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Drama um EU-Lieferkettengesetz – bayerische Eine Welt-Gruppen fordern Richtlinienkompetenz des Kanzlers ein

Das Eine Welt Netzwerk Bayern, der bayerische Dachverband der „Eine Welt-Akteure“ und zugleich aktueller Träger des „Europapreises“ der SPD-Landtagsfraktion, beobachtet das anhal­tende Drama um das „EU-Lieferkettengesetz“ (Corporate Sustainability Due Diligence Directive, CSDDD) mit Entsetzen. In den nächsten Tagen wird eine Aussprache im Ausschuss der Ständigen Vertreter in Brüssel des EU-Ministerrats (COREPER) erwartet. Die belgische EU-Rats­präsi­dent­schaft hält trotz Widerstand vor allem aus der deutschen FDP am Gesetzesvorhaben fest.

Nach jahrelangen Verhandlungen wurde auf europäischer Ebene ein Kompromiss gefunden, wie Menschenrechte und Umweltstandards entlang globaler Lieferketten geschützt werden können. Obwohl auch die FDP maßgeblich an den Verhandlungen zum EU-Lieferkettengesetz beteiligt war, hat sie darauf gedrungen, dass sich die Bundesregierung zum wiederholten Mal nach einem schon von Europäischem Parlament, Rat und Kommission gefundenen Konsens dennoch enthalten musste. Zudem haben sich die FDP-Bundesminister Marco Buschmann und Christian Lindner – am in der Bundesregierung federführenden Arbeitsministerium vorbei und gegen alle Gepflogenheiten verstoßend – Anfang Februar 2024 an andere EU-Mitglieder gewandt und für eine Ablehnung des bereits gefundenen Kompromisses geworben. Zugleich erwarten Eine Welt- und Umwelt­gruppen von der Bundesregierung ein klares Bekenntnis zum Schutz von Menschen­rechten und Umwelt­standards entlang der globalen Lieferkette. Inzwischen haben sich auch viele deutsche Unterneh­men für ein solches EU-Lieferkettengesetz ausgesprochen, da sie unter anderem eine Gleichbehandlung aller Unternehmen auf europäischer Ebene einfordern.

Dazu Alexander Fonari, Vorstand im Eine Welt Netzwerk Bayern e.V.: „Menschenrechte sind nicht verhandelbar. Menschenrechte sind auch nicht abhängig von einer Wirtschaftskonjunktur. Die Einhaltung der Menschenrechte in der globalen Lieferkette darf nicht als Belastung von Unterneh­men verstanden werden. Die FDP macht die Bundesregierung lächerlich. Bundeskanzler Scholz kann sich nicht länger von der FDP an der Nase herumführen lassen und muss jetzt von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch machen.“

Mit Blick auf ein eventuelles Scheitern des EU-Lieferkettengesetzes ergänzt Jürgen Berg­mann, Leiter des Referats Bildung Global bei Mission EineWelt und ebenfalls Vorstand im Eine Welt Netzwerk Bayern e.V.: „Für diejenigen Menschen in den Ländern des Globalen Südens, die unter krankmachenden und entwürdigenden Bedingungen arbeiten müssen, damit europäische Unternehmen ihre Gewinne maximieren können, wäre das eine katastrophale Nachricht.“

 

Hintergrund

Als entwicklungspolitischer Dachverband setzt sich das Eine Welt Netzwerk Bayern im Rahmen der bundesweiten Initiative Lieferkettengesetz (https://lieferkettengesetz.de) gemeinsam mit zahlreichen Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen seit Jahren für ein starkes „EU-Lieferkettengesetz“ ein. Einen Faktencheck zu den Einwänden der FDP gegen das EU-Lieferkettengesetz gibt es hier:  https://lieferkettengesetz.de/2024/02/13/fdp-luegen-entlarven-lieferkettengesetz-zustimmen/

Die deutsche Bundesregierung war maßgeblich an den Verhandlungen zur „Corporate Sustaina­bility Due Diligence Directive“ beteiligt. Nach Zustimmung von Parlament, Rat und Kommission konnte der Trilog, die finale Verhandlung zum Gesetzestext, Mitte Dezember 2023 erfolgreich abgeschlossen werden. Weitere Zustimmungen gelten in der EU dann als Formalie. Im Januar 2024 folgte die Kehrtwende der FDP mit dem Aufruf, die Zustimmung zum Gesetz zu verweigern.

 

Alexander Fonari/Eine Welt Netzwerk Bayern