arbeit im Schutzhaus finanzieren. Zudem möchte sie ein Haus für von Gewalt betroffene Kinder einrichten und auch ein Haus, das Beratung und Seelsorge für Männer anbietet, kann sie sich vorstellen.
Mit Kindern und Jugendlichen, die ganz unten angekommen sind, arbeitet Arnold Schmitt. Der aus Unterfranken stammende Mariannhiller Missionar lebt seit 1998 in Papua-Neuguinea und versucht, Kindern, die auf der Straße und in völliger Armut leben, mittels Bildung wieder eine tragfähige Basis für ihr Leben zu vermitteln. Eindringlich berichtete er beim Informationstag von der Spirale aus Armut, Gewalt, Drogen, Kriminalität und Krankheit, in die Kinder und Jugendliche, die in Papua-Neuguinea auf der Straße landen, fast zwangsläufig hineingezogen werden. Da wieder herauszukommen, sei extrem schwer, zumal das „Schulsystem viele Hürden hat“, erläuterte der Pater. Das größte Problem: „Geld entscheidet über Bildung.“ Die Kapazität seines Programms ist begrenzt: „Wir müssen auswählen, da wir nur maximal 180 Kinder aufnehmen können. Die anderen müssen warten, bis wieder ein Platz frei wird“, bedauerte er. Er würde gerne nicht nur die katholische und die lutherische Kirche im Engagement gegen Armut und deren Folgen sehen, sondern auch die übrigen in Papua-Neuguinea aktiven Kirchen: „Das Evangelium alleine reicht nicht. Ich möchte von allen Kirchen, dass sie etwas für die Armen und Benachteiligten tun. Dann können wir etwas bewirken“, appellierte er am Ende seines Vortrags.
Begleitet wurden die Vorträge von verschiedenen Workshops und Aktionen, unter anderem Sprachkurse in Tok Pisin, der Umgangssprache in Papua-Neuguinea, oder Kurse in „Bilum-Making“, also für das Knüpfen der traditionellen Tragenetze.
Zu Ende ging der Informationstag mit einer Modenschau des Labels Phizrogue der Mode-Designerin Paula Wiemers, das moderne und traditionelle Mode aus Papua-Neuguinea präsentierte. „Angetan“ von diesem bunt gemischten Programm zeigte sich auch Wolfgang Huber, Präsident von misso-München. „Das ist nicht nur intellektueller Austausch, sondern alle Sinne werden angesprochen.“