„Kirche ist nicht nur eine Institution“ – Interview mit Rolando Ortez
Rolando Ortez, Präsident der Gemeinschaft Lutherischer Kirchen in Zentralamerika (CILCA), spricht im Interview über die aktualisierte Partnerschaftsvereinbarung der CILCA mit der ELKB und die Dreiervereinbarung mit CILCA, IECLB (Evangelische Kirche Lutherischen Bekenntnisses in Brasilien) und ELKB, und darüber, was Kirchenpartnerschaft aus seiner Sicht ausmacht.
Was sind für Sie die wichtigsten Punkte in der aktualisierten Partnerschaftsvereinbarung der CILCA mit der ELKB?
Wichtig ist zum Beispiel, dass es einen gegenseitigen geistlichen Austausch geben wird. Sowohl von Deutschland aus in die Länder Lateinamerikas, in diesem Fall nach Zentralamerika, als auch von Zentralamerika aus nach Deutschland oder nach Brasilien.
Wir, die zentralamerikanischen Kirchen, haben Erfahrungen, die wir anderen Kirchen aufgrund unserer geistlichen Praxis weitergeben können. Unsere Art, Gemeinschaft, geschieht durch die tägliche Arbeit, die wir in den Gemeinden leisten. Diese Nähe mit jeder und jedem einzelnen, die in unsere Gemeinden kommen, ist etwas, das wir einbringen oder auch hierher nach Deutschland bringen können.
Wichtig ist auch, dass wir den Austausch von Missionarinnen und Missionaren, von Diakoninnen und Diakonen, von Pfarrerinnen und Pfarrern in der Region aufrechterhalten. Ein weiterer zentraler Aspekt ist, dass Personen, die nicht für einen Dienst vorbereitet sind, eine adäquate Vorbereitung bekommen und dass die Möglichkeit besteht, im Studium erworbenes Wissen zu aktualisieren.
Wie steht es um die Kirche in Deutschland? Die IECLB-Präsidentin Silvia Genz und ich, wir sehen, dass Kirche auch anders sein kann als wir denken. Kirche ist nicht nur eine Institution, selbst wenn sie eine gut organisierte Organisation ist, der es gelingt, in den Momenten handlungsfähig zu bleiben, in denen sie überrascht wird – wie beispielsweise jetzt während der ELKB-Synodensitzung, als es zunächst nicht möglich war, einen Bischof oder eine Bischöfin zu wählen. Kirche ist aber auch eine Kirche, die ihre Erfahrung Tag für Tag mit den Menschen, lebt. Sie hat diese Nähe zu Gott durch Jesus Christus. Aber die Menschen der Kirche sind menschliche Wesen, die leiden, die nachdenken und planen, was sie tun können, wie alle anderen. Sie sind Menschen, die auf der ganzen Welt in kirchlichen Gemeinden zusammenleben, um die Realität der Menschen zu verändern, denen sie dienen oder denen sie das Evangelium bringen.
Was sehen Sie als wesentlich für die Zukunft an, wo sollte Entwicklung stattfinden?
Die Partnerschaft sollte sich weiter entwickeln und mit der Zeit sollten die Kirchen auf allen Ebenen nachhaltig werden. Als Kirche in Mittelamerika wollen wir einen Schritt in Richtung Nachhaltigkeit gehen. Es kann ein Entwicklungsschritt über einen längeren Zeitraum sein, mit dem Ziel, dass jede unserer Kirchen über die wirtschaftliche Kapazität verfügt, um ihre Bedürfnisse zu befriedigen, die sie haben, und auch über die Fähigkeit, den Pfarrer der Gemeinde zu bezahlen.
Im Moment sind wir zwar nicht in der Lage, finanzielle Stabilität zu erreichen, aber es ist und bleibt unser Ziel. Denn finanzielle Stabilität bringt auch emotionale Stabilität und die Sicherheit einen Pfarrer, wie wir sagen, 24 Stunden an 7 Tagen zu haben. Das ist eines der großen Bedürfnisse in unserer Kirche in Mittelamerika. Es wäre gut, wenn wir das schaffen könnten. Auf diesem Weg können Mission EineWelt und die ELKB uns helfen, wie sie es unter anderem schon bei der Entwicklung unserer eigenen liturgischen Bücher tun.
Ein weiterer großer Mangel, den wir in unseren Kirchen in Zentralamerika empfinden, liegt an folgender Stelle: Aufgrund der wirtschaftlichen Situation in unseren Ländern können die Menschen keine Fremdsprachen wie beispielsweise in Deutschland. Wir müssen den Menschen bei uns Möglichkeiten geben, vor allem Englisch zu lernen, damit es weniger Barrieren gibt, wenn sie hinausgehen, um die Kirche zu präsentieren.
Ein weiterer Aspekt in Sachen Nachhaltigkeit wäre die Schaffung eigener Kindergärten, Schulen, Hochschulen und Universitäten. Solche Einrichtungen, wären über den wichtigen Bildungsaspekt hinaus auch ein Weg zur finanziellen Unabhängigkeit unserer Kirchen. Die Länder im Cono Sur, im südlichen Teil Südamerikas, Länder wie Argentinien und Brasilien, die Vorreiter sind, haben das bereits erreicht.
Wir wollen also einen Weg finden, wie die Kirche einen Punkt erreichen kann, an dem sie nachhaltig und unabhängig aufgestellt sein kann. Sie muss sich selbst tragen können.
Finanzielle Unabhängigkeit würde aber nicht bedeuten, dass wir nicht mehr auf die Partnerschaft mit der ELKB angewiesen sind. Unsere Partnerschaft basiert nicht nur auf dem ökonomischen Teil, sondern beruht vor allem auf dem geistlichen Austausch. Auf dem Austausch des Hörens des Wortes und der Erfahrung, wie das Evangelium im jeweiligen Land gelebt wird.