Zehntausende Menschen für einen gerechten Welthandel auf der Straße
Am vergangenen Samstag fand in Hannover ein kilometerlanger Protestzug gegen die geplanten Freihandelsabkommen TTIP und CETA statt.
Grund für die Aktion war der anstehende Besuch des US-amerikanischen Präsidenten Barack Obama auf der Hannover Messe, und die darauf folgenden Gespräche zu der geplanten Freihandelszone zwischen ihm und der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Bereits vor Wochen hatten Gewerkschaften, Umweltverbände und mehrere bäuerliche und kirchliche Organisationen, darunter auch das Centrum Mission EineWelt, zu den Demonstrationen gegen TTIP und CETA in der niedersächsischen Hauptstadt aufgerufen. Gefolgt waren der Aufforderung zum kreativen und friedlichen Protest am 23. April mehrere tausend Menschen aus ganz Europa und Übersee. Angeführt von über dreißig Traktoren zogen sie mit bunten Bannern und Slogans wie „Stoppt TTIP“ durch die Innenstadt und forderten weltweit faire Handelsbeziehungen, die sich an Arbeitnehmerrechten, Umwelt-, Sozial- und Verbraucherstandards statt an Konzerinteressen orientieren.
Ein wichtiges Thema der Proteste war die Auswirkung des geplanten Abkommens auf den Globalen Süden. Dieser gewinnt seit Jahren immer mehr an Stärke, während die gleichzeitig laufenden Verhandlungen, die Weltwirtschaft durch die Welthandelsorganisation (WTO) zu regeln, scheitern. Doch „umso mächtiger die entsprechenden Länder werden, umso mehr bemühen sich die Weltmächte, ihre bedrohte Vormachtstellung zu erhalten“, betont Angela Müller, Agrarexpertin von Mission EineWelt. „TTIP ist ein geopolitisches Abkommen. Die USA und alle EU-Mitgliedstaaten würden von einer umfassenden Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft in erheblichem Umfang profitieren. Der Globale Süden würde ausgegrenzt“, so Müller weiter. Zu einer ähnlichen Erkenntnis gelangt eine Studie der Bertelsmannstiftung. Laut den darin veröffentlichten Ergebnissen würde beispielsweise das Pro-Kopf-Einkommen in nahezu allen Entwicklungsländern durch TTIP deutlich zurückgehen.
Und auch in Deutschland bangen Bäuerinnen und Bauern um ihre Zukunft. „Prognosen zufolge soll die Wertschöpfung der deutschen Landwirtschaft durch TTIP um 0,7 Prozent zurückgehen. Die Ausrichtung auf den Export würde sich dadurch weiter verschärfen“, klärt die Agrarexpertin von Mission EineWelt auf. Der bereits bestehende Strukturwandel in der Landwirtschaft würde sich ihrer Meinung nach dadurch auf Kosten bäuerlicher Betriebe und handwerklicher Lebensmittelverarbeiter erheblich beschleunigen.
Die Brisanz des Themas zeigte auch die Teilnahme des niedersächsischen Landwirtschaftsminister Christian Meyer an den Protesten. Er bestätigte dem Centrum Mission EineWelt, das sich weltweit durch Kampagnen-, Lobby- und Advocacy-Arbeit für einen gerechten Handel einsetzt, dass der „Druck von der Straße“ sehr wichtig sei. Nur wenn der Protest in der Zivilbevölkerung weiter zunehme, könnten die entsprechenden Abkommen verhindert werden. Erste kleine Zugeständnisse wurden auf Grund der Demonstrationen durch die EU bereits gemacht. „Dennoch besteht weiterhin die Absicht, die Abkommen ohne Einbeziehung der Parlamente in Kraft zu setzen, da diese die Zustimmung kippen könnten“, schließt Angela Müller.
Link zur erwähnten Studie: http://www.bertelsmann-stiftung.de/