Das Gedenken an die verheerenden Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki im August 1945 mit über 200.000 Toten – die Opfer der Langzeitfolgen der atomaren Verseuchung nicht mitgerechnet – ist keine rein retrospektive, historische Angelegenheit. Julia Ratzmann, Leiterin der Pazifik-Infostelle bei Mission EineWelt, brachte gleich zu Beginn der Gedenkveranstaltung am Abend des 6. August vor der Lorenzkirche in Nürnberg die Verbindung zur Gegenwart auf den Punkt: Derzeit verfügten weltweit sieben Staaten über Atomwaffen. Das Arsenal reiche dafür aus, den Planeten Erde mehrfach zu zerstören, erklärte Ratzmann und deklamierte stellvertretend für die Veranstalter*innen des Gedenkens: „Wir fordern: Schafft die Atomwaffen ab.“
Auch die Mitglieder der Bayerischen Friedensfahrradtour, die anlässlich des Hiroshima-Gedenkens in Nürnberg Station machten, bezogen klar Stellung gegen immer mehr Eskalation und Gewalt bei inner- und zwischenstaatliche Konflikten. „Es gibt nur einen Weg zum Frieden: verhandeln statt schießen“, machte Friedensradler Werner Meskaric klar. Der 66-Jährige kritisierte insbesondere auch deutsche Waffenlieferungen in den Nahen Osten. Diese hätten sich „seit Beginn des Gaza-Konflikts verzehnfacht“. Zu den Profiteur*innen gehöre auch das Nürnberger Unternehmen Diehl, das „an beide Seiten“ liefere.
Gegen eine Verharmlosung der gesundheitlichen Folgen eines Atomwaffeneinsatzes wandte sich Herbert Kappauf, Vorstandsmitglied der Nürnberger Regionalgruppe der Internationalen Ärzte zur Verhütung des Atomkriegs (IPPNW): „Als Ärztinnen und Ärzte sagen wir: Wir werden Euch nicht helfen können.“ Zudem kritisierte der Mediziner die Absurdität der militärischen Diskussion. „Militärisches Denken selbst“ sei „krank und krankmachend“. Vielmehr führten „aufgeblähte Ausgaben für Rüstung“ zwangsläufig zu Kürzungen in anderen wichtigen Bereichen. Im einzelnen nannte der 71-Jährige die Bereiche Soziales und Klima. Kappauf warb vehement dafür, militärische Logik nicht mehr als „normal“ zu akzeptieren, sondern sich für „Friedenstüchtigkeit“ einzusetzen.
Zur militärischen Logik gehört auch die derzeit vehement betriebene Renaissance des so genannten „Gleichgewichts des Schreckens“. Wolfgang Nick, Mitglied im Vorstand des Friedensmuseums Nürnberg, kritisierte die Strategie der atomaren Abschreckung als „hochgefährliche Illusion“. Im Gegenteil: „Nukleare Teilhabe erhöht nur das Risiko“, warnte er. Auch mit der für 2026 vorgesehenen Stationierung von Mittelstreckenwaffen in Deutschland biete „die Bundesregierung unser Land als Startrampe an“. Nick befürchtet, dass Deutschland durch solche Waffen und die sogenannte nukleare Teilhabe in Gestalt der im Fliegerhorst Büchel gelagerten US-Atomwaffen oder potenziell atombombentaugliche Flugzeuge „Zielkoordinate“ für Russland werden könnte. „Wir könnten die ersten Opfer auf dem atomaren Schlachtfeld Mitteleuropa werden.“ Auch aus seiner Sicht gibt es „nur eine Lösung: Atomwaffen abschaffen.“