,

Welthunger-Index veröffentlicht – Mission EineWelt unterstützt Projekt zur Ernährungssicherung in Nicaragua

La

Lateinamerikareferentin Kerstin Schönleben (rechts) besichtigt ein Landwirtschaftsprojekt in der Region Somoto.

Am 12. Oktober haben die Welthungerhilfe und die Nichtregierungsorganisation „Concern Worldwide“ den so genannten Welthunger-Index (WHI) veröffentlicht. Für das Jahr 2023 zeigt dieser Index eine dramatische Entwicklung auf: In einer Zeit vielgestaltiger Krisen ist die Entwicklung hin zu einer Welt ohne Hunger praktisch zum Stillstand gekommen. In vielen Ländern gibt es kaum noch Fortschritte, in einigen Ländern steigt der Hunger sogar wieder an.

Die Auswirkungen des globalen Klimawandels und die Folgen der Corona-Pandemie, Russlands Krieg gegen die Ukraine, zahlreiche Konflikte und die schwache Konjunktur haben soziale und wirtschaftliche Ungleichheiten in vielen Partnerkirchen von Mission EineWelt weiter verschärft. Dabei treffen Armut und Ernährungsunsicherheit besonders häufig junge Menschen, vor allem junge Frauen und Familien. Um den vom Hunger und der Ernährungsunsicherheit Betroffenen eine Zukunftsperspektive zu geben, braucht es innovative Ideen, wie Nahrungsmittel produziert, verarbeitet und gerecht verteilt werden können. Hier setzt ein von Mission EineWelt finanziell unterstütztes Projekt der Lutherischen Kirche „Glaube und Hoffnung“ in Nicaragua an. Laut Welthunger-Index 2023 sind 17,8 % der Bevölkerung Nicaraguas mangel- oder gar unterernährt.

In das Projekt sind 215 Familien in neun Landgemeinden im „Trockenkorridor“ Nicaraguas eingebunden. Hier gibt es große klimatische Schwankungen und häufige Dürreperioden neben Zeiten mit Starkregen. Die neun Gemeinden leben eigentlich von der Landwirtschaft. Geringe Erträge machen es jedoch unmöglich, sich nur auf das Einkommen aus der Landwirtschaft zu verlassen. So wandern viele junge Menschen ab, um einer Erwerbsarbeit in anderen Regionen des lateinamerikanischen Staates nachzugehen. Gerade diese Menschen werden aber benötigt, um bei Aussaat und Ernte von Grundnahrungsmitteln wie Mais, Sorghum und Bohnen zu helfen.

Die Lutherische Kirche in Nicaragua hilft, die Ernährungssicherheit in der Region zu verbessern. Neben neuen Anbaumethoden klimaresistenterer Arten und der Förderung der Kleintier-Zucht (Hühner, Schweine) sollen Familien auch ihr Ernährungsverhalten ändern. Statt sich in „guten Zeiten“ den Bauch mit energiereichen, doch ungesunden Lebensmitteln wie Reis und Tortillas vollzuschlagen und in „schlechten“ Zeiten zu darben, sollen die Menschen lernen, ihre Ernährung über das ganze Jahr hinweg auf gesunde, abwechslungsreiche Kost umzustellen. Dazu sollen Landwirte u.a. darin geschult werden, Systeme zur Tröpfchenbewässerung auf den Feldern einzusetzen und Brunnen zu bauen.

Der ganzjährige Zugang zu Nahrungsmitteln reicht jedoch nicht aus. Familien sollen lernen, wie sie die Nährstoffe in den vorhandenen Lebensmitteln optimal nutzen können. In Workshops werden traditionelle Essgewohnheiten genauer unter die Lupe genommen und es wird gemeinsam überlegt, wie der Speiseplan abwechslungsreich und gesund gestaltet werden kann. Familien sollen ermutigt werden, Obst und Gemüse im Hinterhof ihrer Häuser oder in eigens angelegten Gemüsegärten anzubauen, um so zur vitaminreichen Ernährung der Familie beitragen zu können.

Die Besonderheit bei diesem von Mission EineWelt unterstützten Projekt in der Lutherischen Kirche von Nicaragua ist die Einbeziehung der betroffenen Familien in den Gemeinden. Bereits im Vorfeld haben Arbeitskreise die Probleme im Hinblick auf Ernährungsgewohnheiten, landwirtschaftliche Prozesse und klimatische Bedingungen analysiert und Lösungen erarbeitet. Dieser gemeindebasierte Ansatz verspricht gute Erfolge, da alle Beteiligten sich an der Verbesserung ihrer Lebenssituation aktiv beteiligen.

Der Welthunger-Index misst und vergleicht jährlich die Ausprägung von vier Hungerindikatoren. Das sind 1) Unterernährung, d.h. der Anteil der Bevölkerung, dessen Kalorienbedarf nicht gedeckt ist. 2) Wachstumsverzögerung bei Kindern. Das ist der Anteil von Kindern unter fünf Jahren mit einer zu geringen Größe in Bezug auf das jeweilige Alter. 3)Auszehrung bei Kindern: Das sind Kinder unter fünf Jahren mit einem zu niedrigen Gewicht in Bezug auf die jeweilige Größe. 4) Kindersterblichkeit: Das ist der Anteil der Kinder, die vor ihrem fünften Geburtstag sterben.

Anhand dieser vier Indikatoren wird die Hungersituation in den untersuchten Ländern als gravierend, sehr ernst, ernst, mäßig oder niedrig eingestuft. Je höher der Wert, desto stärker der Hunger im jeweiligen Land. Nach Schätzungen des WHI werden 58 Länder bis 2030 wahrscheinlich nicht einmal das Ziel eines niedrigen Hungerniveaus erreichen.