Die IECLB-App mit der Tageslosung (Foto: IECLB

Die IECLB-App mit der Tageslosung (Foto: IECLB

Nicht erst seitdem die Corona-Pandemie auch in Brasilien zur Einschränkung persönlicher Begegnungen geführt hat, versucht die Evangelische Kirche lutherischen in Bekenntnisses in Brasilien (IELCB), digitale Instrumente in ihre Arbeit zu integrieren. Herzstück dieser Aktivitäten ist eine App, die mit unterschiedlichen Funktionen und Inhalten die Kommunikation der Kirche mit ihren Mitgliedern, aber vor allem anderen Interessierten fördern will. Termine, Kontaktdaten von Kirchengemeinden und ihrer Mitarbeitenden, digitale Bibeln und Materialien, das 2017 neu veröffentlichte Gesangbuch sowie eine tägliche Auslegung der Tageslosung sind hier zu finden. Letztere wird reihum von Mitarbeitenden der einzelnen Kirchenkreise verantwortet. „Auf diese Weise wird die Vielfältigkeit unserer Kirche sichtbar und hörbar“, erklärt Emilio Voigt, in dessen Arbeitsbereich die Öffentlichkeitsarbeit der Kirche fällt. Ein weiteres Feature der App ist die Verknüpfung der einzelnen Gemeinden mit gängigen Navigationssystemen.

Neben der App werden digitale Tools für Online-Sitzungen und -Treffen genutzt, was bei den großen Entfernungen in Brasilien nicht nur Zeit, sondern auch Geld spart. In der Zeit, als die Corona-Pandemie persönliche Begegnungen unmöglich machte, gab es beispielsweise alle zwei bis drei Wochen einen Online-Austausch der Kirchenleitung in Porto Alegre mit den verantwortlichen Pfarrerinnen und Pfarrern in den Kirchenkreisen.

Auch Messengerdienste spielen im Flächenland Brasilieneine wichtige Rolle bei der Kommunikation. Deshalb verständigen sich viele Gemeindeglieder zusätzlich über WhatsApp. „Der große Vorteil ist, dass der Dienst in Brasilien kostenlos ist und keine zusätzlichen Kosten für das Internet anfallen“, erklärt Geraldo Grützmann, Fachreferent für Brasilien bei Mission EineWelt. Allerdings besteht auch hier die Gefahr, dass die Whatsapp-Gruppen von Rechtsradikalen als „Werbefläche“ für ihre politischen Ansichten missbraucht werden. Deshalb gibt es in manchen Gemeinden offizielle Beschlüsse der Kirchenvorstände, die diese Agitation verbieten und sich vorbehalten, Personen bei Zuwiderhandlung aus dem Informationsfluss auszuschließen.

Auch die sozialen Medien wie Facebook oder Instagram werden genutzt. Die aktuelle Tagung der Synode wird auf

Mit dem Laptop auf der Synode.In der IECLB spielen digitale Medien eine immer größere Rolle (Foto: IECLB)

Mit dem Laptop auf der Synode.In der IECLB spielen digitale Medien eine immer größere Rolle (Foto: IECLB)

dem YouTube-Kanal der IECLB live übertragen. Hier gibt es auch eine Chat-Funktion, die eine unmittelbare digitale Interaktion ermöglicht.

Aber die Nutzung digitaler Medien führt auch zu neuen Herausforderungen. Immer wieder gibt es, vor allem auf Facebook oder Instagram, Angriffe auf Personen oder die Institution als ganze. Aussagen werden aus Kontexten gelöst und zur Diffamierung genutzt. Gerade das diakonische Engagement der IELCB wird in den sozialen Medien als kommunistisch gebrandmarkt. Leider kommen diese Angriffe nicht nur von Außen, sondern auch aus der Kirche selbst. Deshalb wird der Livestream der Synode von Mitarbeitenden der Kirchenzentrale begleitet. „Aktuell müssen wir besonders aufpassen, dass wir als Kirche nicht im Rahmen der politischen Auseinandersetzungen instrumentalisiert oder diffamiert werden. Wir müssen die vielen Kanäle im Blick behalten, Fake-News löschen oder kommentieren“, berichtet Voigt, der den Chat-Verlauf, aber auch die Kommentare in den sozialen Medien genau verfolgt und begleitet.

Während der Synode wurde der ehemalige Kirchenpräsident Walter Altmann wegen seines gerade veröffentlichten Buches über die Diakonin Irma Doraci von einer innerkirchlichen Gruppe auf deren Internetseite diffamiert und als Kommunist hingestellt. Zudem wurde behauptet, Doraci, die bei einem Einsatz in Mozambique ermordete wurde, sei selbst schuld an ihrem Tod, weil sie sich sowohl in Brasilsien als auch in Afrika für „Randgruppen“ eingesetzt habe. Zur Untermauerung ihrer Aussagen berief sich die Gruppe auf einen Synodalen, der angeblich ihr Anliegen unterstützte. Dieser dementierte allerdings umgehend und sagte, sein Name sei für eine Sache missbraucht worden, mit der er nichts zu tun habe.

Alles im allem fällt eine erste Beurteilung des digitalen Engagements der IELCB aber positiv aus. In einem Land, dessen Fläche etwa 24 Mal so groß ist wie Deutschland, ergänzen digitale Möglichkeiten die persönlichen Begegnungen im gemeindlichen Alltag. Dass es hier kein Entweder-oder, sondern ein Sowohl-als auch geben muss, zeigen auch die Diskussionen auf der aktuell stattfindenden 33. Synode, die nach 2020 wieder in Präsenz stattfindet. Viele Mitglieder beurteilen die Nutzung digitaler Medien für die Arbeit der Kirche positiv, sind aber auch froh über den persönlichen Austausch und das gemeinsame Feiern von Gottesdiensten im analogen Raum.

Hanns Hoerschelmann

Alberico Baeske (Foto: IECLB)

Alberico Baeske (Foto: IECLB)

Am 21. Oktober 2022 ist der deutsch-brasilianische Theologe Alberico Baeske verstorben. Mission EineWelt-Direktor Hanns Hoerschelmann, der sich derzeit dienstlich in Brasilien aufhält, würdigt den Verstorbenen: „Ich habe Alberico Baeske bei einem seiner Besuche in Neuendettelsau als einen engagierten Theologen kennengelernt, der auf seine Weise die lutherische Kirche in Brasilien mit geprägt hat. Diese Wertschätzung kam auch auf der gerade tagenden Synode der IECLB zum Ausdruck, wo ihm im Rahmen des morgendlichen Gottesdienstes gedacht wurde.“

Zum Gedenken an Alberico Baeske veröffentlichen wir hier eine Übersetzung des Nachrufs der Evangelischen Kirche Lutherischen Bekenntnisses in Brasilien (Igreja Evangélica de Confissão Luterana no Brasil, IECLB):

>>„So will ich, wenn ich zu ihm komme, nicht mehr an gut noch fromm denken, sondern: Da kommt ein Sünder her, der gern fürs Lösgeld selig wär.“

Mit diesen Worten, die er auf dem Sterbebett im tiefen Vertrauen auf Christus gesprochen hat, geben wir bekannt dass Pastor Albérico Baeske am 21. Oktober 2022 in Novo Hamburgo/RS verstorben ist.

[…]

Albrecht Ernst Günter Friedrich Baeske (Albérico Baeske) war ein emeritierter Pastor der Evangelischen Kirche Lutherischen Bekenntnisses in Brasilien (IECLB), geboren am 20. Oktober 1938 in Pommern. Infolge des Zweiten Weltkriegs zog er in die nördliche Oberpfalz. Im Jahr 1955 ging er zum Studium ans Evangelisch-Lutherische Missions- und Diasporaseminar in Neuendettelsau. Im Jahr 1962 legte er sein Examen ab. Von sieben Studienjahren war er drei Jahre an der Augustana-Hochschule. In einem weiteren Studienjahr in Heidelberg hatte er die Gelegenheit, die großen deutschen Theologen seiner Zeit zu hören. Seine Vikariatszeit absolvierte Baeske bei der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Baden in der Stadt Freiburg/Breisgau, wo er „für den Dienst der Evangelisch-Lutherischen Kirche im Ausland“ ordiniert wurde. Im April 1964 reiste er nach Brasilien, um als Pfarrer in der IECLB zu dienen. Zu seiner Überraschung erhielt Baeske einen Ruf als Dozent am Proseminar (Prätheologisches Institut) in São Leopoldo/RS. Zwei Jahre lang unterrichtete er Weltgeschichte und lateinische Begriffe. Er und die Studierenden führten ihre Diskussionen auf Deutsch und teilweise auf Portugiesisch – dies war einer der ersten Kontakte mit der Landessprache. Er widmete sich intensiv dem Erlernen der portugiesischen Sprache und „verkürzte“ sogar seinen Namen von Albrecht zu Albérico, damit die Leute keine Probleme mit der Aussprache hatten.

Nach dieser Zeit im Proseminar wurde Baeske zum Dienst in der evangelischen Gemeinde in Esteio/RS, in der Nähe von São Leopoldo, entsandt. Jetzt lernte und lebte er das tägliche Leben in der Gemeinschaft. Ende 1968 zog er mit seiner Familie nach Recife/PE. Baeske war der erste Pfarrer der IECLB, der in Recife wohnte. Im Jahr 1975 wurde er zum Regionalpfarrer mit Sitz in Vitória/ES gewählt. Er blieb zehn Jahre lang in diesem Amt. Zwischen 1985 und 1992 war Baeske in der Gemeinde von Cuiabá tätig.

Von 1993 bis 2002 war Baeske Professor am Lehrstuhl für Kirchengeschichte für dogmatische Fragen an der Theologischen Hochschule in São Leopoldo (heute Faculdades EST). Im Jahr 2003 ging er in den Ruhestand, blieb aber weiterhin als Berater für Ordinierte und Gemeinden tätig. Außerdem verfasste er mehrere Artikel zum christlichen Glauben, zur Kontextualisierung der lutherischen Theologie und zu pastoralen Fragen. Seit mehr als 20 Jahren ist er pastoraler und theologischer Berater der Abendmahlsgemeinschaft. Er war mit Sibyla Baeske verheiratet und Vater von Tobias (zur Erinnerung) und Rafael.

Baeske war zutiefst christozentrisch, befasste sich mit der Sakramentenspendung und war ein großer Kenner der Theologie Martin Luthers. „Da beginnt die enge Pforte, der schmale Weg zum Leben [vgl. Matthäus 7,14], durch den ein jeder guten Mutes hindurchgehen muss; denn der Weg ist zwar sehr schmal, aber nicht lang“ (Luther).

„Jesus sagte zu ihm: ‚Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt; und wer da lebt und an mich glaubt, der wird nimmermehr sterben. Glaubt ihr das?“ (Johannes 11,25-26).<<

Die Zahl der Hungernden ist wieder gestiegen. Von derzeit rund 828 Millionen Menschen spricht die Welternährungsorganisation. Das heißt, weltweit leidet jede*r zehnte Mensch an chronischer Unterernährung. Ein herber Rückschlag für die Weltgemeinschaft, die sich in den nachhaltigen Entwicklungszielen (SDGs) auf das Ziel verständigt hat, den Hunger in der Welt bis 2030 komplett zu überwinden.

Gründe für den stetigen Anstieg liegen hauptsächlich in der Zunahme von Kriegen und kriegerischen Konflikten sowie in den Folgen des Klimawandels. Dürren, Überschwemmungen und Hurrikans zerstören Ernten und führen verstärkt zu Konflikten um Ressourcen wie Wasser und Land. Die Existenzgrundlage vor allem der armen Bevölkerung wird dadurch massiv gefährdet. Vielen bleibt nur noch die Abwanderung in die Städte oder die Flucht.

 

Starkes EU-Lieferkettengesetz würde helfen

„Ein starkes Lieferkettengesetz in der EU, das von Unternehmen die verbindliche Einhaltung fairer, sozialer und ökologischer Standards entlang der Lieferketten aller Produkte einfordert, wäre ein wichtiger Schritt, um den Hunger in der Welt zu bekämpfen“, erklärt Gisela Voltz, Fachreferentin für entwicklungspolitische Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit im kirchlichen Partnerschaftszentrum Mission EineWelt. „Wenn die Menschen, die Rohstoffe für unsere Handys aus der Erde holen, Kaffee oder Tee für unseren Genuss anbauen oder Kleidung für uns nähen, einen fairen Lohn bekommen würden, von dem sie existenzsichernd leben könnten, müssten sie auch keinen Hunger leiden. Wenn zudem Umwelt- und Klimaschutz in den Produktionsbedingungen weltweit berücksichtigt werden müssten, würde das die Lebensbedingungen vor Ort sichern und wäre global ein Beitrag zu mehr Klimaschutz und Klimagerechtigkeit.“

Mission EineWelt fordert deshalb die Bundesregierung auf, sich für ein starkes Lieferkettengesetz auf EU-Ebene, das derzeit in Brüssel diskutiert wird, einzusetzen. Wer dieser Forderung Nachdruck verleihen möchte, kann auf www.lieferkettengesetz.de eine entsprechende Online-Petition an Bundeskanzler Scholz unterzeichnen. „Jede Unterschrift ist wichtig“, betont Voltz.

 

Gemeinde fair und nachhaltig, EineWelt KiTa fair und global – nachhaltig im Alltag

Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern hat mehrere Projekte initiiert, die nachhaltiges Handeln in Bayern voranbringen sollen. So werden Kirchengemeinden, die hauptsächlich faire und nachhaltige Produkte verwenden, Partnerschaften in den globalen Süden pflegen und auch sonst in Sachen Nachhaltigkeit aktiv sind, als „Gemeinde fair und nachhaltig“ ausgezeichnet. Ebenso gibt es für Kindertagesstätten, die nachhaltiges und faires Verhalten in ihrer Bildungsarbeit konzeptionell verankern und mit den Kindern einüben, die Auszeichnung „Eine Welt-Kita: fair und global“.

„Auch jede*r Einzelne, jede Einrichtung und jede Kirchengemeinde kann etwas gegen Hunger und für eine nachhaltigere, gerechtere Welt tun. Das geht beim Einkauf von Lebensmitteln nach den Kriterien saisonal, regional, bio und fair sowie bei der Reduktion des Konsums von Fleisch und anderen tierischen Produkten los. Auch der Verzicht auf unnötige Fahrten mit dem Auto oder Flugreisen sind Beiträge, die jede*r Einzelne leisten kann“, sagt Voltz.

 

Weitere Informationen:

www.mission-einewelt.de

www.gemeinde-fair-nachhaltig.de

www.eineweltkita.de

www.lieferkettengesetz.de

#YESEUCAN

„Die Ergebnisse sind sehr erschreckend“, bilanziert der brasilianische Theologe Geraldo Grützmann, der derzeit als Brasilienreferent bei Mission EineWelt arbeitet, die Wahlen in seiner Heimat. Der Wahlausgang in Brasilien mit dem überraschend guten Abschneiden des amtierenden Präsidenten Jair Bolsonaro und seiner Kandidat*innen bei den Parlaments- und Senatswahlen ist für den Theologen aber auch Teil eines globalen Trends: „Weltweit ist zu beobachten, dass rechte und rechtsradikale Positionen sich verfestigen.“

Immerhin: Der Herausforderer und ehemalige Präsident Lula da Silva hat den ersten Wahlgang der brasilianischen Präsidentschaftswahl gegen den ultra-rechten Amtsinhaber Jair Bolsonaro gewonnen. Doch sein Ergebnis von 48,4 Prozent der Stimmen reichte Lula nicht, um das Rennen im ersten Wahlgang zu entscheiden. Dafür wären über 50 Prozent notwendig gewesen. Zudem hat Bolsonaro mit 43,2 Prozent wesentlich besser abgeschnitten, als die Meinungsforschungsinstitute im Vorfeld der Wahl prognostiziert hatten. Die jetzt folgende Stichwahl zwischen Lula und Bolsonaro sei „eine sehr gefährliche Sache“, meint Geraldo Grützmann. „Einerseits schöpfen Bolsonaros Anhänger*innen aus dem überraschend guten Ergebnis neue Motivation, während andererseits die Euphorie im Lula-Lager einen Dämpfer bekommen hat, weil ihr Kandidat nicht gleich im ersten Wahlgang das Rennen entscheiden hat.“ Dazu kommt aus seiner Sicht das gute Abschneiden der Liberalen Partei des Amtsinhabers, die bei den gleichzeitig stattfindenden Parlaments- und Gouverneurswahlen viele Kandidat*innen durchsetzen konnte. „Das Ergebnis der linken Parteien reicht nicht für stabile Verhältnisse“, erklärt Grützmann. Seine Befürchtung: „Auch wenn Lula im zweiten Wahlgang Präsident wird, ist er eingegipst.“ Sollte Bolsonaro im Senat die Mehrheit erreichen, habe er „das ganze Land im Griff“, befürchtet der Theologe. Unter anderem bestehe die Gefahr einer weiteren ungehemmten Abholzung der brasilianischen Regenwälder und der Unterdrückung sozialer Organisationen.

Die Rolle der Evangelischen Kirche Lutherischen Bekenntnisses in Brasilien (Igreja Evangélica de Confissão Luterana no Brasil, IECLB) schätzt Geraldo Grützmann kritisch ein. Mit etwa 700000 Mitgliedern vertrete die IECLB zwar eine „kleine Minderheit“, aber: „Es ist traurig, dass Bolsonaro in den Hochburgen der IECLB auf über 70 Prozent Zustimmung kommt.“ Es gebe kirchenintern eine große Diskrepanz zwischen der Basis, die mehrheitlich pro Bolsonaro sei, und der Kirchenleitung, die Lula favorisiere. „Für die Kirche bringt das eine große Schwierigkeit, sich politisch zu positionieren.“

Noch problematischer ist aus Grützmanns Sicht die Rolle der Pfingstkirchen, die Bolsonaro massiv unterstützen. „Der Missbrauch von kirchlichen Themen ist ein Skandal. Viele, die sich Christ*innen nennen, machen mit.“

Corona-bedingt mit zwei Jahren Verzögerung feierte der Kirchliche Entwicklungsdienst (KED) Bayern am 23. September 2022 im Caritas-Pirckheimer Haus Nürnberg sein Jubiläum: statt 50 nun eben 50 plus 2. In vielen Beiträgen, auch im Impulsvortrag des bayerischen Landesbischofs Heinrich Bedford-Strohm, wurde deutlich, dass die Arbeit des KED auch und insbesondere als Teil von Mission EineWelt eine zentrale Basis des Selbstverständnisses der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern bildet.

Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm mit Jürgen Bergmann, Leiter des Referats Bildung global bei Mission EineWelt, und Gisela Voltz, Referentin für für entwicklungspolitische Bildungsarbeit (v.l.n.r.) beim KED Jubiläum im cph Nürnberg

Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm mit Jürgen Bergmann, Leiter des Referats Bildung Global bei Mission EineWelt, und Gisela Voltz, Referentin für für entwicklungspolitische Bildungsarbeit (v.l.n.r.), beim KED Jubiläum im cph Nürnberg

Ist kirchliche Entwicklungszusammenarbeit etwas „exotisches“, ein Tüpfelchen auf dem i, aber nichts Essenzielles? Mitnichten. „Eingebundensein in die Welt gehört zum Christsein“, begrüßte Hanns Hoerschelmann, Direktor von Mission EineWelt, die rund 150 Gäste der Jubiläumsveranstaltung. Deshalb sei es „wichtig, dass wir uns hier in Bayern und weltweit einsetzen“. Dazu, so Hoerschelmann, seien „wir berufen und befähigt“.

Heinrich Bedford-Strohm nahm in seinem Impulsvortrag diesen Ball auf. Die Arbeit des KED sei Anlass, „auch mal selbstbewusster zu werden als Kirche“, befand der bayerische Landesbischof. Er attestierte der kirchlichen Entwicklungsarbeit eine „Vorreiterrolle“ bei Themen wie „Fairer Handel“, „Klimawandel“ und „globale Gerechtigkeit“. Die Weichen zur Gründung kirchlicher Entwicklungsdienste seien bei der EKD-Synode von 1968 in Berlin-Spandau gestellt worden, als „auf das Drängen der Kirchen des Südens im Ökumenischen Rat der Kirchen“ hin die Forderung aufgenommen wurde, „mit echtem entwicklungspolitischen Einsatz und gelebter Solidarität auf die Ungerechtigkeiten bei der Verteilung von Wohlstand und dem Zugang zu Märkten und Möglichkeiten zu antworten“. Diesen „Weltgestaltungsauftrag“ müsse sich „die ganze Kirche“ zu eigen machen, forderte Bedford-Strohm. Beim Thema „Entwicklung“ gehe es „nicht um ein Randthema der Kirche“, sondern „um ihren Kernauftrag“. Seine Folgerung: „Die Eine Welt muss zentraler Teil unserer Kirche bleiben.“ Deshalb sei die Arbeit von Mission EineWelt und dem KED „die zentrale Basis für die Arbeit der Kirchen überhaupt“. Die größte Herausforderung für die zukünftige Arbeit liege darin, den „goldenen Vorhang“ zwischen Globalem Norden und Globalem Süden zu lüften. „Das ist für mich die allererste Aufgabe des KED“, betonte der Landesbischof.

Nach einer Revue „50 Jahre in 50 Minuten“ mit Adelheid von Guttenberg, bayerische KED-Beauftragte von 1990 bis 1999, Kuno Hauck, ehemaliger Referent für entwicklungspolitische Bildungsarbeit im KED Bayern, Käthe Pühl, ehemaliges Mitglied der Landessynode, Jürgen Kaiser, bis 2021 Koordinator des Bündnisses erlassjahr.de, Sven Hilbig, Referent für Handelspolitik und Digitalisierung bei Brot für die Welt, Eva-Maria Reinwald, Fachpromotorin für Globale Wirtschaft und Menschenrechte bei Südwind, und der ehemaligen Freiwilligen Clara Groth ging es daran, Bilanz zu ziehen.

„Was haben wir (gemeinsam) erreicht und was braucht die Politik von der Kirche?“ fragte Jürgen Bergmann, Leiter des Referats Bildung Global (vorher Entwicklung und Politik) bei Mission EineWelt, den Grünen-Politiker Uwe Kekeritz, bis 2021 Mitglied im Bundestagsausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, und Herman Imhof, bis Ende 2018 CSU-Landtagsabgeordneter und Patienten- und Pflegebeauftragter der Bayerischen Staatsregierung. Für Uwe Kekeritz sind das Engagement gegen das Freihandelsabkommen TTIP und der Einsatz für ein Lieferkettengesetz „Errungenschaften“ der Zusammenarbeit von Kirche und Politik. Zudem haben die Kirchen aus seiner Sicht „an Radikalität gewonnen“. Inzwischen hätten sie erkannt: „Wir müssen das System verändern.“ Hermann Imhof forderte „starke Kirchen“, die, „an der Tat gemessen“, glaubwürdig seien. Mit Bezug auf das Papstwort „Diese Wirtschaft tötet“ zeigte auch er sich überzeugt von der Notwendigkeit eines grundsätzlichen Umdenkens: „Wir brauchen einen Systemwechsel. Daran müssen wir miteinander arbeiten.“

Während des Studientages zur ÖRK-VV bei Mission EineWelt haben wir Menschen aus unseren Partnerkirchen gefragt, was sie bei der internationalen Zusammenkunft der Kirchen inspiriert und beeindruckt hat, und welche Herausforderungen sie für die Zukunft sehen.

Georgios Vlantis

Georgios Vlantis

Georgios Vlantis ist griechisch-orthodoxer Theologe, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in Bayern und wissenschaftlicher Mitarbeiter der Volos Akademie für Theologische Studien (Griechenland). An der Vollversammlung hat er als Mitglied der Delegation des Ökumenischen Patriarchats teilgenommen.

Für ihn war „der Umgang mit dem Krieg in der Ukraine und der Haltung der Russischen Orthodoxen Kirche dazu […] eine der größten Herausforderungen“ für die ÖRK-VV. Das Statement der Vollversammlung enthalte „viele wichtige und mutige Thesen“. Aber: „Trotzdem habe ich Karlsruhe mit einem komischen Gefühl verlassen.“ Ihm sei es nicht um einen „Ausschluss der Russischen Orthodoxen Kirche aus dem ÖRK“ gegangen. „Ich habe mir aber eine stärkere prophetische Botschaft an die Adresse ihrer Leitung gewünscht.“ Seine These: „Selbstbewusste christliche Worte, mit prophetischer Stärke und in der Intensität der Ehrlichkeit“ seien „hilfreicher als langweilig abstrakt formulierte Texte, die kurzfristig alle glücklich und am Ende alle unglücklich machen oder, vielleicht noch schlimmer, zur Gleichgültigkeit und zum Zynismus führen und das friedensstiftende Potenzial der Ökumene schwächen.“

MEW-Direktorin Gabriele Hoerschelmann im Gespräch mit Teilnehmer*innen des Studientags nach der ÖRK-Vollversammlung

MEW-Direktorin Gabriele Hoerschelmann (3.v.l.) im Gespräch mit Teilnehmer*innen des Studientags nach der ÖRK-Vollversammlung

Im Interview mit dem Sonntagsblatt zieht Gabriele Hoerschelmann ihre persönliche Bilanz der vor kurzem zu Ende gegangenen Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen in Karlsruhe. Die Direktorin von Mission EineWelt spricht über die „ungeheure Energie“, die spürbar wird, „wenn wir als Kirchen weltweit unsere Probleme und Themen gemeinsam angehen“. Sie benennt das Engagement zur Eindämmung der Klimakrise als drängendes Problem, schließt sich der Forderung der Jugend-Delegierten nach mehr Partizipation für die jüngere Generation an und skizziert, wie es nun mit  dem, was die Vollversammlung beschlosssen hat, weitergehen könnte – zusammen mit den Gemeinden in Bayern und mit den Partnerkirchen aus aller Welt.

Das alles und noch viel mehr gibt es hier zu lesen:

https://www.sonntagsblatt.de/artikel/kirche/so-hat-die-direktorin-von-mission-einewelt-die-versammlung-des-weltkirchenrats

Während des Studientages zur ÖRK-VV bei Mission EineWelt haben wir Menschen aus unseren Partnerkirchen gefragt, was sie bei der internationalen Zusammenkunft der Kirchen inspiriert und beeindruckt hat, und welche Herausforderungen sie für die Zukunft sehen.

Mauro de Souza

Mauro de Souza

Mauro de Souza ist zweiter Vizepräsident der Evangelischen Kirche lutherischen Bekenntnisses in Brasilien (IECLB) und Mitglied des ÖRK-Zentralausschusses.

Das wichtigste an der 11. Vollversammlung des ÖRK ist für ihn, dass „Menschen von überall auf der Welt zusammengekommen sind, zusammen gedacht, gesungen und gebetet haben“ und in den Beratungen für Konsens und Dissens gleichermaßen Raum gewesen sei. Das, so de Souza, sei „ein Zeugnis, dass wir als Christ*innen präsent und lebendig sind und weiterhin daran festhalten, auf eine bessere Welt zu hoffen.“ Die getroffenen Entscheidungen der Vollversammlung seien „sehr wichtig für die Arbeit in den nächsten Monaten“, betont der Theologe. „Das Zentralkomitee hat damit klare Vorgaben, in welche Richtung es bei der Programmentwicklung arbeiten soll.“ Besonders wichtig sind aus seiner Sicht die Themen „Klimagerechtigkeit, Geschlechtergerechtigkeit, Flucht, Vertreibung und Migration, Krieg und Frieden, ökonomische und politische Ungleichgewichte, Hate Speech“. Der ÖKR habe die Kapazitäten und die Möglichkeiten „Programme zu entwickeln, die den Kirchen helfen, an den genannten Themen zu arbeiten“.

Während des Studientages zur ÖRK-VV bei Mission EineWelt haben wir Menschen aus unseren Partnerkirchen gefragt, was sie bei der internationalen Zusammenkunft der Kirchen inspiriert und beeindruckt hat, und welche Herausforderungen sie für die Zukunft sehen.

Tolbert Jallah

Tolbert Jallah

Tolbert Jallah von der Lutherischen Kirche in Liberia (LCL) ist Dekan im Monrovia District.

„Es war eine großartige Zeit in Karlsruhe“, freut sich der Theologe. Insbesondere die morgendlichen Andachten und die Gottesdienste haben ihn begeistert. „Es war inspirierend, mit Brüdern und Schwestern aus aller Welt zusammen zu beten und zu singen.“ Die wichtigsten Themen für ihn waren Versöhnung, Heilung und Einigkeit. „Das ist es, was Liberia nach den langen Jahren des Bürgerkriegs dringend braucht. Das nehme ich als Botschaft und Auftrag mit.“

Hans-Martin Schöll

Hans-Martin Schöll

Am 27. August 2022 ist Hans-Martin Schöll verstorben. Als landeskirchlicher Beauftragter für den Kirchlichen Entwicklungsdienst (KED) in Bayern prägte er zwischen September 1975 und Dezember 1989 die Entwicklungszusammenarbeit der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern maßgeblich mit. Er war einer der ersten, die erkannten, dass soziale, ökologische und ökonomische Themen nicht getrennt voneinander, sondern global und im Zusammenhang gedacht werden müssen. Hans-Martin Schöll war ein Pionier des Fairen Handels, unterstützte das Konzept fairer Geldanlagen von Oikocredit und baute den Förderkreis Bayern mit auf. „Ihm ging es darum, bekannt zu machen, dass Gottes gute Erde nur als vernetztes Gebilde verstanden werden kann und dass alles zusammen hängt – ökologisch, ökonomisch, sozial. Deshalb ging es ihm bei Entwicklung weniger um Hilfsleistungen, sondern um gerechten Ausgleich. Und konsequenterweise auch darum: ‚Erkennt, dass wir selbst Teil der weltweiten Probleme sind‘.“, erinnert sich sein Nach-Nachfolger Jürgen Bergmann, Leiter des Referats Bildung Global von Mission EineWelt.

Von 1990 bis 1999 war Hans-Martin Schöll fürs damalige Missionswerk Bayern am Melanesian Institute in Goroka in Papua-Neuguinea tätig. Seine Motivation habe darin bestanden, „die Gegenwart Gottes nicht nur in Worten, sondern ganz praktisch und handgreiflich“ zu vermitteln. Dabei habe er „in großen strukturellen Zusammenhängen gedacht und wesentlich dazu beigetragen, ungerechte globale Strukturen aufzudecken und zu bekämpfen“, würdigt Thomas Paulsteiner, Leiter des Referats Papua-Neuguinea/Pazifik/Ostasien bei Mission EineWelt, den Verstorbenen. „Wir danken Hans-Martin Schöll für alles, was er geleistet hat. Möge er auch weiterhin in der barmherzigen Hand unseres treuen Gottes geborgen bleiben.“