Foto: Initiative lieferkettengesetz.de
Diverse Gespräche innerhalb der Ampel-Regierung waren erfolglos. Die FDP will weiterhin die Zustimmung zum Entwurf für ein EU-Lieferkettengesetz verweigern. Das teilten Bundesfinanzminister Christian Lindner und auch Bundesjustizminister Marco Buschmann, der selbst an dem Entwurf mitgearbeitet hatte, heute mit. In einem Brief an Wirtschaftsverbände schreiben die beiden Minister: „Im Rat der Europäischen Union hat dies eine Enthaltung Deutschlands zur Folge, die im Ergebnis wie eine ‚Nein‘-Stimme wirkt.“ Für alle, die ohnehin denken, die liberale Partei sei eine Klientelpartei für Wirtschaftsverbände, ist das Wasser auf die Mühlen.
Nachdem sich Kommission, Rat und Parlament der EU im Dezember letzten Jahres auf einen gemeinsamen Gesetzesentwurf für ein EU-Lieferkettengesetz geeinigt hatten, liefen Wirtschaftsverbände wie der Verband der Deutschen Industrie (BDI), die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) und der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH), Sturm dagegen. Mitte Januar fasste dann das FDP-Präsidium den Beschluss, den in fünf Verhandlungsrunden mühsam ausgehandelten Kompromiss der gesetzgebenden Organe der EU stoppen zu wollen. Und das, obwohl Marco Buschmann im Vorfeld an der Ausgestaltung des Entwurfs mitgearbeitet hatte.
Unerheblich scheint für die Liberalen auch, dass inzwischen viele große und mittlere Unternehmen von Aldi Süd, Amazon oder BMW über Ikea, Hapag-Lloyd und Maersk bis hin zu Tchibo und Vaude sich für das Gesetzesvorhaben aussprachen. Unwichtig scheint auch, dass deutsche Unternehmen umso weniger Wettbewerbsnachteile befürchten müssen, je größer der Geltungsbereich eines Lieferkettengesetzes ist und je mehr Unternehmen dadurch in die Pflicht genommen werden, entlang ihrer Lieferketten auf die Einhaltung von Menschenrechten und auf Umweltschutz zu achten.
Wenn sich Deutschland aufgrund des Votums der FDP bei der Abstimmung über das Gesetzesvorhaben enthalten würde, könnte, so befürchten es Beobachter*innen, der Domino-Effekt eintreten, dass auch andere EU-Staaten nicht zustimmen. „Für diejenigen Menschen in den Ländern des Globalen Südens, die unter krankmachenden und entwürdigenden Bedingungen arbeiten müssen, damit europäische Unternehmen ihre Gewinne maximieren können, wäre das eine katastrophale Nachricht“, sagt Jürgen Bergmann, Leiter des Referats Bildung Global bei Mission EineWelt.
Nicht nur die Hoffnungen der Initiative Lieferkettengesetz, an der sich 20 Trägerorganisationen und über 120 weitere Organisationen, darunter auch Mission EineWelt, beteiligen, ruhen jetzt darauf, dass Bundeskanzler Scholz qua Richtlinienkompetenz die Zustimmung zum Entwurf für ein EU.-Lieferkettengesetz durchdrückt. „Herr Scholz würde damit ein Stück weit den Weg ebnen für die Priorität der Einhaltung der Menschenrechte vor Gewinnstreben. Und er würde damit auch Vertrauen in die Handlungsfähigkeit der Politik im Sinne der Menschen zurückgewinnen“, wirbt Jürgen Bergmann für ein deutsches ‚Ja‘ zum EU-Lieferkettengesetz.
Weitere Infos: https://www.lieferkettengesetz.de