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Ausstattung schlecht, Prognose vorsichtig optimistisch – Interview mit Oliver Henke zur Corona-Situation in Moshi/Tansania

Oliver Henke mit einer Kollegin vor dem Info-Board des KCMCWie ist die aktuelle Situation in Tansania bezüglich Corona? Wie viele dokumentierte Infektionen gibt es?

Es gibt nur 12 positive Fälle, die Dunkelziffer kennt niemand. Für mich ist es statistisch undenkbar, dass in einem der größten touristischen Länder Afrikas mit guten Handelsbeziehungen zu China das Virus nicht schon früher im Land war. Wie auch immer, schwere Fälle haben wir bei uns im Krankenhaus noch nicht gesehen.

 

Was geschieht zur Aufklärung der Bevölkerung?

Es gibt öffentliche Ansagen mit Lautsprechern und per WhatsApp. Auch die Fernsehsender senden über Corona in einer Dauerschleife.

 

Gibt es schon Maßnahmen, die ergriffen werden?

Schulen und Universitäten sind geschlossen, Handewaschstationen gibt es vor jedem Laden und eigentlich allen Gebäuden und den Märkten. Im Krankenhaus wird zudem jede/r Besucher/in auf seine/ihre Temperatur hin untersucht und die Hände müssen desinfiziert werden. Im Cancer Care Centre haben wir Restriktionen für Angehörige, die nicht mehr das Gebäude betreten dürfen, sofern der/die Patient/in nicht auf Hilfe angewiesen ist.

 

Wie bereitet sich das Gesundheitswesen vor?

Es gibt Isolationszimmer in den Governmental Hospitals und nur ein nationales Referenzlabor für die Testungen.

 

Wie sind die Kliniken ausgestattet?

Schlecht. Das war vor Corona so, und ist auch jetzt so. Ich schätze, 100 Betten mit Beatmungsmöglichkeiten im Land für 55 Millionen Menschen. Angesichts eines chronisch überforderten Gesundheitssystems muss man natürlich die Sinnhaftigkeit aller Maßnahmen hinterfragen. Was bringt es, die Infektionskette zu verlangsamen? Die Kapazitäten sind mit oder ohne Corona überlastet.

 

Wie bereiten Sie und Ihre Familie sich vor?

Wir persönlich sind aktuell nicht angespannt und planen nur von Tag zu Tag. Wir wollen zunächst einmal im Land bleiben, da die Situation in Deutschland sicherlich nicht besser ist, und hier vor Ort wird unsere Hilfe zudem benötigt.

 

Wird es in Tansania gelingen, das Virus unter Kontrolle zu halten?

Interessanter ist eigentlich die Frage, ob das Virus hier in Tansania mit einer ähnlich hohen Todesrate einhergehen wird wie in Norditalien, Iran und China. Ich denke nicht, da viele Faktoren, wie jüngere Bevölkerung, viel Aufenthalt im Freien und so gut wie keine Luftverschmutzung, für einen milderen Verlauf sprechen. Wie bereits gesagt, das Virus müsste aller Wahrscheinlichkeit nach bereits im Land sein, und wir haben keine Nachrichten von schweren Verläufen oder vielen Patient/innen. Über eine WhatsApp Gruppe der Botschaft sind alle deutschen Ärzte im Land miteinander in Kommunikation, und so haben wir einen guten Überblick über die Situation.

 

Krebsspezialist Oliver Henke arbeitet als Onkologe im Cancer Care Center des Kilimanjaro Christian Medical Centre (KCMC) in Moshi, Tansania. Er wurde von Mission EineWelt ausgesendet.

 

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