Zum Welt-AIDS-Tag – Gefahr der Stigmatisierung
Durch die Corona-Pandemie werden Infizierte mit HIV/Aids in besonderer Weise gefährdet. „Es ist wichtig, dass wir die HIV/Aids-Infizierten nicht über Corona vergessen, sondern auch deren Menschenrechte achten“, fordert Gisela Voltz, Referentin im Referat Entwicklung und Politik bei Mission EineWelt. Beim Zentrum der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern für internationale Partnerschaft, Entwicklung und Mission treffen derzeit vermehrt alarmierende Meldungen zur Lebenssituation mit HIV/Aids infizierter Menschen ein.
Aus Kenia schreibt Pfarrerin Margaret Obaga von der Diakonieabteilung der Kenianischen Evangelisch-Lutherischen Kirche (KELC) und ehemalige Mitarbeiterin bei Mission EineWelt:
„Menschen, die mit HIV leben, sind am stärksten von COVID-19 betroffen. Derzeit (…) werden vermehrt Fehlinformationen verbreitet, die suggerieren, dass Menschen, die mit HIV leben (PLHIV) ein höheres Risiko haben, sich mit dem Coronavirus zu infizieren, was zu einer neuen Stigmatisierung führt. Dies und die verbreitete Angst vor Corona könnte auch der Hauptgrund für den signifikanten Rückgang der Zahl der HIV-Patient*innen sein, die medizinische Versorgung in Anspruch nehmen. Hinzu kommt die Stilllegung von Fabriken, die lebenswichtige Medikamente wie ARV, PrEP, Kondome, HIV-Test-Sets und andere wichtige medizinische Güter herstellen. (…) Die Patient*innen haben keinen Zugang zu einer angemessenen Ernährung, und in der gegenwärtigen Situation sind finanzielle Engpässe offensichtlich.“
Auch von der Evangelisch-Lutherischen Kirche im Kongo (EELCo) kommen alarmierende Nachrichten, unter anderem zu den Folgen der strikten Ausgangssperren von März bis August:
„Auch war Nahrungsmittelknappheit ein großes Problem in dieser Zeit, was nochmals die Situation der geschwächten HIV-Patient*innen verschlechterte. Obwohl gesetzlich sowohl die Kostenfreiheit von Behandlung als auch Test garantiert ist, wurde in schlecht versorgten Regionen von Patient*innen ein Beitrag (meist 2 USD) verlangt. Im Zuge der staatlichen Anti-Corona-Maßnahmen kam es zu einer Unterversorgung mit vielen Medikamenten im Land, weil Transportwege durch Einstellung des Flugverkehrs und die Schließung von Grenzen abgeschnitten wurden. Die Reduzierung der Lieferwege hält teilweise bis heute an, und so sind vor allem so genannte opportunistische Infektionen ein Problem. Auch die Neudiagnose von HIV-Patient*innen ist aktuell schwierig. Knappheit der Tests und die Angst der Bevölkerung, sich im Krankenhaus mit Sars-CoV-2 anzustecken, haben vermutlich zu einer Abnahme der Neudiagnosen geführt. So ist gerade der unbekannte Status bezüglich einer HIV-Infektion Treiber der HIV-Pandemie und die negativen Auswirkungen werden sich erst in den kommenden Jahren zeigen. (…) Mit dem Aufkommen der ersten Impfstoffe gegen Sars-CoV-2 stellt sich aber die Frage, inwieweit diese auch für (immunsuppressive und therapierte) HIV-infizierte Personen, aber auch für mit anderen Erregern infizierte Patienten, wie beispielsweise mit Tuberkulose, geeignet sind. Es bedarf hier unbedingt einer Erweiterung des Fokus auf diese Zielgruppen“, schreibt Markus Schmidt. Der Rummelsberger Diakon arbeitet zusammen mit seiner Frau Sibylle im Sozial- und Gesundheitswesen in der DR Kongo. Wichtige Tätigkeitsfelder sind die HIV/AIDS-Aufklärung und -prävention sowie die Versorgung und Behandlung von Epilepsiepatient/innen. Sibylle und Markus Schmidt wurden von Mission EineWelt ausgesendet.
Kontakt für Nachfragen:
Gisela Voltz