Handlungsauftrag: sozial gerechter Klimaschutz – Gastbeitrag von Christiane Averbeck (Klima-Allianz Deutschland)

Dr. Christiane Averbeck (Klima-Allianz Deutschland). Foto: Simone M. Neumann

Die Extremwetter in diesem Sommer sind ein direkter Handlungsauftrag an die Politik – aber auch an uns alle, meint Dr. Christiane Averbeck, Geschäftsführende Vorständin der Klima-Allianz Deutschland. Mission EineWelt ist eines von rund 150 Mitgliedern des Bündnisses. Mit der nötigen sozial-ökologischen Transformation geht es noch zu langsam voran. Woran hakt es und wie schaffen wir die Wende?

Waldbrände in Kanada sorgen für Rekordemissionen, die das ferne New York in giftigen Rauch hüllen. Auf Hawaii sterben mehr als hundert Menschen in den Flammen, auf der griechischen Urlaubsinsel Rhodos werden ganze Dörfer evakuiert. Überschwemmungen in Norditalien und Slowenien erinnern schmerzhaft an die Flutkatastrophe im Ahrtal. Der Juli war der weltweit heißeste Monat seit Beginn der Wetteraufzeichnungen.

Die Nachrichten der vergangenen Monate lesen sich wie ein Protokoll der Apokalypse. Die Häufung und Intensität der Extreme zeigt: Die Klimakrise ist kein abstraktes Szenario mehr, sondern längst Realität. Nie war deutlicher, dass wir dringend aus den fossilen Energien aussteigen müssen. Der nötige Aufbruch geht aber noch immer zu zögerlich voran. Wollen die Leute etwa keinen Klimaschutz?

Die kürzlich erschienene Umweltbewusstseinsstudie des Umweltbundesamtes zeigt: Und ob sie wollen! Die große Mehrheit der Befragten befürwortet Maßnahmen zum Klimaschutz und den klimafreundlichen Umbau der deutschen Wirtschaft. Die Studie zeigt auch, dass sich viele Bürger*innen sorgen, mehr Klimaschutz könnte ihre finanzielle Situation und die soziale Ungleichheit verschärfen. Das ist angesichts der explodierenden Heizkosten, der ohnehin hohen Mieten und der wachsenden Kluft zwischen Arm und Reich gut verständlich. Die Politik sollte dies als Handlungsauftrag verstehen, Klimaschutzmaßnahmen sozial gerecht auszugestalten.

Die sozial-ökologische Wende findet nicht mehr nur in fernen Kohlekraftwerken statt, sondern bei uns allen zu Hause im Heizungskeller, am Küchentisch und in der Garage. Die Emissionen müssen dringend runter, insbesondere in den Sektoren Verkehr und Gebäude. Wir alle sind gefragt, nach unseren Möglichkeiten zu handeln und in unsere Zukunft zu investieren. Die Politik muss Lösungen für finanziell benachteiligte Menschen umsetzen, zum Beispiel mit einem Klimageld als Ausgleich für den steigenden CO2-Preis.

Was also tut unsere Bundesregierung?

Klimaschutz darf nicht im parteipolitischen Klein-Klein stecken bleiben, sondern muss mit der gleichen Verantwortung betrieben werden, wie wir es etwa bei der Coronakrise von allen demokratischen Parteien erwarten konnten. Ein aktuelles Beispiel ist die fehlgeleitete Debatte um das Gebäudeenergiegesetz. Politik und Medien haben hier Verunsicherung geschürt, anstatt die Menschen für die dringend notwendige Modernisierung der Gebäude zu begeistern.

Trotz dieser Verunsicherung zeigt das Beispiel aber auch : Viele Menschen sind bereit, auf klimafreundliche Technologien umzusteigen und dafür auch Kosten in Kauf zu nehmen. Es ist die Politik, die offenbar den Ernst der Lage nicht erkennt und Verantwortung vermissen lässt. Wir Bürger*innen sollten uns da nichts vormachen lassen. Politiker*innen sollten sich überlegen, auf welches Pferd sie setzen: Wollen sie zu denen gehören, die an der fossilen Vergangenheit festhalten oder wollen sie eine bessere Zukunft mitgestalten?

Eine Lehre aus dem Debakel ums Gebäudeenergiegesetz ist, dass die fossile Lobby nicht schläft – im Gegenteil. Die Art und Weise, mit der dieses wichtige Gesetz diskutiert wurde, entspricht nicht der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung von Politik und Medien, in Bezug auf wirksame Maßnahmen des Klimaschutzes und der Klimagerechtigkeit die von einer möglichst breiten Öffentlichkeit unterstützt werden können..

Aber wir schlafen auch nicht.

Die Klima-Allianz Deutschland vereint rund 150 Organisationen aus Bereichen wie Umwelt, Entwicklung, Kirchen, Kultur, Soziales und Gewerkschaften. Gemeinsam gehen wir mit der Politik ins Gespräch, bauen Brücken. Unsere Mitglieder haben kluge Vorschläge und erproben in mutmachenden Projekten, wie eine sozial gerechte Transformation in Richtung Klimaneutralität aussehen kann. Gemeinsam mit unseren Mitgliedern und Fridays for Future rufen wir zum Klimastreik auf. Sie wollen eine Regierung, die sozial gerechten Klimaschutz vorantreibt, anstatt ihn zu bremsen? Dann gehen Sie am 15. September mit uns auf die Straßen. Zeigen wir, was die Mehrheit will!