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Zukunftsthema – Interreligiöser Dialog gewinnt an Bedeutung

Die Umstände ändern sich. In den christlichen Kirchen Europas, auch in den lutherischen, ist gerade ein Prozess des Neu-Sortierens diesseits alter Gewissheiten im Gange. Das zeigte sich auch beim Meeting des Programme for Christian-Muslim Relations in Africa, kurz Procmura, mit seinen europäischen ökumenischen Partnern von 3. bis 5. Februar 2023 im theologischen Seminar Pullach, zu dem diesmal Mission EineWelt eingeladen hatte.

Der erste Programmpunkt, Austausch und Kennenlernen, verhieß, nun ja, Harmlosigkeit. Doch dann schälte sich aus den Statements der Kirchenvertreter*innen ein Narrativ heraus, das deutlich machte, was viele Kirchen in Europa umtreibt. Lange eingebübte Gewissheiten stehen in Frage. Erste Erkenntnis: Der laufende Mitgliederschwund der christlichen Kirchen in Europa führt dazu, dass sie in vielen Ländern ihre Quasi-Monopolstellung verlieren. Zweite Erkenntnis: Der Anteil der Muslim*innen in vormals christlich geprägten Ländern steigt. Wir leben längst in multikulturellen und multireligiösen Gesellschaften. Dritte Erkenntnis: Nur gegenseitige Anerkennung und Dialog bringen die Religionen aus der Gefahr, für Konflikte missbraucht zu werden, und bieten gleichzeitig die Chance, nicht in einer Nische zu versauern, sondern gesellschaftlich relevant zu bleiben. Der interreligiöse und insbesondere der christlich-islamische Dialog wird zu einer Kernaufgabe der religiösen Organisationen, von der Leitungsebene bis in die Gemeinden.

Nicht zu vergessen die vierte Erkenntnis: Die Verhältnisse des Globalen Lernens verschieben sich. Wie das geht, interreligiöser Dialog, lernen die Partner im Globalen Norden von ihren Partnern im Globalen Süden. Letztere praktizieren solche Modelle nämlich schon längst und vor allem erfolgreich. Für den christlich-islamischen Dialog ist Procmura ein Beispiel. Die pan-afrikanische christliche Organisation mit Hauptsitz in Nairobi, Kenia, bringt seit 64 Jahren gegen alle Widerstände, Rückschläge und Niederlagen den Dialog zwischen Christ*innen und Muslim*innen voran. Paradebeispiele sind Projekte wie Chai Na Amani, das maßgeblich zum friedlichen Ablauf der kenianischen Parlamentswahlen 2022 beitrug, oder interreligiöse Jugendcamps, in denen afrikanische Jugendliche mit unterschiedlichen Religionen zusammenkommen und sich austauschen. Entsprechend groß war das Interesse der europäischen Partner an den Berichten über die Aktivitäten und Projekte von Procmura. Und noch größer war der Respekt für das, was unter wesentlich schwierigeren Umständen als in Europa in Afrika geleistet wird.

In Europa und auch Bayern wird noch geübt. Am 4. Februar stand für die Teilnehmer*innen ein abendlicher Besuch in der Islamischen Gemeinde Penzberg auf dem Programm. Als Gast dabei war ELKB-Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm und plädierte im Gespräch mit Imam Benjamin Idriz für einen offenen Dialog jenseits jeglicher Alleingeltungsansprüche: „Christus steht für radikale Liebe. Wer das ernst nimmt, muss offen für andere Menschen, ihren Glauben und das, was sie bewegt, sein.“ Die Offenheit für andere Religionen sei „Zeichen eines tiefen Glaubens an Christus“. Damit fand er bei Benjamin Idriz volle Zustimmung. „Es ist die gemeinsame Aufgabe aller Religionsgemeinschaften, Menschen von Hass, Intoleranz, Respektlosigkeit und Gewalt zu befreien“, betonte der Imam.

Gemessen an der Realität vielerorts in Deutschland und Europa ist dieser Dialog vielleicht ein allzu schönes Beispiel. Aber vor allem ist es ein Anfang. Wie es weitergehen könnte, zeigt unter anderem Procmura.

Weitere Informationen:

https://procmura.org

https://islam-penzberg.de