Migration gibt es schon lange, eigentlich schon seit Menschengedenken. Aber zumindest heutzutage ist sie ein Aufreger-Thema, nicht selten verklebt mit Vorbehalten und Ängsten. Diese negative Sicht ist

Sara Neidhardt, Geraldo Grützmann und seine Frau Rose bei der Eröffnung der Migrationsausstellung im Fembohaus

Sara Neidhardt, Geraldo Grützmann und seine Frau Rose bei der Eröffnung der Migrationsausstellung im Fembohaus

möglicherweise auch einer verengten zeitlichen Perspektive geschuldet. Das ist eine Erkenntnis, die in der Ausstellung „Evangelische Migrationsgeschichte(n)“ transportiert wird, die am 6. Juni im Nürnberger Fembohaus mit vielen, auch prominenten, Gästen eröffnet wurde. Sie zeigt die Migrationsgeschichten von 22 evangelischen Menschen aus den vergangenen fünf Jahrhunderten und repräsentiert eine Art Quintessenz der Kooperation von 12 Bildungsinstitutionen und Museen in Europa und den USA, die jeweils auch eigene Ausstellungen zum Thema anbieten. Teil dieser Zusammenarbeit ist auch die Ausstellung „Mission und Migration im 21. Jahrhundert“ des Teams der Ausstellung einBlick von Mission EineWelt.

Evelyn Reitz, Mussen der Stadt Nürnberg

Evelyn Reitz, Mussen der Stadt Nürnberg

Aus den gezeigten Migrationsgeschichten wird – wie aus vielen anderen auch – deutlich: Spätestens jenseits allzu kurzfristiger Betrachtung hat sich Migration als wunderbare Chance für alle Beteiligten erwiesen. Evelyn Reitz, Leiterin der Abteilung Kulturhistorische Museen der Museen der Stadt Nürnberg präsentierte in ihrer Eröffnungsrede gleich ein Beispiel: Erbauer des Fembohauses war ein Migrant. Der protestantische Tuchhändler Philipp van Oyrl flüchtete 1585 aus seine Heimatstadt Antwerpen, nachdem diese von katholischen spanischen Truppen erobert worden war, nach Nürnberg.

Mit Kirchentagsschal: Julia Lehner (CSU), Bürgermeisterin der Stadt Nürnberg

Mit Kirchentagsschal: Julia Lehner (CSU), Bürgermeisterin der Stadt Nürnberg

Auch die Nürnberger Bürgermeisterin Julia Lehner (CSU) betonte: „Wir vergessen allzu oft, dass Migration vor allem auch eine Chance ist.“ Bei allen Schwierigkeiten biete Migration unter anderem die Möglichkeit zur Horizonterweiterung, zum Einblick in andere Lebensformen und dazu, „gemeinsam Neues zu schöpfen“. Lehner erinnerte auch an den Kirchentag in Nürnberg von 1979. „Dort“, sagte sie, „habe ich eine Willkommenskultur erlebt, die für mich Maßstab geworden ist: Jede, jeder soll sich willkommen fühlen.“

Thomas Greif, Leiter des Museums und Archivs der Rummelsberger Diakonie

Thomas Greif, Leiter des Museums und Archivs der Rummelsberger Diakonie

Thomas Greif, Leiter des Museums und Archivs der Rummelsberger Diakonie und federführend in der Kooperation, bezog sich zusammenfassend auf einen Gedanken des Schirmherrn der Ausstellung, Heinrich Bedford-Strohm, Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern. Demnach, so Greif, zeige das Ausstellungsprojekt, dass „Migration kein Phänomen unserer Zeit“ sei, sondern „zeitlos unser Menschsein“ präge. Für Greif persönlich sind Migration und Weltoffenheit nicht nur eine Chance, sondern auch ein Pfand auf eine gute Zukunft: „Wenn wir nicht untergehen wollen in dieser verrückten Welt, müssen wir Europäer zusammen nach vorne schauen und nicht den Populisten zurück in die Sackgasse der Nationalstaaten folgen.“

In Zeiten, in denen Europa sich anschickt, sich mehr und mehr nach außen abzuschotten und auf Abschreckung von Migrant*innen zu setzen, sind die Evangelischen Migrationsgeschichten ein wichtiges Signal – dafür, dass wir mit Abschottung gegen Menschen aus anderen Ländern eine wichtige Chance verpassen. Zu unseren eigenen Lasten.

Mehr Infos zur Ausstellungskooperation: https://evangelische-migrationsgeschichten.com

Jede Menge Potenzial – leider ungenutzt. Was sich liest wie die inzwischen zum Klischee verstaubte Werbung einer obskuren Sekte oder die zerknirscht-beflissene Einstiegsbeichte eines Workshops für sensoren-behangene Selbstoptimierer*innen, ist in diesem Fall die plakative Zusammenfassung einer nüchternen Bestandsaufnahme zur Entwicklung eines Landes. Es geht um Papua-Neuguinea, und die Bestandsaufnahme kommt von Bonnie Keoka, Leiter des Lutheran Development Service (LDS) der Evangelisch-Lutherischen Kirche von Papua-Neuguinea (ELC-PNG). Keoka arbeitet seit 1996 beim LDS, seit 2012 ist er Chef der Abteilung, die zu den Sozialen Diensten der ELC-PNG gehört. Er weiß also, wovon er spricht. Am Abend des 5. Juni kommen etwa 50 Menschen zu Mission EineWelt in den Otto-Kuhr-Saal. Viele haben in Papua-Neuguinea gearbeitet und sind dem Land, der ELC-PNG und vor allem den Menschen dort tief verbunden. Vieles von dem, was Keoka sagt, ist ihnen nicht neu.

Bonnie Keoka spricht bei Mission EineWelt über den Lutherischen Entwicklungsdienst (LDS) der ELC-PNG

Bonnie Keoka spricht bei Mission EineWelt über den Lutherischen Entwicklungsdienst (LDS) der ELC-PNG

Der graduierte Tropenlandwirt spricht von der riesigen Bio-Diversität in seinem Land, von üppigen Regenwäldern, von reichlich vorhandenem Wasser, vom Potenzial des Sonnenlichts. „Wir besitzen genügend Naturressourcen, um uns zu helfen, aber wir sind nach wie vor ein Entwicklungsland“, fasst er zusammen. Es ist ein Widerspruch in Gestalt nach wie vor ungelöster grundlegender Probleme. Keoka zählt sie auf, eines nach dem anderen: zu wenig Verkehrsverbindungen, keine flächendeckende Wasserversorgung, schlechte Energieversorgung, lückenhafte und unzuverlässige Telekommunikation, kaum Zugang zu Bildung und Wissen, schlechte Gesundheitsversorgung. Kurzum: fehlende oder mangelhafte Infrastruktur in vielen grundlegenden Bereichen. Dazu, so Keoka weiter, kämen Probleme wie Covid 19, Aids und der Klimawandel, der für viele Menschen in Papua-Neuguinea, insbesondere auf den kleinen Inseln vor dem Festland, längst existenzbedrohend ist.

Das alles führt, so erklärt es der kirchliche Berater, zu einem steilen Stadt-Land-Gefälle. In der Stadt gibt es vieles, auf dem Land mangelt es an fast allem. „Die ländliche Bevölkerung ist marginalisiert“, fasst Keoka zusammen. Bei einem Anteil der Landbevölkerung von etwa 80 Prozent an der Gesamteinwohner*innenzahl heißt das: Die überwiegende Mehrheit der Menschen in Papua-Neuguinea ist, wie man es hierzulande formulieren würde, „abgehängt“. Dazu komme noch, dass staatliche Fördergelder für ländliche Regionen, nicht oder nicht in voller Höhe bei den eigentlichen Adressat*innen landen. Das, so Keoka, stärke nicht unbedingt das Vertrauen der Bevölkerung in den Staat und seine Initiativen.

„Vertrauen“ ist ab diesem Punkt eines der am häufigsten fallenden Wörter des Abends. Damit der Staat das bekomme, seien Transparenz und Good Governance erforderlich. Aber eben auch das Vertrauen der Menschen untereinander, erklärt Bonnie Keoka. Und vielleicht auch Vertrauen in die eigenen Möglichkeiten und Fähigkeiten? – Jedenfalls ist es einer der Punkte, an denen die Arbeit des LDS mit der Landbevölkerung ansetzt. Das Vertrauen innerhalb familiärer und verwandtschaftlicher Bezüge sei die grundlegende Basis für mehr, meint Keoka. Und das entstehe vor allem durch Teilhabe. Der LDS will, dass Menschen in ländlichen Gebieten über ihre Rechte Bescheid wissen und diese wahrnehmen können. Ein anderes großes Ziel ist der Zugang zu Bildung und Technologie. Zuvorderst geht es um Anbaumethoden und Wasserversorgung. Daraus ergeben sich wie von selbst die Basis-Strategien des LDS-Entwicklungsprogramms: Fußend auf verbesserten Anbaumethoden, sollen Vorratshaltung und die Erwirtschaftung von Gewinnen aus dem Verkauf sogenannter „Cash Crops“ wie beispielsweise Kaffeebohnen erlernt und gefördert werden. Zudem geht es um den Aufbau von gemeinschaftlicher Wasserversorgung mit Speicherkapazitäten und mit Solarenergie-gespeisten Pumpen. Ein weiterer zentraler Punkt ist die Verbesserung des Zugangs zu Bildung und Gesundheitsversorgung.

Kinim Siloi, Referent für Kirchenpartnerschaften und Ökumene der ELC-PNG, sapricht mit einem Zuhörer

Kinim Siloi, Referent für Kirchenpartnerschaften und Ökumene der ELC-PNG, im Gespräch mit einem Zuhörer

Das klingt einleuchtend. Eine große Herausforderung, daraus macht Bonnie Keoka keinen Hehl, liegt weiterhin in der wirksamen Umsetzung der Strategien. Es brauche, betont er nochmals, Vertrauen. Der ebenfalls anwesende Referent für Ökumene und Kirchenpartnerschaften der ELC-PNG, Kinim Siloi, ergänzt: „Die Menschen müssen sich Dinge zu eigen machen, damit sie funktionieren.“

Es scheint, in Papua-Neuguinea seien Beharrlichkeit und Durchhaltevermögen das Gebot von weit mehr als der sprichwörtlichen Stunde.

 

 

Bonnie Keoka ist im Rahmen des Evangelischen Kirchentags zu Gast bei Mission EineWelt und kann von 24.Juni bis 2. Juli 2023 von bayerischen Kirchengemeinden für Vorträge und Diskussionen eingeladen werden.

Weitere Infos: https://mission-einewelt.de/events/unser-gast-bonnie-keoka-aus-papua-neuguinea/

„Feminismus in Ostasien“ war am Wochenende bei der Tagung der Deutschen Ostasienmission (DOAM) in den Räumen von Mission EineWelt angesagt: Interessierte und vier Rednerinnen aus Hong Kong, Taiwan, Japan und Südkorea gaben einen vielseitigen Einblick.

Das Thema „Feminismus“ ist hochaktuell und zum Teil politisch brisant, beispielsweise in Südkorea aufgrund einer Regierung, die frauenfeindliche Ressentiments in politischen Kampagnen gezielt eingesetzt hatte, um Wählerstimmen zu gewinnen. Lernen ließ sich auch: Spiritualität war etwa in Hongkong ein wichtiger Motor überzeugten Handelns, wenngleich die oft konservative Rolle von Kirchen beispielsweise in Taiwan ins Auge fällt. Der Fall Japan bot Anlass über die Rolle von Kirchen als Plattform für Gerechtigkeitsthemen aus Frauenperspektive nachzudenken.

Themen wie Intersektionalität, Solidarität und Vulnerabilität zogen sich durch die gesamte Veranstaltung, die selbst ein „safe space“ bot, um miteinander ins Gespräch zu kommen.

So wurde es möglich, das eigene Verständnis von Feminismus zu vertiefen und zu hinterfragen, vor allem aber eine Gemeinschaft zu leben, in der nicht das „stärker“ oder „schwächer“ sein im Vordergrund steht, sondern das Miteinander.

Schulamit Kriener

„Neues wächst auf“, lautete das Motto des diesjährigen Bayerischen Kirchentags auf dem Hesselberg. Eine Diskussionsrunde mit Anna-Nicole Heinrich, Präses der EKD-Synode, und Mission EineWelt-Direktorin Gabriele Hoerschelmann beschäftigte sich am Nachmittag mit der Frage, was denn Strategien für die Umkehrung des Schrumpfungsprozesses der evangelischen Kirche sein könnten.

Kann die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern nur noch schrumpfen? – Der Wassertrüdinger Dekan Hermann Rummel bemühte sich in seinem Einleitungs-Statement um Einordnung des fortgesetzten Verlustes von Kirchenmitgliedern in eine hoffnungsfrohe Perspektive auf die Zukunft. Der Hinweis auf positive Entwicklungen klinge angesichts der immer kleiner werdenden Kirche manchmal wie „Pfeifen im Walde“, räumte er ein. Aber: Manchmal müsse man eben „öfter schauen, ob was wächst, aber es kommt.“ Rummel betonte: „Es gibt so viele kreative Leute in unseren Gemeinden.“ Früchte dieser Kreativität seien unter anderem neue Gottesdienstformen, diakonische Projekte wie Tafeln, die Arbeit mit Geflüchteten oder die Begegnung mit Menschen aus den Partnerkirchen der ELKB, die unter anderem bewirke, dass das Thema Klimawandel kein „gesichtsloses Phänomen“ mehr sei. Alle Zweifelnden forderte der Dekan zudem auf, auf die Mut-Projekte der ELKB zu schauen. „Da kann man sehen, was wächst“, sagte er.

Was über diese positiven Aspekte hinaus noch nötig und möglich wäre, um zu erreichen, dass Neues aufwächst, wollte anschließend Moderatorin Barbara Becker, CSU-Landtagsabgeordnete und ELKB-Synodale, von Mission EineWelt-Direktorin Gabriele Hoerschelmann und Anna-Nicole Heinrich, Präses der EKD-Synode, wissen. Das erste Stichwort war Klimawandel, verbunden mit der Frage, was die Kirche tun könnte, um CO2-neutral zu werden. „Ich glaube, wir müssen den Mut haben, das selbst in die Hand zu nehmen“, antwortete Heinrich und schlug die Gründung einer gemeinnützigen kirchlichen GmbH vor, die zentral den klimagerechten Umbau der Kirche forciert. „Wenn wir als Kirche es schaffen, bis 2030 klimaneutral zu werden, dann hätte niemand mehr ne Ausrede“, zeigte sich die Präses der EKD-Synode optimistisch.

Und was könnte die ELKB von Kirchen in anderen Teilen der Welt lernen? Gabriele Hoerschelmann erinnerte daran, dass es in Sachen Wachstumsstrategie auch „spannend“ sein könnte, „auf unsere Partnerkirchen zu schauen“. Eine stetig wachsende Kirche sei zum Beispiel die Evangelisch-Lutherische Kirche in Tansania (ELCT). Deren Erfolgsgeheimnis liege unter anderem in begeisternden Gottesdiensten mit mitreißender Musik und darin, „dass die Pfarrer*innen und Evangelist*innen die Menschen in ihren Gemeinden sehr gut kennen“, erklärte die Direktorin des Partnerschaftszentrums der ELKB. Interessant sei auch eine Initiative der Evangelisch-Lutherischen Kirche von Hongkong (ELCHK), die ebenfalls, wie die ELKB, mit Pfarrer*innenmangel zu kämpfen hat: „Jede Gemeinde ermutigt eine Person aus ihren Reihen, Theologie zu studieren und unterstützt diese Person während des Studiums finanziell.“

Auch in Sachen Klimawandel und anderer drängender globaler Probleme, die dringend gelöst werden müssen, sei die weltumspannende Gemeinschaft der Kirchen, wie sie sich unter anderem im Lutherischen Weltbund organisiert, eine sehr gute Möglichkeit, voneinander zu lernen, von den Erfahrungen von Menschen in anderen Ländern zu profitieren und „die Weltprobleme zusammen anzuschauen und zu bearbeiten“, betonte Gabriele Hoerschelmann. „Die christlichen Kirchen und Gemeinden wirken überall in die Welt hinein. Sie sind die sozialen Netzwerke und verbinden die Menschen.“

Gerade während der Zeiten der Corona-bedingten Lockdowns wurde noch einmal mehr klar, dass auch digitale Räume eine Chance sein können, Menschen zu erreichen. Die Kirche komme „zu wenig vor“ in der digitalen Welt, befand Anna-Nicole Heinrich. Dabei seien digitale Angebote für Menschen, die erst anfangen, sich dem christlichen Glauben zu nähern, „niedrigschwelliger“ als Angebote im analogen Raum. „Das ist eine gute Möglichkeit, sich ranzutasten.“ Zudem biete das Internet Gelegenheit, auf „physische Orte“ hinzuweisen. Weiter plädierte Heinrich für den Aufbau einer besseren digitalen Infrastruktur in der Kirche und für mehr Mut zur Kommunikation: „Wir müssen uns trauen, Menschen anzusprechen und einzuladen“. Das gelte für den digitalen ebenso wie für den analogen Raum und könne nicht nur Sache der Öffentlichkeitsarbeit oder von hauptamtlichen Mitarbeitenden sein.

Am Ende der Diskussion waren Ideen gefragt. „Wenn Sie beide die Möglichkeit hätten, in einer Gemeinde Neues wachsen zu lassen, was würden Sie tun?“, wollte Barbara Becker von Hoerschelmann und Heinrich wissen. „Mehr Experimentierfreude“, was die Musik im Gottesdienst angeht und „Kirche und Diakonie sehr eng zusammendenken“, brachte die Direktorin von Mission EineWelt ihre Vorschläge auf den Punkt. Gerade Diakonie sei „das Gesicht der Kirche“, führte Gabriele Hoerschelmann weiter aus. Sie würde an einer Gemeinde arbeiten, in der „Menschen sich gegenseitig helfen“ und in der wirksame Unterstützung beispielsweise für Menschen, die Familienangehörige pflegen, angeboten werde. Anna-Nicole Heinrich plädierte für die Einrichtung von Formaten, die „Menschen, die fest im Glauben stehen“, mit „jungen Menschen, die agnostisch sind“ zusammenbringen. Zudem müsste sich die Kirche vor Ort aus ihrer Sicht noch mehr „als Ehrenamtsbörse verstehen“. Denn in puncto ehrenamtliches Engagement sei die evangelische Kirche „eine Bank“.

Auch diese Diskussion zeigte: Ideen, den Schrumpfungsprozess der Kirche zu stoppen und umzukehren, sind da. Jetzt geht es an die Umsetzung.

Das Team der Ausstellung einBlick von Mission EineWelt hat eine Ausstellung zum Thema „Mission und Migration“ entwickelt, in der nicht die Historie gezeigt wird, sondern Menschen zu Wort kommen, die aktuell als „Missionar*innen“ unterwegs und also mittendrin im Thema sind. Und das sind nicht nur – ganz klassisch – Menschen, die aus dem Globalen Norden in den Globalen Süden ziehen, sondern auch solche, die aus dem Globalen Süden hierher kommen und in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (ELKB) arbeiten. Am 25. Mai wurde die Ausstellung „Mission und Migration im 21. Jahrhundert“ in den Räumen von Mission EineWelt feierlich eröffnet. Spätestens ab Anfang 2024 kann die Ausstellung ausgeliehen werden. Vorher ist sie bei Mission EineWelt zu sehen.

Die Ausstellung „Mission und Migration im 21. Jahrhundert“ stößt bei den Besucher*innen der Eröffnung auf intensives Interesse. Im Vordergrund Mission EineWelt-Direktor Hanns Hoerschelmann.

Die Ausstellung „Mission und Migration im 21. Jahrhundert“ stößt bei den Besucher*innen der Eröffnung auf intensives Interesse. Im Vordergrund Mission EineWelt-Direktor Hanns Hoerschelmann.

Die Ausstellung von Mission EineWelt, dem Zentrum für Partnerschaft, Entwicklung und Mission der ELKB, ist einer von 11 Beiträgen aus verschiedenen Blickwinkeln, die Museen aus Europa und den USA zur Reihe „Evangelische Migrationsgeschichte(n)“ entwickelt haben. Angestoßen und koordiniert wurde und wird die Kooperation vom Verbund Museen im evangelischen Raum.

Die Kern-Erkenntnis aus der Kooperation der beteiligten Museen und Ausstellungen fasste Thomas Greif, Leiter des Museums und Archivs der Rummelsberger Diakonie, bei der Ausstellungseröffnung in Neuendettelsau in einem Satz zusammen: „Das Thema Migration ist viel größer als das, was wir in unserer verengten Perspektive sehen.“

Bei Mission EineWelt gehört diese differenzierte und weit gefächerte Sicht auf Migration gewissermaßen zum Programm. Hanns Hoerschelmann, Direktor des Zentrums, spannte den Bogen von den ersten so genannten „Nothelfern“ Adam Ernst und Georg Burger, die 1842 von Wilhelm Löhe nach Nordamerika ausgesendet wurden, bis zu Kampagnen wie „Türen auf! Gottes Volk kennt keine Fremden“, mit der Mission EineWelt im Jahr 2015 dafür warb, „Migration und Flucht nicht als Gefahr zu sehen, sondern als Chance“, wie Hoerschelmann ausführte.

Die aktuelle Ausstellung widmet sich nun dem Phänomen Mission und Migration in der Gegenwart. Wichtig ist dabei zum einen, „dass Migration im Zusammenhang mit Mission freiwillig ist, im Gegensatz zu Migration wegen Vertreibung und Flucht“, betonte Janika Wehmann vom Team der Ausstellung einBlick. Ein weiterer signifikanter Faktor ist die Wechselseitigkeit der Bewegung: Missionar*innen gehen nicht mehr nur aus dem Globalen Norden in den Globalen Süden, sondern auch von dort in den Norden. Diese „Migration auf Zeit“ sei „zu einer mehrdimensionalen und weltumspannenden Bewegung geworden, bei der wir voneinander lernen und die uns verbindet“, erklärte Hanns Hoerschelmann.

In der Ausstellung von Mission EineWelt kommen Personen zu Wort, die aktuell noch in ihrer jeweiligen Mission unterwegs sind und sich mittendrin in der damit verbundenen Dynamik befinden. Im Zentrum stehen die Geschichten von 10 Menschen, die entweder aus anderen Ländern nach Deutschland gekommen sind, um hier in der Kirche mitzuarbeiten, oder eben solche, die von hier aus in die Partnerkirchen der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern entsendet wurden. Sie wurden im Vorfeld ausführlich zu ihrer jeweiligen missionarischen Migrationsgeschichte interviewt. Dabei wurden verschiedene übergeordnete Themen entdeckt, die im Leben der Befragten wichtig waren und sind: Heimat, Trauma, Resilienz, Third Culture Kid und eben Mission und Migration. Gestaltet ist die Ausstellung als Kombination von Aufstellern, die die Personen und ihre Lebenswege zeigen, und damit korrespondierenden Würfeln mit Informationen zu den übergeordneten Themen.

Zusätzlich zu den Einzel-Ausstellungen der beteiligten Organisationen gibt es zum Deutschen Evangelischen Kirchentag in Nürnberg eine gemeinsame Ausstellung im dortigen Fembo-Haus. Sie wird am 6. Juni 2023 um 18 Uhr feierlich eröffnet.

 

Informationen zur Ausstellung und Ausleihe:

ausstellung@mission-einewelt.de

Eine mobile Ausstellung zum Thema Flucht und Vertreibung kann per Mail an eineweltstation.nuernberg@mission-einewelt.de ausgeliehen werden.

Im Osten der Demokratischen Republik Kongo sind bisher mehr als 400 Menschen nach sintflutartigen Regenfällen tot geborgen worden. Partnerorganisationen der Diakonie Katastrophenhilfe bereiten Hilfsmaßnahmen in der betroffenen Provinz Süd-Kivu vor. „Der Bezirk Kalehe ist verwüstet und braucht dringend unsere Unterstützung“, berichtet Gilbert Masumbuko, Büroleiter der Diakonie Katastrophenhilfe in der DR Kongo

Foto: Diakonie Katastrophenhilfe/TPO

Foto: Diakonie Katastrophenhilfe/TPO

Hunderte Häuser in der Provinz Süd-Kivu sind in den vergangenen Tagen durch Überschwemmungen und Erdrutsche zerstört worden. Starkregen ließ zahlreiche Flüsse über ihre Ufer treten. „Es werden weiterhin mehr als 200 Menschen vermisst“, berichtet Masumbuko, der deshalb einen weiteren Anstieg der Todeszahlen befürchtet. Zudem sei die wichtige Verbindungsstraße zwischen Goma und Bukavu beschädigt und unpassierbar, was schnelle Hilfe erschwert. Dies berichtet auch Bischof Victor Bwanangela von der Evangelisch-Lutherischen Kirche im Kongo, Süd-Kivu Provinz.

Rund 100.000 Menschen in der Region sind schätzungsweise insgesamt betroffen, die lokalen Behörden und Kirchen haben um Hilfe gebeten. Die Diakonie Katastrophenhilfe koordiniert vor Ort zusammen mit drei nationalen Partnerorganisationen Hilfsmaßnahmen. „Wir werden uns darauf konzentrieren, den Menschen zügig Material wie Plastikplanen für provisorische Notunterkünfte zur Verfügung zu stellen und sie mit Nahrungsmitteln zu versorgen“, erklärt Masumbuko. Dafür hat das evangelische Hilfswerk 500.000 Euro zur Verfügung gestellt.

Der Osten der Demokratischen Republik Kongo ist zudem seit Jahren Schauplatz bewaffneter Auseinandersetzungen. Illegale Gruppen kontrollieren weite Teile der rohstoffreichen Region. Seit März 2022 wurden nach UN-Angaben 1,2 Millionen Menschen vertrieben. In den vergangenen Monaten drohte die Millionenstadt Goma in die Hände von Rebellen zu fallen. Rund um Goma haben sich die meisten Vertriebenen in provisorischen Camps niedergelassen. Ihre Lage ist prekär und die Regenfälle begünstigen den Ausbruch von Krankheiten wie Cholera. In dem besonders stark betroffenen Bezirk Kalehe leben schätzungsweise mehr als 100.000 Geflüchtete.

Das Diakonische Werk Bayern und Mission EineWelt bitten daher dringend um Spenden

 

Diakonisches Werk Bayern

Evangelische Bank

IBAN: DE72 5206 0410 0000 0998 80

BIC: GENODEF1EK

Stichwort: Nothilfe Kongo

Online unter: www.diakoniebayern.de

 

Mission EineWelt

Evangelische Bank eG

IBAN: DE12 5206 0410 0001 0111 11

BIC: GENODEF1EK1

Stichwort: Nothilfe Kongo

Online unter: www.mission-einewelt.de

 

Sonstige Fragen:

Fenja Lüders, Referentin

Tel.: 0911 9354 261, lueders@diakonie-bayern.de

Pfarrer Klaus Dotzer, Leitung Referat Afrika, Mission EineWelt

Tel.: 09874 91301, africa@mission-einewelt.de

Jubleth Mungure Foto: Geraldo Grützmann

Jubleth Mungure
Foto: Geraldo Grützmann

Am 14. Mai wurde Jubleth Mungure offiziell und feierlich in ihren Dienst als Pfarrerin in der Erlöserkirche Bamberg eingeführt. Sie ist fast direkt nach dem Abschluss ihres Theologiestudiums an der Tumaini University Makumira in Arusha/Tansania nach Bayern gekommen. Hier arbeitet die 32-Jährige je zur Hälfte als ökumenische Mitarbeiterin für Mission EineWelt und als Pfarrerin in der Erlöserkirche Bamberg. Im Interview erzählt sie, wie es dazu kam, dass ihre erste Pfarrstelle in Deutschland ist, und was ihr ihre Arbeit hier bedeutet.

 

Was war Deine Motivation, eine Stelle in Deutschland anzutreten? Wie ist das alles zustande gekommen?

In meinem letzten Studienjahr habe ich den Wunsch entwickelt, dass meine erste Stelle als Pfarrerin nicht zu nah an meinem Zuhause sein sollte. Ich denke, das ist besser für meinen Dienst. Dabei dachte ich aber erstmal nur an ein anderes Dekanat innerhalb unserer Diözese, der Meru-Diözese in Tansania. Ich habe zu Gott gebetet, dass ich eine Stelle im Nord-Dekanat bekomme. Kurz vor Ende meines Studiums wurde ich dann von der Diözese über die Stelle in Bamberg informiert. Ich hatte nur an ein anderes Dekanat gedacht, aber jetzt war klar: Ich muss ganz weit weg. Denn bei uns in Tansania sucht man sich nicht die Gemeinde aus. Die Diözese bestimmt, wohin man geht. Also habe ich gesagt: „Okay, ja, ich gehe nach Deutschland.“

 

Warum ist es Dir wichtig, dass die erste Stelle weg von Zuhause ist?

Am Anfang als Pfarrer oder Pfarrerin ist es schwer, alles, was in der Gemeinde vor sich geht, gleich zu verstehen. Wenn meine Familie sieht, dass ich Stress habe, macht sie sich viele Sorgen. Das möchte ich nicht. Außerdem ist es einfacher, sich auf ein neues Umfeld einzulassen und neue Sachen zu lernen, wenn nicht die Familie um einen ist. Man hat auch mehr Zeit zum Arbeiten und Lernen.

Einführung von Jubleth Mungure als Pfarrerin in der Erlöserkirche Bamberg Foto: Geraldo Grützmann

Einführung von Jubleth Mungure als Pfarrerin in der Erlöserkirche Bamberg
Foto: Geraldo Grützmann

 

Wie war es, als Du vor über einem Jahr hier in Bayern angekommen bist, hattest Du einen Kultur-Schock oder hast Du den immer noch?

Ich habe schon für die Uno in Arusha gearbeitet. Dort habe ich viele Sachen gelernt. Und ich war im Jahr 2018 auch schon einmal in Deutschland. Von daher war es nicht ganz neu für mich. Aber als ich mich hier in der Gemeinde eingearbeitet habe, habe ich schnell gemerkt, dass Hierarchie hier nicht so wichtig ist wie in Tansania.

 

Hast Du in der Erlöserkirche spezielle Aufgaben?

Nein, eigentlich mache ich alles, also Gottesdienst, Kindergottesdienst, verschiedene Gruppen wie Senioren- oder Frauenkreis und auch Taufen und Beerdigungen.

 

Was davon machst Du am liebsten?

Gottesdienste halten.

 

Siehst Du bei den Gottesdiensten Unterschiede zu denen in Tansania? – Und wenn ja, worin bestehen die?

Es gibt viele Gemeinsamkeiten. Die klassische Liturgie im normalen Gottesdienst ist fast genau wie in Tansania. Da fühle ich mich zuhause. Auch viele klassische Kirchenlieder wurden in Swahili übersetzt. Und es gibt inzwischen auch Lieder aus Tansania im deutschen Gesangbuch. Ein signifikanter Unterschied liegt in der Länge der Gottesdienste. Hier in Deutschland dauern sie 40 bis 60 Minuten, in Tansania zwei Stunden und auch mal länger – je nach Anlass. Zudem gibt es in Tansania, anders als in Deutschland, keine Kirchensteuer. Die Gemeinden finanzieren sich über die Kollekte.

 

Was sind Deine Ziele während Deiner Zeit in Bamberg? – Gibt es etwas, das Du besonders gerne umsetzen möchtest?

Möglichst viel zu lernen und möglichst viel von dem zu teilen, was ich aus Tansania mitbringe.

 

Hast Du diesbezüglich schon bestimmte Dinge oder Themen im Kopf?

Projekte mit Kindern gehören zu den Themen, die mir wichtig sind. In der ELCT (Evangelical Lutheran Church in Tanzania/Evangelisch-Lutherische Kirche in Tansania) gibt es zum Beispiel einmal im Jahr einen Kindertag. Da übernehmen dann zum Beispiel die Kindergottesdienst-Teams Liturgie und Predigt im Erwachsenen-Gottesdienst und die Kinder gehen nicht in den Kindergottesdienst, sondern bleiben dabei und bringen sich ein – mit Liedern, mit Theater, mit allem, was sie wollen. Hier in der Erlöserkirche habe ich schon die Kinderbibelwoche miterlebt, wo Kinder über mehrere Tage zusammenkommen, biblische Geschichten hören, etwas darüber lernen und das auch in verschiedenen Formen kreativ und künstlerisch bearbeiten. Und ich bin begeistert, wie viele Kinder in den Kindergottesdienst kommen. Auch der Gottesdienst für die Erwachsenen ist hier gut besucht. Das habe ich in anderen Gemeinden auch anders erlebt. Da kamen nicht so viele Leute in den Gottesdienst. Hier in der Erlöserkirche gibt es viele Angebote und die Leute kommen.

Ich freue mich, dass ich hier sein darf. Das ist für mich etwas Besonderes. Ich bekomme die Möglichkeit, Glauben in einem anderen Kontext zu erleben.

Wenn es um Personen geht, war Mission schon immer mit Migration verbunden. Darum und um das, was es bedeutet, die Heimat zu verlassen, in fremde Gegenden aufzubrechen und sich dort zurecht zu finden, dreht sich alles in der Ausstellung „Mission und Migration“, die am 25. Mai 2023 um 15 Uhr in den Räumen der Ausstellung einBlick bei Mission EineWelt eröffnet wird und ab Anfang 2024 ausgeliehen werden kann. Schirmherr der Ausstellung ist der bayerische evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm.

Das Thema der Ausstellung hat Mission EineWelt nicht exklusiv. Es geht zurück auf eine Initiative des Verbundes Museen im evangelischen Raum. Insgesamt 11 Museen aus Europa und den USA haben sich mit dem Thema befasst und jeweils eine Ausstellung kreiert. Dabei kommen auch inhaltlich verschiedene Blickwinkel zum Tragen und bestimmte Aspekte werden betont.

Für die Ausstellungsmacher*innen von Mission EineWelt war wichtig, nicht schwerpunktmäßig historisch zu arbeiten, sondern Personen zu Wort kommen zu lassen, die aktuell noch in ihrer jeweiligen Mission unterwegs sind und sich mittendrin in der damit verbundenen Dynamik befinden. Bei der Auswahl dieser Menschen wurde berücksichtigt, dass Missionsmigration in den letzten Jahrzehnten auch nicht mehr nur vom Globalen Norden in den Globalen Süden, sondern auch in der Gegenrichtung vom Globalen Süden in den Globalen Norden stattfindet. Wichtig sei aber auch, „dass Migration im Zusammenhang mit Mission freiwillig ist – im Gegensatz zu Migration wegen Vertreibung und Flucht“, betont Janika Wehmann vom Team der Ausstellung einBlick. Auch dieser Aspekt werde bearbeitet.

Den Kern der Ausstellung bilden die Geschichten von 10 Menschen, die entweder aus anderen Ländern nach Deutschland gekommen sind, um hier in der Kirche mitzuarbeiten, oder eben solche, die von hier aus in die Partnerkirchen der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern entsendet wurden. Sie wurden im Vorfeld ausführlich zu ihrer jeweiligen missionarischen Migrationsgeschichte interviewt. Dabei haben sich verschiedene übergeordnete Themen herauskristallisiert, die im Leben der Befragten wichtig waren und sind: Heimat, Trauma, Resilienz, Third Culture Kid sowie Mission und Migration. Gestaltet ist die Ausstellung als Kombination von Aufstellern, die die Personen und ihre Lebenswege zeigen, und damit korrespondierenden Würfeln mit Informationen zu den übergeordneten Themen.

Zur Eröffnung der Ausstellung sind alle Interessierten eingeladen. Mit dabei sein werden unter anderem die Direktor*innen von Mission EineWelt, Gabriele und Hanns Hoerschelmann, Thomas Greif, Leiter Museum und Archiv Rummelsberger Diakonie e.V., das Team der Ausstellung und möglichst viele der für die Ausstellung interviewten Personen.

Zusätzlich zu den Einzel-Ausstellungen der beteiligten Organisationen gibt es beim Deutschen Evangelischen Kirchentag in Nürnberg eine gemeinsame Ausstellung zum Thema Mission und Migration im dortigen Fembo-Haus. Sie wird am 6. Juni 2023 um 18 Uhr feierlich eröffnet.

Eine mobile Ausstellung zum Thema Flucht und Vertreibung kann per Mail an eineweltstation.nuernberg@mission-einewelt.de ausgeliehen werden.

Die MEW-Ausstellung „Mission und Migration im 21. Jahrhundert“ ist ab Anfang 2024 per Mail an ausstellung@mission-einewelt.de ausleihbar.

Im Februar 2020 kam Michael Volz zu Mission EineWelt. Er hatte mit seiner Familie viele Jahre in Malawi gelebt und gearbeitet und war deshalb genau der richtige Mann für die Begleitung der kirchlichen Partnerschaften mit Beziehungen nach Afrika. Er brachte ein hohes Maß an interkultureller Erfahrung mit und hatte verinnerlicht, dass die Welt nicht überall gleich funktioniert. An anderen Orten der Welt sind den Menschen ganz andere Dinge wichtig als uns hier in Bayern. Sie glauben auch anders an Gott.

Oft hatte ich den Eindruck, als ob sich Michael über unsere deutsch-analytische Glaubenspraxis gewundert hat. Seine Art der Beziehung zu Gott entsprach sicher viel mehr der der Menschen in Malawi. Er hat sich gefragt, warum wir nicht klarer und offener über unseren christlichen Glauben reden, hat gefragt, ob uns das unangenehm ist zu sagen, dass wir Christ*innen sind. Ich glaube, dass er Gott viel näher gespürt hat, als die meisten anderen von uns. Für ihn war völlig klar: Gott begleitet ihn im Leben. Gott lenkt und greift auch direkt ein, wenn es darauf ankommt. Seine Arbeit im Referat Begegnung Weltweit bei Mission EineWelt lag für ihn ganz klar auf dem Weg, den Gott für ihn ausgewählt hat.

Michael hatte sich sehr darauf gefreut, mit den vielen Partnerschaftsleuten zusammenzuarbeiten, die wie er ein Herz für die Geschwister in unseren afrikanischen Partnerkirchen haben. Leider machte ihm die Corona-Pandemie lange Zeit einen Strich durch die Rechnung. So musste er sich erst einmal damit begnügen, mit den Leuten zu telefonieren, ihnen E-Mails zu schreiben und mit ihnen am Bildschirm zu konferieren. Das hat ihn nicht glücklich gemacht. Das unmittelbare soziale Miteinander war ihm sehr wichtig. Zum Glück hat sich Corona so gewandelt, dass wir uns wieder frei bewegen und begegnen konnten. Michael war dadurch wie ausgewechselt. „Endlich kann ich die Arbeit machen, wegen der ich zu Mission EineWelt gekommen bin! Ich kann zu den Leuten hinfahren, und hin und wieder kann ich sogar Gäste aus Afrika zu ihnen mitnehmen.“

Michael hat bei uns eine sehr gute, engagierte Arbeit gemacht, und wir haben ihn als unseren Kollegen sehr geschätzt. Es war ihm wichtig, alles gründlich und richtig zu machen. Er hatte eine sehr freundliche, ruhige Art und war das Gegenteil von einem wortreichen Selbstdarsteller. Lieber hat er alles genau beobachtet. Stimmungen konnte er sehr gut einschätzen.

Im Herbst letzten Jahres zeichnete sich ab, dass für Michael eine große Herzoperation anstand. Davor hatte er Angst, so wie wir alle in dieser Situation Angst gehabt hätten. Gleichzeitig wusste er sich von Gott getragen. „Letztlich liegt es immer in Gottes Hand, wie auch immer das Ganze ausgehen wird“ – so hat er es oft gesagt.

Als Michael sich von uns verabschiedet hat, war uns schwer ums Herz. Natürlich hatten wir gehofft, dass alles gut ausgehen würde. Zunächst sah es auch so aus. Er hatte nach der OP schon wieder Kontakt mit uns. Aber dann kam alles doch noch ganz anders. Am 2. Mai 2023, drei Tage vor seinem 56. Geburtstag, ist Michael Volz gestorben.

Er wird uns sehr fehlen.

 

Manfred Kurth

IECLB-Präsidentin Silivia Genz (r.) und MEW-Brasilienreferent Geraldo Grützmann (l.) feiern die Aktualisierung der Dreier-Partnerschaftsvereinbarung von IECLB, CILCA und ELKB während der Frühjahrssynode 2023 der ELKB

IECLB-Präsidentin Silivia Genz (r.) und MEW-Brasilienreferent Geraldo Grützmann (l.) feiern die Aktualisierung der Dreier-Partnerschaftsvereinbarung von IECLB, CILCA und ELKB während der Frühjahrssynode 2023 der ELKB

Silvia Genz, Präsidentin der Evangelischen Kirche Lutherischen Bekenntnisses in Brasilien (IECLB), äußert sich zum aktualisierten Partnerschaftsvertrag und sagt, was aus ihrer Sicht die Hauptaufgaben ihrer eigenen Kirche und der bayerischen Partnerkirche für die Zukunft sind.

 

Was sind für Sie die wichtigsten Punkte aus dem jetzt aktualisierten Dreiervertrag CILCA-IECLB-ELKB?

Wichtig ist erstens, dass wir uns vernetzen, um gemeinsam in Wort und Tat das Wort Gottes zu verkünden. Zweitens ist der Vertrag ein Zeichen, dass Zusammenarbeit von großen, mittelgroßen und kleineren Kirchen konstruktiv und gleichberechtigt gestaltet werden kann, so dass alle sich gegenseitig helfen und voneinander lernen.

 

Welche Projekte halten sie in der Partnerschaft mit der ELKB für besonders wichtig?

Speziell für uns als Kirche war in jüngster Zeit sehr wichtig, dass uns die ELKB bei unserer 18. Synode im Oktober 2022 darin unterstützt hat, die elektrische Beleuchtung mit Solaranlagen zu versorgen. Das war ein Zeichen für den Schutz der Umwelt und Nachhaltigkeit und auch ein Zeichen, dass die Partnerkirchen sich beistehen. Zusammen können wir viel erreichen.

In unserer täglichen Arbeit geht es meist um Projekte, die nur mit Hilfe realisiert und am Laufen gehalten werden können und die auch kaum anderweitig Unterstützung bekommen.

 

Wie engagiert sich die IECLB in Sachen Umwelt- und Klimaschutz?

Wir als Brasilianer*innen sind schuldig. Und wir als Kirche arbeiten mit anderen Organisationen dafür, dass weniger Regenwald abgeholzt und weniger Gift benutzt wird, und dafür, dass wir das, was Gott geschaffen hat, bewahren. Ganz wichtig ist auch, dass die Indigenen ihren Platz haben. Sie passen auf unsere Regenwälder und überhaupt auf unsere Natur auf. Wir dürfen davon leben, was die Natur produziert, aber wir müssen auch aufpassen, dass wir sie nicht vernichten. Da liegt viel Arbeit vor uns: weniger Plastik, weniger Abholzung, weniger Brandrodung und vieles mehr.

 

Wie kann die ELKB, wie kann Mission EineWelt, wie können wir dabei helfen?

Wir müssen zusammenstehen und zusammen Auswege finden. Es geht darum, dass wir die Industrie dazu bringen, nachzudenken, was wirklich nötig ist. Es ist auch eine große Generationenfrage: Was brauchen wir jetzt wirklich und was müssen wir aufheben und bewahren für die Generationen, die nach uns kommen?

Wir müssen aufhören, Schuld auf uns zu laden. Es wäre gut, wenn wir demnächst auch sagen könnten: Wir haben etwas gegen den Klimawandel und für die Bewahrung der Schöpfung getan. Die Kirchen können dafür beten, aber sie können auch in Worten und Werken gegen das eintreten, was der Natur schadet.