Schulden legen Menschenrechte in Ketten

Aktion in der Straße der Menschenrechte in Nürnberg – Diskussion mit dem Schuldenexperten Hebron Mwakagenda aus Tansania

Im Jahr 1999 wurden beim G8-Gipfel in Köln Schuldenerlasse für die ärmsten Länder der Welt beschlossen. Anlässlich des 15. Jahrestages dieser Entschuldungsinitiative wird Schuldenexperte Hebron Mwakagenda, Direktor der Tanzanian Coalition on Debt and Development (Tansanisches Entschuldungsnetzwerk), zu Gast bei der Mitträgerversammlung des bundesweiten Entschuldungsbündnisses erlassjahr.de vom 31.10. – 1.11.14 in Nürnberg (Caritas-Pirckheimer-Haus, Königstraße 64) sein.

Mwakagenda wird dort zum Thema „Kommt die Entschuldung bei denen an, denen sie nützen soll?“ zusammen mit Dr. Jürgen Zattler vom Entwicklungsministerium (BMZ) im Rahmen eines öffentlichen Studientags am Freitag, 31. Oktober ab 14.00 Uhr diskutieren (siehe dazu weitere Infos unten).

Hintergrund der Diskussion ist eine historische Entscheidung der UN-Generalversammlung im September 2014. Mit 124 gegen 11 Stimmen bei 41 Enthaltungen hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen eine von den Entwicklungsländern (G77 und China) eingebrachte Resolution angenommen, die die Schaffung eines Staateninsolvenzverfahrens fordert. Deutschland stimmte gegen die Resolution, obwohl die Vorgängerregierungen sich 15 Jahre lang für ein entsprechendes Verfahren einsetzten.

Zuvor werden von 12.00 -12.30 Uhr Entschuldungsaktivistinnen und -aktivisten in einer öffentlichkeitswirksamen Aktion eine große Schulden-Kette um eine Säule in der Nürnberger Straße der Menschenrechte legen. Dies ist Zeichen dafür, dass die Menschenrechte durch eine hohe Auslandsverschuldung in vielen Entwicklungsländern geknechtet und eingeschränkt werden. Die Bundesregierung wird aufgefordert sich für ein faires Insolvenzverfahren für arme hochverschuldete Staaten einzusetzen. Dazu wird Kristina Rehbein vom erlassjahr.de-Büro sprechen.

Wir laden Sie herzlich zur Berichterstattung über die Schuldenketten-Aktion und den Studientag ein. Schuldenexperte Hebron Mwakagenda aus Tansania steht auch zu Interviews zur Verfügung am Freitag, 31.10.14 ca. 12.45 – 13.45 Uhr. Wir bitten um Anmeldung!

Weitere Informationen unter www.erlassjahr.de oder bei:

Gisela Voltz,
Regionalkoordinatorin Nordbayern von erlassjahr.de

Tel. 0911 36672-0
E-Mail:

 

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Infos zum Studientag mit Hebron Mwakagenda

Vor 15 Jahren, im Juni 1999, beschlossen die G8-Staaten die Ausweitung der Schuldenerlass-Initiative HIPC zur Entschuldung der hoch verschuldeten, ärmsten Länder. Damit ergab sich auch für das damals hoch verschuldete Tansania erstmals die Möglichkeit eines umfassenden Schuldenerlasses. Die Entschuldung der ärmsten Länder wurde von der Erlassjahr2000-Kampagne und der weltweiten Entschuldungsbewegung als ein, wenngleich später Schritt in die richtige Richtung begrüßt. Gleichzeitig wurden zahlreiche Schwächen des Verfahrens wie ein umständlicher und mit allzu vielen Konditionen verknüpfter, zudem unzureichender Schuldenerlass kritisiert.

Erst 2005 führte die fast vollständige Streichung aller Schulden bei Weltbank, IWF und Afrikanischer Entwicklungsbank unter der Folge-Initiative MDRI dazu, dass die betroffenen Länder tatsächlich „neu anfangen“ konnten.

Gleichzeitig wurde von anderer Seite kritisiert, dass die Entschuldung letztlich nur diejenigen belohne, die schlecht gewirtschaftet hätten: Korrupten Herrschern würden es die Schuldenerlasse zu Lasten der Steuerzahler im Norden nun ersparen, die Folgen ihrer Misswirtschaft zu tragen.

Beim Studientag fragen wir einen, der es wissen muss, welche Sicht die realistischere ist: Hebron Mwakagenda ist Direktor des Tansanischen Entschuldungsnetzwerks TCDD (Tanzanian Coalition on Debt and Development). TCDD war eines der engagiertesten Partnernetzwerke der damaligen Erlaßjahr2000-Kampagne. Gemeinhin gilt Tansania als eine der „Erfolgsgeschichten“ der HIPC/MDRI-Initiativen. Aber hält dieser Eindruck auch einer näheren Betrachtung stand? Welche Folgen hat das für die künftige deutsche Politik gegenüber den ärmsten Ländern? Und ist Tansania nach der Entschuldung womöglich schon auf dem Weg in die nächste Krise?

Zu den letztgenannten Fragen haben wir Jürgen Zattler eingeladen, der als Unterabteilungsleiter im Entwicklungsministerium (BMZ) seit vielen Jahren die Politik der verschiedenen Bundesregierungen gegenüber den verschuldeten Ländern umsetzt.

Der Studientag bietet nach zwei Einstiegsvorträgen der beiden Referenten die Möglichkeit zu Rückfragen und ausführlicher Diskussion über die Entwicklung in Tansania und in den afrikanischen HIPCs im Allgemeinen sowie zur Entschuldungspolitik der schwarz-roten Bundesregierung.