„Neues wächst auf“, lautete das Motto des diesjährigen Bayerischen Kirchentags auf dem Hesselberg. Eine Diskussionsrunde mit Anna-Nicole Heinrich, Präses der EKD-Synode, und Mission EineWelt-Direktorin Gabriele Hoerschelmann beschäftigte sich am Nachmittag mit der Frage, was denn Strategien für die Umkehrung des Schrumpfungsprozesses der evangelischen Kirche sein könnten.

Kann die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern nur noch schrumpfen? – Der Wassertrüdinger Dekan Hermann Rummel bemühte sich in seinem Einleitungs-Statement um Einordnung des fortgesetzten Verlustes von Kirchenmitgliedern in eine hoffnungsfrohe Perspektive auf die Zukunft. Der Hinweis auf positive Entwicklungen klinge angesichts der immer kleiner werdenden Kirche manchmal wie „Pfeifen im Walde“, räumte er ein. Aber: Manchmal müsse man eben „öfter schauen, ob was wächst, aber es kommt.“ Rummel betonte: „Es gibt so viele kreative Leute in unseren Gemeinden.“ Früchte dieser Kreativität seien unter anderem neue Gottesdienstformen, diakonische Projekte wie Tafeln, die Arbeit mit Geflüchteten oder die Begegnung mit Menschen aus den Partnerkirchen der ELKB, die unter anderem bewirke, dass das Thema Klimawandel kein „gesichtsloses Phänomen“ mehr sei. Alle Zweifelnden forderte der Dekan zudem auf, auf die Mut-Projekte der ELKB zu schauen. „Da kann man sehen, was wächst“, sagte er.

Was über diese positiven Aspekte hinaus noch nötig und möglich wäre, um zu erreichen, dass Neues aufwächst, wollte anschließend Moderatorin Barbara Becker, CSU-Landtagsabgeordnete und ELKB-Synodale, von Mission EineWelt-Direktorin Gabriele Hoerschelmann und Anna-Nicole Heinrich, Präses der EKD-Synode, wissen. Das erste Stichwort war Klimawandel, verbunden mit der Frage, was die Kirche tun könnte, um CO2-neutral zu werden. „Ich glaube, wir müssen den Mut haben, das selbst in die Hand zu nehmen“, antwortete Heinrich und schlug die Gründung einer gemeinnützigen kirchlichen GmbH vor, die zentral den klimagerechten Umbau der Kirche forciert. „Wenn wir als Kirche es schaffen, bis 2030 klimaneutral zu werden, dann hätte niemand mehr ne Ausrede“, zeigte sich die Präses der EKD-Synode optimistisch.

Und was könnte die ELKB von Kirchen in anderen Teilen der Welt lernen? Gabriele Hoerschelmann erinnerte daran, dass es in Sachen Wachstumsstrategie auch „spannend“ sein könnte, „auf unsere Partnerkirchen zu schauen“. Eine stetig wachsende Kirche sei zum Beispiel die Evangelisch-Lutherische Kirche in Tansania (ELCT). Deren Erfolgsgeheimnis liege unter anderem in begeisternden Gottesdiensten mit mitreißender Musik und darin, „dass die Pfarrer*innen und Evangelist*innen die Menschen in ihren Gemeinden sehr gut kennen“, erklärte die Direktorin des Partnerschaftszentrums der ELKB. Interessant sei auch eine Initiative der Evangelisch-Lutherischen Kirche von Hongkong (ELCHK), die ebenfalls, wie die ELKB, mit Pfarrer*innenmangel zu kämpfen hat: „Jede Gemeinde ermutigt eine Person aus ihren Reihen, Theologie zu studieren und unterstützt diese Person während des Studiums finanziell.“

Auch in Sachen Klimawandel und anderer drängender globaler Probleme, die dringend gelöst werden müssen, sei die weltumspannende Gemeinschaft der Kirchen, wie sie sich unter anderem im Lutherischen Weltbund organisiert, eine sehr gute Möglichkeit, voneinander zu lernen, von den Erfahrungen von Menschen in anderen Ländern zu profitieren und „die Weltprobleme zusammen anzuschauen und zu bearbeiten“, betonte Gabriele Hoerschelmann. „Die christlichen Kirchen und Gemeinden wirken überall in die Welt hinein. Sie sind die sozialen Netzwerke und verbinden die Menschen.“

Gerade während der Zeiten der Corona-bedingten Lockdowns wurde noch einmal mehr klar, dass auch digitale Räume eine Chance sein können, Menschen zu erreichen. Die Kirche komme „zu wenig vor“ in der digitalen Welt, befand Anna-Nicole Heinrich. Dabei seien digitale Angebote für Menschen, die erst anfangen, sich dem christlichen Glauben zu nähern, „niedrigschwelliger“ als Angebote im analogen Raum. „Das ist eine gute Möglichkeit, sich ranzutasten.“ Zudem biete das Internet Gelegenheit, auf „physische Orte“ hinzuweisen. Weiter plädierte Heinrich für den Aufbau einer besseren digitalen Infrastruktur in der Kirche und für mehr Mut zur Kommunikation: „Wir müssen uns trauen, Menschen anzusprechen und einzuladen“. Das gelte für den digitalen ebenso wie für den analogen Raum und könne nicht nur Sache der Öffentlichkeitsarbeit oder von hauptamtlichen Mitarbeitenden sein.

Am Ende der Diskussion waren Ideen gefragt. „Wenn Sie beide die Möglichkeit hätten, in einer Gemeinde Neues wachsen zu lassen, was würden Sie tun?“, wollte Barbara Becker von Hoerschelmann und Heinrich wissen. „Mehr Experimentierfreude“, was die Musik im Gottesdienst angeht und „Kirche und Diakonie sehr eng zusammendenken“, brachte die Direktorin von Mission EineWelt ihre Vorschläge auf den Punkt. Gerade Diakonie sei „das Gesicht der Kirche“, führte Gabriele Hoerschelmann weiter aus. Sie würde an einer Gemeinde arbeiten, in der „Menschen sich gegenseitig helfen“ und in der wirksame Unterstützung beispielsweise für Menschen, die Familienangehörige pflegen, angeboten werde. Anna-Nicole Heinrich plädierte für die Einrichtung von Formaten, die „Menschen, die fest im Glauben stehen“, mit „jungen Menschen, die agnostisch sind“ zusammenbringen. Zudem müsste sich die Kirche vor Ort aus ihrer Sicht noch mehr „als Ehrenamtsbörse verstehen“. Denn in puncto ehrenamtliches Engagement sei die evangelische Kirche „eine Bank“.

Auch diese Diskussion zeigte: Ideen, den Schrumpfungsprozess der Kirche zu stoppen und umzukehren, sind da. Jetzt geht es an die Umsetzung.

Das Team der Ausstellung einBlick von Mission EineWelt hat eine Ausstellung zum Thema „Mission und Migration“ entwickelt, in der nicht die Historie gezeigt wird, sondern Menschen zu Wort kommen, die aktuell als „Missionar*innen“ unterwegs und also mittendrin im Thema sind. Und das sind nicht nur – ganz klassisch – Menschen, die aus dem Globalen Norden in den Globalen Süden ziehen, sondern auch solche, die aus dem Globalen Süden hierher kommen und in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (ELKB) arbeiten. Am 25. Mai wurde die Ausstellung „Mission und Migration im 21. Jahrhundert“ in den Räumen von Mission EineWelt feierlich eröffnet. Spätestens ab Anfang 2024 kann die Ausstellung ausgeliehen werden. Vorher ist sie bei Mission EineWelt zu sehen.

Die Ausstellung „Mission und Migration im 21. Jahrhundert“ stößt bei den Besucher*innen der Eröffnung auf intensives Interesse. Im Vordergrund Mission EineWelt-Direktor Hanns Hoerschelmann.

Die Ausstellung „Mission und Migration im 21. Jahrhundert“ stößt bei den Besucher*innen der Eröffnung auf intensives Interesse. Im Vordergrund Mission EineWelt-Direktor Hanns Hoerschelmann.

Die Ausstellung von Mission EineWelt, dem Zentrum für Partnerschaft, Entwicklung und Mission der ELKB, ist einer von 11 Beiträgen aus verschiedenen Blickwinkeln, die Museen aus Europa und den USA zur Reihe „Evangelische Migrationsgeschichte(n)“ entwickelt haben. Angestoßen und koordiniert wurde und wird die Kooperation vom Verbund Museen im evangelischen Raum.

Die Kern-Erkenntnis aus der Kooperation der beteiligten Museen und Ausstellungen fasste Thomas Greif, Leiter des Museums und Archivs der Rummelsberger Diakonie, bei der Ausstellungseröffnung in Neuendettelsau in einem Satz zusammen: „Das Thema Migration ist viel größer als das, was wir in unserer verengten Perspektive sehen.“

Bei Mission EineWelt gehört diese differenzierte und weit gefächerte Sicht auf Migration gewissermaßen zum Programm. Hanns Hoerschelmann, Direktor des Zentrums, spannte den Bogen von den ersten so genannten „Nothelfern“ Adam Ernst und Georg Burger, die 1842 von Wilhelm Löhe nach Nordamerika ausgesendet wurden, bis zu Kampagnen wie „Türen auf! Gottes Volk kennt keine Fremden“, mit der Mission EineWelt im Jahr 2015 dafür warb, „Migration und Flucht nicht als Gefahr zu sehen, sondern als Chance“, wie Hoerschelmann ausführte.

Die aktuelle Ausstellung widmet sich nun dem Phänomen Mission und Migration in der Gegenwart. Wichtig ist dabei zum einen, „dass Migration im Zusammenhang mit Mission freiwillig ist, im Gegensatz zu Migration wegen Vertreibung und Flucht“, betonte Janika Wehmann vom Team der Ausstellung einBlick. Ein weiterer signifikanter Faktor ist die Wechselseitigkeit der Bewegung: Missionar*innen gehen nicht mehr nur aus dem Globalen Norden in den Globalen Süden, sondern auch von dort in den Norden. Diese „Migration auf Zeit“ sei „zu einer mehrdimensionalen und weltumspannenden Bewegung geworden, bei der wir voneinander lernen und die uns verbindet“, erklärte Hanns Hoerschelmann.

In der Ausstellung von Mission EineWelt kommen Personen zu Wort, die aktuell noch in ihrer jeweiligen Mission unterwegs sind und sich mittendrin in der damit verbundenen Dynamik befinden. Im Zentrum stehen die Geschichten von 10 Menschen, die entweder aus anderen Ländern nach Deutschland gekommen sind, um hier in der Kirche mitzuarbeiten, oder eben solche, die von hier aus in die Partnerkirchen der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern entsendet wurden. Sie wurden im Vorfeld ausführlich zu ihrer jeweiligen missionarischen Migrationsgeschichte interviewt. Dabei wurden verschiedene übergeordnete Themen entdeckt, die im Leben der Befragten wichtig waren und sind: Heimat, Trauma, Resilienz, Third Culture Kid und eben Mission und Migration. Gestaltet ist die Ausstellung als Kombination von Aufstellern, die die Personen und ihre Lebenswege zeigen, und damit korrespondierenden Würfeln mit Informationen zu den übergeordneten Themen.

Zusätzlich zu den Einzel-Ausstellungen der beteiligten Organisationen gibt es zum Deutschen Evangelischen Kirchentag in Nürnberg eine gemeinsame Ausstellung im dortigen Fembo-Haus. Sie wird am 6. Juni 2023 um 18 Uhr feierlich eröffnet.

 

Informationen zur Ausstellung und Ausleihe:

ausstellung@mission-einewelt.de

Eine mobile Ausstellung zum Thema Flucht und Vertreibung kann per Mail an eineweltstation.nuernberg@mission-einewelt.de ausgeliehen werden.

Im Osten der Demokratischen Republik Kongo sind bisher mehr als 400 Menschen nach sintflutartigen Regenfällen tot geborgen worden. Partnerorganisationen der Diakonie Katastrophenhilfe bereiten Hilfsmaßnahmen in der betroffenen Provinz Süd-Kivu vor. „Der Bezirk Kalehe ist verwüstet und braucht dringend unsere Unterstützung“, berichtet Gilbert Masumbuko, Büroleiter der Diakonie Katastrophenhilfe in der DR Kongo

Foto: Diakonie Katastrophenhilfe/TPO

Foto: Diakonie Katastrophenhilfe/TPO

Hunderte Häuser in der Provinz Süd-Kivu sind in den vergangenen Tagen durch Überschwemmungen und Erdrutsche zerstört worden. Starkregen ließ zahlreiche Flüsse über ihre Ufer treten. „Es werden weiterhin mehr als 200 Menschen vermisst“, berichtet Masumbuko, der deshalb einen weiteren Anstieg der Todeszahlen befürchtet. Zudem sei die wichtige Verbindungsstraße zwischen Goma und Bukavu beschädigt und unpassierbar, was schnelle Hilfe erschwert. Dies berichtet auch Bischof Victor Bwanangela von der Evangelisch-Lutherischen Kirche im Kongo, Süd-Kivu Provinz.

Rund 100.000 Menschen in der Region sind schätzungsweise insgesamt betroffen, die lokalen Behörden und Kirchen haben um Hilfe gebeten. Die Diakonie Katastrophenhilfe koordiniert vor Ort zusammen mit drei nationalen Partnerorganisationen Hilfsmaßnahmen. „Wir werden uns darauf konzentrieren, den Menschen zügig Material wie Plastikplanen für provisorische Notunterkünfte zur Verfügung zu stellen und sie mit Nahrungsmitteln zu versorgen“, erklärt Masumbuko. Dafür hat das evangelische Hilfswerk 500.000 Euro zur Verfügung gestellt.

Der Osten der Demokratischen Republik Kongo ist zudem seit Jahren Schauplatz bewaffneter Auseinandersetzungen. Illegale Gruppen kontrollieren weite Teile der rohstoffreichen Region. Seit März 2022 wurden nach UN-Angaben 1,2 Millionen Menschen vertrieben. In den vergangenen Monaten drohte die Millionenstadt Goma in die Hände von Rebellen zu fallen. Rund um Goma haben sich die meisten Vertriebenen in provisorischen Camps niedergelassen. Ihre Lage ist prekär und die Regenfälle begünstigen den Ausbruch von Krankheiten wie Cholera. In dem besonders stark betroffenen Bezirk Kalehe leben schätzungsweise mehr als 100.000 Geflüchtete.

Das Diakonische Werk Bayern und Mission EineWelt bitten daher dringend um Spenden

 

Diakonisches Werk Bayern

Evangelische Bank

IBAN: DE72 5206 0410 0000 0998 80

BIC: GENODEF1EK

Stichwort: Nothilfe Kongo

Online unter: www.diakoniebayern.de

 

Mission EineWelt

Evangelische Bank eG

IBAN: DE12 5206 0410 0001 0111 11

BIC: GENODEF1EK1

Stichwort: Nothilfe Kongo

Online unter: www.mission-einewelt.de

 

Sonstige Fragen:

Fenja Lüders, Referentin

Tel.: 0911 9354 261, lueders@diakonie-bayern.de

Pfarrer Klaus Dotzer, Leitung Referat Afrika, Mission EineWelt

Tel.: 09874 91301, africa@mission-einewelt.de

Jubleth Mungure Foto: Geraldo Grützmann

Jubleth Mungure
Foto: Geraldo Grützmann

Am 14. Mai wurde Jubleth Mungure offiziell und feierlich in ihren Dienst als Pfarrerin in der Erlöserkirche Bamberg eingeführt. Sie ist fast direkt nach dem Abschluss ihres Theologiestudiums an der Tumaini University Makumira in Arusha/Tansania nach Bayern gekommen. Hier arbeitet die 32-Jährige je zur Hälfte als ökumenische Mitarbeiterin für Mission EineWelt und als Pfarrerin in der Erlöserkirche Bamberg. Im Interview erzählt sie, wie es dazu kam, dass ihre erste Pfarrstelle in Deutschland ist, und was ihr ihre Arbeit hier bedeutet.

 

Was war Deine Motivation, eine Stelle in Deutschland anzutreten? Wie ist das alles zustande gekommen?

In meinem letzten Studienjahr habe ich den Wunsch entwickelt, dass meine erste Stelle als Pfarrerin nicht zu nah an meinem Zuhause sein sollte. Ich denke, das ist besser für meinen Dienst. Dabei dachte ich aber erstmal nur an ein anderes Dekanat innerhalb unserer Diözese, der Meru-Diözese in Tansania. Ich habe zu Gott gebetet, dass ich eine Stelle im Nord-Dekanat bekomme. Kurz vor Ende meines Studiums wurde ich dann von der Diözese über die Stelle in Bamberg informiert. Ich hatte nur an ein anderes Dekanat gedacht, aber jetzt war klar: Ich muss ganz weit weg. Denn bei uns in Tansania sucht man sich nicht die Gemeinde aus. Die Diözese bestimmt, wohin man geht. Also habe ich gesagt: „Okay, ja, ich gehe nach Deutschland.“

 

Warum ist es Dir wichtig, dass die erste Stelle weg von Zuhause ist?

Am Anfang als Pfarrer oder Pfarrerin ist es schwer, alles, was in der Gemeinde vor sich geht, gleich zu verstehen. Wenn meine Familie sieht, dass ich Stress habe, macht sie sich viele Sorgen. Das möchte ich nicht. Außerdem ist es einfacher, sich auf ein neues Umfeld einzulassen und neue Sachen zu lernen, wenn nicht die Familie um einen ist. Man hat auch mehr Zeit zum Arbeiten und Lernen.

Einführung von Jubleth Mungure als Pfarrerin in der Erlöserkirche Bamberg Foto: Geraldo Grützmann

Einführung von Jubleth Mungure als Pfarrerin in der Erlöserkirche Bamberg
Foto: Geraldo Grützmann

 

Wie war es, als Du vor über einem Jahr hier in Bayern angekommen bist, hattest Du einen Kultur-Schock oder hast Du den immer noch?

Ich habe schon für die Uno in Arusha gearbeitet. Dort habe ich viele Sachen gelernt. Und ich war im Jahr 2018 auch schon einmal in Deutschland. Von daher war es nicht ganz neu für mich. Aber als ich mich hier in der Gemeinde eingearbeitet habe, habe ich schnell gemerkt, dass Hierarchie hier nicht so wichtig ist wie in Tansania.

 

Hast Du in der Erlöserkirche spezielle Aufgaben?

Nein, eigentlich mache ich alles, also Gottesdienst, Kindergottesdienst, verschiedene Gruppen wie Senioren- oder Frauenkreis und auch Taufen und Beerdigungen.

 

Was davon machst Du am liebsten?

Gottesdienste halten.

 

Siehst Du bei den Gottesdiensten Unterschiede zu denen in Tansania? – Und wenn ja, worin bestehen die?

Es gibt viele Gemeinsamkeiten. Die klassische Liturgie im normalen Gottesdienst ist fast genau wie in Tansania. Da fühle ich mich zuhause. Auch viele klassische Kirchenlieder wurden in Swahili übersetzt. Und es gibt inzwischen auch Lieder aus Tansania im deutschen Gesangbuch. Ein signifikanter Unterschied liegt in der Länge der Gottesdienste. Hier in Deutschland dauern sie 40 bis 60 Minuten, in Tansania zwei Stunden und auch mal länger – je nach Anlass. Zudem gibt es in Tansania, anders als in Deutschland, keine Kirchensteuer. Die Gemeinden finanzieren sich über die Kollekte.

 

Was sind Deine Ziele während Deiner Zeit in Bamberg? – Gibt es etwas, das Du besonders gerne umsetzen möchtest?

Möglichst viel zu lernen und möglichst viel von dem zu teilen, was ich aus Tansania mitbringe.

 

Hast Du diesbezüglich schon bestimmte Dinge oder Themen im Kopf?

Projekte mit Kindern gehören zu den Themen, die mir wichtig sind. In der ELCT (Evangelical Lutheran Church in Tanzania/Evangelisch-Lutherische Kirche in Tansania) gibt es zum Beispiel einmal im Jahr einen Kindertag. Da übernehmen dann zum Beispiel die Kindergottesdienst-Teams Liturgie und Predigt im Erwachsenen-Gottesdienst und die Kinder gehen nicht in den Kindergottesdienst, sondern bleiben dabei und bringen sich ein – mit Liedern, mit Theater, mit allem, was sie wollen. Hier in der Erlöserkirche habe ich schon die Kinderbibelwoche miterlebt, wo Kinder über mehrere Tage zusammenkommen, biblische Geschichten hören, etwas darüber lernen und das auch in verschiedenen Formen kreativ und künstlerisch bearbeiten. Und ich bin begeistert, wie viele Kinder in den Kindergottesdienst kommen. Auch der Gottesdienst für die Erwachsenen ist hier gut besucht. Das habe ich in anderen Gemeinden auch anders erlebt. Da kamen nicht so viele Leute in den Gottesdienst. Hier in der Erlöserkirche gibt es viele Angebote und die Leute kommen.

Ich freue mich, dass ich hier sein darf. Das ist für mich etwas Besonderes. Ich bekomme die Möglichkeit, Glauben in einem anderen Kontext zu erleben.

Wenn es um Personen geht, war Mission schon immer mit Migration verbunden. Darum und um das, was es bedeutet, die Heimat zu verlassen, in fremde Gegenden aufzubrechen und sich dort zurecht zu finden, dreht sich alles in der Ausstellung „Mission und Migration“, die am 25. Mai 2023 um 15 Uhr in den Räumen der Ausstellung einBlick bei Mission EineWelt eröffnet wird und ab Anfang 2024 ausgeliehen werden kann. Schirmherr der Ausstellung ist der bayerische evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm.

Das Thema der Ausstellung hat Mission EineWelt nicht exklusiv. Es geht zurück auf eine Initiative des Verbundes Museen im evangelischen Raum. Insgesamt 11 Museen aus Europa und den USA haben sich mit dem Thema befasst und jeweils eine Ausstellung kreiert. Dabei kommen auch inhaltlich verschiedene Blickwinkel zum Tragen und bestimmte Aspekte werden betont.

Für die Ausstellungsmacher*innen von Mission EineWelt war wichtig, nicht schwerpunktmäßig historisch zu arbeiten, sondern Personen zu Wort kommen zu lassen, die aktuell noch in ihrer jeweiligen Mission unterwegs sind und sich mittendrin in der damit verbundenen Dynamik befinden. Bei der Auswahl dieser Menschen wurde berücksichtigt, dass Missionsmigration in den letzten Jahrzehnten auch nicht mehr nur vom Globalen Norden in den Globalen Süden, sondern auch in der Gegenrichtung vom Globalen Süden in den Globalen Norden stattfindet. Wichtig sei aber auch, „dass Migration im Zusammenhang mit Mission freiwillig ist – im Gegensatz zu Migration wegen Vertreibung und Flucht“, betont Janika Wehmann vom Team der Ausstellung einBlick. Auch dieser Aspekt werde bearbeitet.

Den Kern der Ausstellung bilden die Geschichten von 10 Menschen, die entweder aus anderen Ländern nach Deutschland gekommen sind, um hier in der Kirche mitzuarbeiten, oder eben solche, die von hier aus in die Partnerkirchen der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern entsendet wurden. Sie wurden im Vorfeld ausführlich zu ihrer jeweiligen missionarischen Migrationsgeschichte interviewt. Dabei haben sich verschiedene übergeordnete Themen herauskristallisiert, die im Leben der Befragten wichtig waren und sind: Heimat, Trauma, Resilienz, Third Culture Kid sowie Mission und Migration. Gestaltet ist die Ausstellung als Kombination von Aufstellern, die die Personen und ihre Lebenswege zeigen, und damit korrespondierenden Würfeln mit Informationen zu den übergeordneten Themen.

Zur Eröffnung der Ausstellung sind alle Interessierten eingeladen. Mit dabei sein werden unter anderem die Direktor*innen von Mission EineWelt, Gabriele und Hanns Hoerschelmann, Thomas Greif, Leiter Museum und Archiv Rummelsberger Diakonie e.V., das Team der Ausstellung und möglichst viele der für die Ausstellung interviewten Personen.

Zusätzlich zu den Einzel-Ausstellungen der beteiligten Organisationen gibt es beim Deutschen Evangelischen Kirchentag in Nürnberg eine gemeinsame Ausstellung zum Thema Mission und Migration im dortigen Fembo-Haus. Sie wird am 6. Juni 2023 um 18 Uhr feierlich eröffnet.

Eine mobile Ausstellung zum Thema Flucht und Vertreibung kann per Mail an eineweltstation.nuernberg@mission-einewelt.de ausgeliehen werden.

Die MEW-Ausstellung „Mission und Migration im 21. Jahrhundert“ ist ab Anfang 2024 per Mail an ausstellung@mission-einewelt.de ausleihbar.

Im Februar 2020 kam Michael Volz zu Mission EineWelt. Er hatte mit seiner Familie viele Jahre in Malawi gelebt und gearbeitet und war deshalb genau der richtige Mann für die Begleitung der kirchlichen Partnerschaften mit Beziehungen nach Afrika. Er brachte ein hohes Maß an interkultureller Erfahrung mit und hatte verinnerlicht, dass die Welt nicht überall gleich funktioniert. An anderen Orten der Welt sind den Menschen ganz andere Dinge wichtig als uns hier in Bayern. Sie glauben auch anders an Gott.

Oft hatte ich den Eindruck, als ob sich Michael über unsere deutsch-analytische Glaubenspraxis gewundert hat. Seine Art der Beziehung zu Gott entsprach sicher viel mehr der der Menschen in Malawi. Er hat sich gefragt, warum wir nicht klarer und offener über unseren christlichen Glauben reden, hat gefragt, ob uns das unangenehm ist zu sagen, dass wir Christ*innen sind. Ich glaube, dass er Gott viel näher gespürt hat, als die meisten anderen von uns. Für ihn war völlig klar: Gott begleitet ihn im Leben. Gott lenkt und greift auch direkt ein, wenn es darauf ankommt. Seine Arbeit im Referat Begegnung Weltweit bei Mission EineWelt lag für ihn ganz klar auf dem Weg, den Gott für ihn ausgewählt hat.

Michael hatte sich sehr darauf gefreut, mit den vielen Partnerschaftsleuten zusammenzuarbeiten, die wie er ein Herz für die Geschwister in unseren afrikanischen Partnerkirchen haben. Leider machte ihm die Corona-Pandemie lange Zeit einen Strich durch die Rechnung. So musste er sich erst einmal damit begnügen, mit den Leuten zu telefonieren, ihnen E-Mails zu schreiben und mit ihnen am Bildschirm zu konferieren. Das hat ihn nicht glücklich gemacht. Das unmittelbare soziale Miteinander war ihm sehr wichtig. Zum Glück hat sich Corona so gewandelt, dass wir uns wieder frei bewegen und begegnen konnten. Michael war dadurch wie ausgewechselt. „Endlich kann ich die Arbeit machen, wegen der ich zu Mission EineWelt gekommen bin! Ich kann zu den Leuten hinfahren, und hin und wieder kann ich sogar Gäste aus Afrika zu ihnen mitnehmen.“

Michael hat bei uns eine sehr gute, engagierte Arbeit gemacht, und wir haben ihn als unseren Kollegen sehr geschätzt. Es war ihm wichtig, alles gründlich und richtig zu machen. Er hatte eine sehr freundliche, ruhige Art und war das Gegenteil von einem wortreichen Selbstdarsteller. Lieber hat er alles genau beobachtet. Stimmungen konnte er sehr gut einschätzen.

Im Herbst letzten Jahres zeichnete sich ab, dass für Michael eine große Herzoperation anstand. Davor hatte er Angst, so wie wir alle in dieser Situation Angst gehabt hätten. Gleichzeitig wusste er sich von Gott getragen. „Letztlich liegt es immer in Gottes Hand, wie auch immer das Ganze ausgehen wird“ – so hat er es oft gesagt.

Als Michael sich von uns verabschiedet hat, war uns schwer ums Herz. Natürlich hatten wir gehofft, dass alles gut ausgehen würde. Zunächst sah es auch so aus. Er hatte nach der OP schon wieder Kontakt mit uns. Aber dann kam alles doch noch ganz anders. Am 2. Mai 2023, drei Tage vor seinem 56. Geburtstag, ist Michael Volz gestorben.

Er wird uns sehr fehlen.

 

Manfred Kurth