Vorbildfunktion der öffentlichen Hand
Bayerische Ministerien haben weiterhin Nachholbedarf beim Fairen Handel
Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd Müller (CSU) ruft immer wieder Verbraucherinnen und Verbraucher auf, sich für den Einkauf fair gehandelter Produkte zu entscheiden und so einen Beitrag für mehr globale Gerechtigkeit zu leisten. Auch Unternehmen sollen soziale und ökologische Kriterien bei der Produktion beispielsweise von Textilien beachten. Hierzu hat Minister Müller unter anderem das „Textilbündnis“ auf den Weg gebracht. Wenn Unternehmen sowie Verbraucherinnen und Verbraucher sich besonders gut verhalten sollen, darf der Staat nicht tatenlos zuschauen. Ihm kommt eine Vorbildfunktion zu.
Das Eine Welt Netzwerk Bayern e.V., der bayerische Dachverband der Eine Welt-Initiativen, Hilfswerke und Weltläden, zu deren Mitgliedern auch das Partnerschaftszentrum Mission EineWelt gehört, hat nach 2011 zum zweiten Mal eine Umfrage bei bayerischen Ministerien durchgeführt, inwieweit dort fair gehandelte Produkte zum Einsatz kommen.
Dabei stellte sich heraus, dass dies immer noch eine Ausnahme ist. Weniger als die Hälfte der Ministerien bietet entsprechende Produkte im Kantinenbereich an. Bei Veranstaltungen ist der Einsatz fairer Produkte noch geringer.
Das Eine Welt Netzwerk Bayern e.V. ist erfreut über die fairen Aktivitäten insbesondere im bayerischen Landwirtschaftsministerium und im Umweltministerium. Auch die Bayerische
Staatskanzlei kann in mehreren Bereichen gute Ergebnisse vorweisen. Enttäuscht ist der Dachverband hingegen, dass auch vier Jahre nach der ersten Umfrage immer noch in mehreren bayerischen Ministerien Pachtverträge für Kantinen neu vergeben worden sind, ohne dass im Einkauf auf soziale Kriterien in der Lieferkette Rücksicht genommen wurde. Ein Ministerium behauptet gar, dass es kaum Einfluss auf das Angebot der verpachteten Kantine habe. Ein weiteres Ministerium gibt an, dass die Lieferanten des Pächters angeblich keine fair gehandelten Produkte liefern könnten; ein anderes Ministerium hat fair gehandelte Produkte mit Produkten aus regionaler Produktion verwechselt. Die Nicht-Verwendung von fairen Produkten wurde auch mit fehlenden Bestimmungen begründet.
Obwohl Bundesminister Dr. Gerd Müller regelmäßig auf die Verantwortung in der globalen Lieferkette hinweist und „Fairen Handel statt Freihandel“ fordert, zeigen nach Ansicht des Eine Welt Netzwerkes Bayern die Ministerien viel zu wenig Engagement in diesem Bereich. Das Netzwerk fordert deshalb den Bayerischen Landtag auf, sich über den nachhaltigen Einkauf der öffentlichen Hand beispielsweise im Rahmen einer Anhörung zu informieren und bayerische Behörden an ihre Vorbildfunktion zu erinnern. Ähnlich wie auf Bundesebene solle sich außerdem die Staatsregierung selbst verpflichten, bis 2020 die Hälfte der Textilien aus sozialer und ökologischer Produktion zu beziehen sowie 95 Prozent Recyclingpapier zu benutzen.
Zudem ist die Bayerische Kantinenverordnung so zu ändern, dass künftig fair gehandelte Produkte zur Auswahl angeboten werden müssen. Die öffentliche Hand in Bayern ist somit im Bereich des Einkaufs aufgerufen, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und durch verantwortungsbewussten Konsum einen Beitrag zu einer gerechteren Gestaltung der Globalisierung zu leisten.
Kontakt / Nachfragen:
Mission EineWelt
Pfarrerin Gisela Voltz
Tel.: 09122 / 36672-12
Weitere Informationen:
- Bildungsangebote und -materialien von Mission EineWelt zu den Themen Globales Lernen und Fairer Handel: http://mission-einewelt.de/service-und-angebot
- Fairer Handel in Bayern: www.fairerhandel-bayern.de
- Fairtrade Deutschland: www.fairtrade-deutschland.de
- „Bayern gegen ausbeuterische Kinderarbeit“: www.bayern-gegen-ausbeuterische-kinderarbeit.de
Das Eine Welt Netzwerk Bayern e.V. ist der bayerische Dachverband entwicklungspolitischer Einrichtungen, Hilfswerke, Weltläden und lokaler Eine Welt-Netzwerke. Sie informieren über Ursachen und Hintergründe globaler Probleme. Durch Informations- und Bildungsveranstaltungen, Aktionen, Ausstellungen und Lobby-Arbeit stellen die Mitglieder des Eine Welt Netzwerk Bayern e.V. unserer Gesellschaft immer wieder die Frage nach der Zukunftsfähigkeit unserer Lebensweise. Die (derzeit 151) kirchlichen und nichtkirchlichen Mitglieder des Eine Welt Netzwerk Bayern e.V. wollen mehr Menschen dafür gewinnen, ihr Denken und Handeln an der Verantwortung für die Eine Welt zu orientieren. Mission EineWelt ist seit langem Mitglied im EineWelt Netzwerk Bayern. Dr. Jürgen Bergmann, Referatsleiter von Entwicklung & Politik im Partnerschaftszentrum, ist Vorstandsmitglied.