Migration gibt es schon lange, eigentlich schon seit Menschengedenken. Aber zumindest heutzutage ist sie ein Aufreger-Thema, nicht selten verklebt mit Vorbehalten und Ängsten. Diese negative Sicht ist
möglicherweise auch einer verengten zeitlichen Perspektive geschuldet. Das ist eine Erkenntnis, die in der Ausstellung „Evangelische Migrationsgeschichte(n)“ transportiert wird, die am 6. Juni im Nürnberger Fembohaus mit vielen, auch prominenten, Gästen eröffnet wurde. Sie zeigt die Migrationsgeschichten von 22 evangelischen Menschen aus den vergangenen fünf Jahrhunderten und repräsentiert eine Art Quintessenz der Kooperation von 12 Bildungsinstitutionen und Museen in Europa und den USA, die jeweils auch eigene Ausstellungen zum Thema anbieten. Teil dieser Zusammenarbeit ist auch die Ausstellung „Mission und Migration im 21. Jahrhundert“ des Teams der Ausstellung einBlick von Mission EineWelt.
Aus den gezeigten Migrationsgeschichten wird – wie aus vielen anderen auch – deutlich: Spätestens jenseits allzu kurzfristiger Betrachtung hat sich Migration als wunderbare Chance für alle Beteiligten erwiesen. Evelyn Reitz, Leiterin der Abteilung Kulturhistorische Museen der Museen der Stadt Nürnberg präsentierte in ihrer Eröffnungsrede gleich ein Beispiel: Erbauer des Fembohauses war ein Migrant. Der protestantische Tuchhändler Philipp van Oyrl flüchtete 1585 aus seine Heimatstadt Antwerpen, nachdem diese von katholischen spanischen Truppen erobert worden war, nach Nürnberg.
Auch die Nürnberger Bürgermeisterin Julia Lehner (CSU) betonte: „Wir vergessen allzu oft, dass Migration vor allem auch eine Chance ist.“ Bei allen Schwierigkeiten biete Migration unter anderem die Möglichkeit zur Horizonterweiterung, zum Einblick in andere Lebensformen und dazu, „gemeinsam Neues zu schöpfen“. Lehner erinnerte auch an den Kirchentag in Nürnberg von 1979. „Dort“, sagte sie, „habe ich eine Willkommenskultur erlebt, die für mich Maßstab geworden ist: Jede, jeder soll sich willkommen fühlen.“
Thomas Greif, Leiter des Museums und Archivs der Rummelsberger Diakonie und federführend in der Kooperation, bezog sich zusammenfassend auf einen Gedanken des Schirmherrn der Ausstellung, Heinrich Bedford-Strohm, Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern. Demnach, so Greif, zeige das Ausstellungsprojekt, dass „Migration kein Phänomen unserer Zeit“ sei, sondern „zeitlos unser Menschsein“ präge. Für Greif persönlich sind Migration und Weltoffenheit nicht nur eine Chance, sondern auch ein Pfand auf eine gute Zukunft: „Wenn wir nicht untergehen wollen in dieser verrückten Welt, müssen wir Europäer zusammen nach vorne schauen und nicht den Populisten zurück in die Sackgasse der Nationalstaaten folgen.“
In Zeiten, in denen Europa sich anschickt, sich mehr und mehr nach außen abzuschotten und auf Abschreckung von Migrant*innen zu setzen, sind die Evangelischen Migrationsgeschichten ein wichtiges Signal – dafür, dass wir mit Abschottung gegen Menschen aus anderen Ländern eine wichtige Chance verpassen. Zu unseren eigenen Lasten.
Mehr Infos zur Ausstellungskooperation: https://evangelische-migrationsgeschichten.com