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Brasilianischer Bildungsreferent zu Gast in Franken

Emilio Voigt aus Brasilien und Hans Zeller, Lateinamerikareferent von Mission EineWelt, im Gespräch © MEW/Schlicker

Dr. Emilio Voigt, Referent für Bildung und Gemeindeaufbau im Kirchenkreis Vale de Itajaí der Evangelischen Kirche lutherischen Bekenntnisses in Brasilien (IECLB), besuchte vom 17. September bis 2. Oktober Mission EineWelt und weitere Einrichtungen der bayerischen Landeskirche.

Der Anlass für die Reise des Brasilianers war die Konferenz „Churches for Planet“ (Kirchen für den Planeten Erde) in Mailand, bei der Kirchen aus elf verschiedenen Ländern und Konfessionen zusammenkamen. Bei der Konferenz wurden die Herausforderungen des Klimawandels und die möglichen Reaktionen der Kirchen dazu diskutiert. Die Veranstaltung fand im Zusammenhang mit der EXPO 2015 statt, die unter dem Thema „Welternährung“ ebenfalls aktuell in Mailand zugegen ist.

Neben der Konferenz besuchte Dr. Emilio Voigt Einrichtungen der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, unter anderem das Centrum Mission EineWelt, um sich zu kirchlichem Umweltmanagement auszutauschen. Bereits 2012 fand hier diesbezüglich eine Begegnung mit Hans Zeller, dem Lateinamerikareferenten von Mission EineWelt, statt. In dessen Folge wurde ein ökumenischer Arbeitskreis zur Erstellung eines Programms „Grüner Gockel“ im brasilianischen Kontext gebildet.

Der „Grüne Gockel“ ist eine Umweltzertifizierung nach der europäischen EMAS-Verordnung (eco management and audit scheme). Diese wurde von der Evangelischen Kirche in Deutschland für Kirchengemeinden angepasst und deutschlandweit bereits in über 500 Kirchengemeinden und Einrichtungen, auch bei Mission EineWelt, eingeführt. Der „Grüne Gockel“ berücksichtigt kirchliche Rahmenbedingungen mit Hilfe von ehrenamtlichen kirchlichen Umweltauditoren sowie landeskirchlichen Geschäftsstellen zur Unterstützung der Gemeinden und Einrichtungen. Die Umweltzertifizierung ist ein Beitrag zu einer schöpfungsgerechteren Zukunft und ein Schritt zu einer Kirche mit Zukunft. Denn: Die Bewahrung der Schöpfung ist eine zentrale Aufgabe der Kirche. Umweltmanagement stellt einen systematischen Weg dar, dieser Verantwortung gerecht zu werden und Umwelthandeln in kirchlichen Strukturen und Arbeitsabläufen zu verankern.

Der Besuch des Brasilianers in Neuendettelsau diente der Abstimmung und Weiterarbeit im Rahmen des Arbeitskreises zur Erstellung eines solchen Umweltprogramms für die IECLB. Während seines Aufenthalts konnte Hans Zeller Emilio Voigt zu seiner Arbeit interviewen.

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H. Zeller: Dr. Emilio Voigt, Sie sind Bildungsreferent in dem Kirchenkreis Vale de Itajaí. Wie schaut Ihr Arbeitsalltag aus?

E. Voigt: Wir bieten Kurse zu Themen aus dem Alten und Neuen Testament, Trauer- und Sterbebegleitung, zur lutherischen Identität, für die Kirchenvorstandsarbeit und für die missionarische Planung in den Kirchengemeinden an. Für diese Kurse werde ich als Referent angefragt und gestalte die Inhalte.

H. Zeller: Und was hat Sie nun zu dem ökologischen Thema gebracht?

E. Voigt: 2011 war das Jahresthema der brasilianischen Kirche „Die Bewahrung der Schöpfung!“ Im Jahr 2012 gab es eine Begegnung mit Hans Zeller und in der Folge haben wir einen ökumenischen Arbeitskreis zur Erstellung eines Programms „Grüner Gockel“ im brasilianischen Kontext mit der Unterstützung des Umweltreferenten Dr. Wolfgang Schürger gebildet.

H. Zeller: Was sind die Aktivitäten des Arbeitskreises?

E. Voigt: In den Kirchengemeinden arbeiten wir theologisch zu dem Thema, um ein biblische Grundlage zu haben. Im Anschluss schauen wir uns die Umweltprobleme in Brasilien in den Bereichen der Energie, Wasser und Abfalltrennung an. Daraus ergibt sich ein Konzept für Aktivitäten in der Kirchengemeinde. Das Programm eröffnet Möglichkeiten, damit die speziellen Eigenheiten, in der jede Kirchengemeinde lebt, auch berücksichtigt werden können.

H. Zeller: Durch Ihre Bildungsarbeit kommen Sie mit vielen Kirchengemeinden zusammen. Was sind momentan die Themen in Ihrer Synode?

E. Voigt: In Brasilien stehen wir vor großen Herausforderungen im Bereich der Ökologie. Zum Glück gibt es eine lebendige Jugendarbeit in der Kirche, die für die ökologischen Themen sehr offen ist. Darüber hinaus beschäftigt uns sehr, dass die Evangelische Kirche in Brasilien (IECLB) nicht wächst. Die Mitgliederzahl nimmt nicht ab, aber wächst auch nicht. Die Ursachen sehen wir darin, dass unsere Städte immer größer werden und wir suchen deshalb nach Konzepten für die kirchliche Arbeit in den Städten.

H. Zeller: Haben Sie schon Ideen, mit denen Sie dieser Herausforderung begegnen wollen?

E. Voigt: In der Vergangenheit haben wir die Situation analysiert. Wir wissen, dass wir etwas tun müssen, aber wir haben keine fertigen Antworten. Es betrifft sowohl den Kirchenaufbau als auch die Durchführung der verschiedenen Arbeitsfelder.

Ein Teilbereich, der uns im Moment sehr stark beschäftigt, ist die Kommunikation. Es stellt sich auf der einen Seite die Frage, welche Medien benutzen wir für die Verkündigung des Evangeliums und für die Information über unsere Arbeit als Kirche. Andererseits sehen wir, dass sich die Gesellschaft gewandelt hat. Die brasilianische Gesellschaft ist keine Gesellschaft des Wortes, sondern der Bilder. Das heißt: Die Botschaft der Bilder scheint stärker zu sein als das gesprochene oder geschriebene Wort. Genau an dieser Stelle müssen wir uns als Kirche des Wortes der großen Herausforderung stellen, einerseits die Identität zu behalten und andererseits diese neue Sprache zu benutzen. Viele soziologische Untersuchungen weisen auf das Phänomen hin, dass wir einen Wandel in der Kommunikation haben und von dem geschriebenen Wort weg zur Bildersprache kommen.

Dafür gibt es auch ein Beispiel in Europa, das aber die ganze Welt bewegt hat. Es handelt sich um den kleinen syrischen Jungen, der tot am Strand des Mittelmeeres aufgefunden wurde. Alle Kommentare zu dem Flüchtlingsproblem haben nicht die Wirkung gehabt, wie dieses Bild, das in Zeitungen und in den sozialen Netzwerken auf der ganzen Welt gezeigt wurde. Als Kirche nehmen wir dieses Phänomen wahr und wollen darauf reagieren, indem wir die Verkündigung des Evangeliums nicht nur im Gottesdienst, sondern in den verschiedensten Gruppen und sozialen Netzwerken beheimatet sehen.

H. Zeller: Sie waren während Ihres Aufenthalts in Bayern in Kirchengemeinden, Schulen und Gruppen unterwegs. Welcher Eindruck ist bei Ihnen davon geblieben?

E. Voigt: Ich habe in Bayern sehr interessierte Menschen angetroffen und fühlte mich als Vertreter der Partnerkirche der Evang.-Luth. Kirche in Bayern hervorragend aufgenommen.

H. Zeller: Was sind Ihre Wünsche für die Partnerschaft zwischen den beiden Kirchen?

E. Voigt: Durch den Glauben sind wir verbunden. Interessant finde ich, dass wir in verschiedenen Themen kooperieren können. In diesem Zusammenhang ist für uns sehr wichtig, dass wir zu dem Thema „Grüner Gockel“ auch weiterhin zusammenarbeiten.

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Dr. Emilio Voigt promovierte von 1999 bis 2004 an der Augustana-Hochschule in Neuendettelsau und absolvierte anschließend die Ausbildung als Experte für neue Lerntechnologien.