Offizielle Stellungnahme der Evang.-Luth. Kirche in Bayern zum G7-Gipfel

Mission EineWelt als Mitgestalter von alternativen Veranstaltungen

Wie bereits mehrfach von Mission EineWelt berichtet, werden am 7. und 8. Juni 2015 in Elmau bei Garmisch-Partenkirchen die Staats- und Regierungschefs der Gruppe der Sieben (G7) zu ihrem Gipfeltreffen zusammenkommen.

Auf Grund dieses Treffens der G7 haben der Landesbischof, Dr. Heinrich Bedford-Strohm, und die Präsidentin der Landessynode, Dr. Annekathrin Preidel, nun eine Stellungnahme der Evang.-Luth. Kirche in Bayern veröffentlicht. In dieser werden grundsätzliche Informationen zum Gipfel, die Position der Kirche und thematische kirchliche Schwerpunkte hinsichtlich dieser Zusammenkunft der Regierungschefs zusammengefasst. Dabei wird auch das Centrum Mission EineWelt mehrfach erwähnt.

Mission EineWelt engagiert sich unter anderem bei verschiedenen Veranstaltungen rund um den Gipfel und ist Mitveranstalter eines Alternativgipfels, der am 3. und 4. Juni in München stattfindet. Darüber hinaus hat Mission EineWelt in Zusammenarbeit mit anderen ökumenischen Werken Bausteine für eine „Gipfel-Andacht“ erarbeitet, um die in Elmau verhandelten globalen Herausforderungen auch in einen klaren geistlichen Kontext einzubetten. Dieses Gottesdienstmaterial kann über unsere Website heruntergeladen werden. Plakate in gedruckter Form sind überdies noch im Centrum (Tel. 09874 9-1031) kostenlos bestellbar.

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Der Brief an die Kirchengemeinden und Einrichtungen der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern

München, 18. Mai 2015

Liebe Schwestern und Brüder,

in Elmau bei Garmisch-Partenkirchen werden am 7. und 8. Juni 2015 die Staats- und Regierungschefs der Gruppe der Sieben (G7) zu ihrem Gipfeltreffen zusammenkommen. Die Bundesregierung hat derzeit die G7-Präsidentschaft inne und richtet daher diesen Gipfel aus.

Der Gipfel findet in Bayern statt. Deshalb kann es sein, dass Sie von Gemeindegliedern oder Journalisten darauf angesprochen werden. Darum möchten wir Ihnen einige inhalt­liche Orientierungen zu den wesentlichen Gipfel-Themen weitergeben, die sich für uns in den landeskirchlichen Zusammenhängen und den EKD-Zusammenhängen herausgeschält haben. Vielleicht kann Ihnen das eine Hilfe für die eigene Auskunftsfähigkeit sein.

Grundsätzlich:

  • Es ist richtig, dass sich Politiker persönlich treffen, um die großen weltweiten Herausforderungen im Dialog zu lösen, auch wenn manchmal der Aufwand für solche Treffen sehr groß ist.
  • Für eine funktionierende Demokratie ist es wichtig, dass sich engagierte Bürger und Organisationen äußern können. Darum müssen auch friedliche Demonstratio­nen im Zusammenhang mit dem Gipfel möglich sein. Wir danken allen, die dafür einstehen, dass die Veranstaltungen rund um den Gipfel gewaltfrei ablaufen. In diesen Dank schließen wir ausdrücklich alle ein, die in Polizei und Hilfsorganisa­tionen – vielfach auch ehrenamtlich – dabei mithelfen. Es ist gut, wenn wir uns als Christen zu politischen Themen äußern. Nicht, weil wir die besseren Politiker wären, sondern weil wir unsere im christlichen Glauben gegründete Sicht in die Diskussion einbringen wollen.

Sind wir als Kirchen beteiligt?

  • Die christlichen Kirchen und ihre Werke haben seit geraumer Zeit den G7-Gipfel fest im Blick. Das G7-Treffen wird auf den Podien des zeitgleich stattfindenden Kirchentages in Stuttgart Thema sein.
  • Schon am 3. und 4. Juni wird in München ein Internationaler Gipfel der Alterna­tiven stattfinden, der in Workshops und zahlreichen Veranstaltungen alternative Ansätze zur G7-Politik in die Öffentlichkeit tragen soll (www.alternativgipfel.org).
  • Aus Bayern engagiert sich das Partnerschaftszentrum Mission EineWelt bei den Veranstaltungen rund um den Gipfel. Es ist Mitveranstalter des oben erwähnten Alternativgipfels und bietet über das Referat Entwicklung und Politik Hinter­grundinformationen zum G7-Gipfel (www.mission-einewelt.de).
  • Bundesweit hat Brot für die Welt viele wichtige Aspekte der Debatte um die Themen des G7-Gipfels zusammengestellt (www.brot-fuer-die-welt.de).
  • Eine ökumenische Initiative hat Gottesdienstmaterialien entwickelt, um die in Elmau verhandelten globalen Herausforderungen auch in einen klaren geistlichen Kontext einzubetten (www.mission-einewelt.de).

Thematische kirchliche Schwerpunkte:

  • Als Christinnen und Christen glauben wir an den einen Gott, der alle Menschen als seine Kinder ansieht, für die er ein „Leben in Fülle“ will (Joh 10,10). Wenn nach neuesten Zahlen der Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) noch immer 805 Millionen Menschen chronisch unterernährt sind, so ist das ein Skandal, mit dem wir uns nicht abfinden können. Die Vereinten Nationen schät­zen, dass jedes Jahr 8,8 Millionen Menschen an den Folgen von Mangel- und Unterernährung sterben. Das sind 24.000 Menschen pro Tag. Allein diese furcht­bare Zahl zeigt: Wir brauchen eine verlässliche internationale Innenpolitik für die Eine Welt, in der die wirklich dringlichen globalen Handlungsnotwendigkeiten endlich auch zum Thema von gemeinschaftlichem politischen Handeln werden.
  • Politische Weichenstellungen müssen im Sinne ihrer Verträglichkeit mit einer gerechten Entwicklung in der Einen Welt geprüft werden. Unser besonderes Augenmerk wird im Jahr 2015 daher den großen internationalen Konferenzen gelten: Nach dem G7-Gipfel in Bayern steht im Juli in Addis Abeba die künftige Finanzierung der Entwicklungszusammenarbeit auf der Tagesordnung. Bei der UN-Generalversammlung im September in New York sollen Ziele für eine nachhaltige Entwicklung vereinbart werden. Ende des Jahres soll in Paris ein neues globales Klimaschutzabkommen verabschiedet werden. Die G7-Länder sind für rund 25 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich. In Elmau sollen sich die G7-Länder im Vorfeld der Pariser Konferenz klar zu ihrer Verantwortung für den globalen Klimaschutz und zu der Notwendigkeit entsprechender verbind­licher Vereinbarungen bekennen. Dieses Ziel der Bundesregierung für den G7-Gipfel verdient unsere Unterstützung.
  • Als Christen sind wir zur „vorrangigen Option für die Armen“ aufgerufen: Der ethische Wert von wirtschaftlichem Handeln ist auch daran zu ermessen, wieweit es den Armen hilft und sie befähigt, Verantwortung für ihr eigenes Handeln zu übernehmen. Es ist daher gut, wenn in Elmau auch die soziale und ökologische Gestaltung von Lieferketten in einer globalisierten Weltwirtschaft auf der Agenda stehen soll. Das „Textilbündnis“ von Bundesminister Müller zeigt am Beispiel nur einer Branche die Herausforderungen, vor denen wir bei globalen Produktions­prozessen stehen.
  • Fast zwei Drittel aller Analphabeten weltweit sind Frauen und Mädchen. Frauen sind nach wie vor häufiger Opfer von Ungleichheit und Ausbeutung als Männer. Die deutsche G7-Präsidentschaft will die soziale Absicherung verbessern und hierfür eine Initiative für die berufliche Bildung und Ausbildung von Mädchen und Frauen ins Leben rufen. Dies ist zu begrüßen. Gleichwohl muss eine solche Initiative eingebettet sein in ein verstärktes internationales Engagement gegen Gewalttaten an Frauen und Mädchen.
  • Weltweit leiden mehr als 1,4 Milliarden Menschen an heilbaren armutsbedingten Krankheiten. Häufig fehlt privaten Unternehmen ein wirtschaftlicher Anreiz, For­schungen zu solchen Krankheiten zu finanzieren. Internationale Vereinbarungen etwa zur Erhöhung der Versorgung Afrikas mit medizinischem Personal wurden nicht umgesetzt (G8-Gipfel 2008). Solche Zusagen müssen erfüllt werden. Eine von der internationalen Gemeinschaft getragene Versorgung mit lebenswichtigen Arzneimitteln und Impfstoffen muss gewährleistet sein.

 

Liebe Schwestern und Brüder: Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Lob (Röm 15, 7). Die Jahreslosung für 2015 bezeichnet den Kern unseres Engage­ments für die Eine Welt. Wir setzen uns mit Leidenschaft für die menschenwürdige Be­handlung von Flüchtlingen ein. Wir beten für den Frieden in Syrien und in der Ukraine. Gott lieben und den Nächsten lieben wie uns selbst gehören untrennbar zusammen.

Lassen Sie uns in diesem Sinne die Beratungen in Elmau begleiten – konstruktiv und kritisch. Im Gespräch und im Gebet. Nicht als die besseren Politikerinnen und Politiker. Aber als Christen im vollen Wissen um die Verantwortung für die Eine Welt.

 

Herzlich

 

Heinrich Bedford-Strohm                                             Annekathrin Preidel
Landesbischof                                                             Präsidentin der Landessynode