Eine Überanpassung mit fatalen Folgen. So könnte man die teilweise mit großer Begeisterung vollzogene Hinwendung der Mission, insbesondere auch der Neuendettelsauer, zum Nationalsozialismus überschreiben. Wie es dazu kam und wie tief die Nazi-Ideologie in der Mission verankert war, beschäftigt die Forschung bis heute. Die Fachtagung der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) mit dem Titel „Äußere Mission und Nationalsozialismus“, die Ende Oktober bei Mission EineWelt stattfand, gab einen Überblick über den gegenwärtigen Stand der Forschung.

Harry Oelke (Foto: Thomas Nagel)

Harry Oelke (Foto: Thomas Nagel)

Ein „Spannungsverhältnis“, attestierte Harry Oelke, bis 2023 Professor für Kirchengeschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München, der Interaktion von Nationalsozialismus und Mission. „Der Nationalsozialismus forderte die Mission heraus wie kein anderes System. Er war übergriffig und entwickelte einen permanenten Druck zur Anpassung.“ Im Prinzip sei, führte Oelke weiter aus, in dieser Situation Anpassung genauso möglich gewesen wie Widerstand. In der Realität allerdings waren die Missionsgesellschaften traditionell konservativ und nationalistisch geprägt. Deshalb hätten sich die Missionare von je her als „geistige Botschafter des Reiches“ verstanden, erläuterte Oelke. Viele sahen in Hitlers Regime eine starke völkisch-religiöse Aufbruchsbewegung, und in der Mission die perfekte Ergänzung dazu. Sie seien dann „überrascht“ gewesen, „dass die Nazis das gar nicht wollten“, brachte der Theologe in Kürze die Geschichte der fatalen Interaktion von Mission und Nationalsozialismus auf den Punkt.

Jonas Licht (Foto: Thomas Nagel)

Jonas Licht (Foto: Thomas Nagel)

Wie stark sich große Teile der Missionsgesellschaften an die Nazis anbiederten, lässt sich auch anhand damaliger Missionspublikationen nachvollziehen. Jonas Licht, Religionswissenschaftler und Lehrer aus Hamburg, zeigte das am Beispiel der Neuen Allgemeinen Missionszeitschrift NAMZ. Diese hat laut Licht viele Texte veröffentlicht, die „den Nationalsozialismus begrüßen“ und die Rassenlehre der Nazis propagieren. Wo die Unterstützung nicht offensichtlich war, seien die Artikel „unverfänglich gewesen“. Es habe eine „starke Selbstzensur“ gegeben, bilanzierte Licht. Noch krasser agierte die Zeitschrift der Berliner Missionsgesellschaft. Dort wurde erstmals  das „Wort der Mission zur Rassenfrage“ veröffentlicht. Laut Licht ist dieser Text, der vom damaligen Direktor der Berliner Mission, Siegfried Knak verfasst wurde, „das wohl am meisten rassistische Dokument aus der Mission in der NS-Zeit“. Unter anderem heißt es dort, Gott habe die Juden mit Zerstreuung unter die Völker bestraft, und „das jüdische Volk“ würde „den Völkern, unter die es verstreut ist, so oft Verderben“ bringen. Von daher sei staatliche Gewalt gegen Juden gerechtfertigt: „Der Staat darf, wo es not tut, harte Maßnahmen nicht scheuen.“ Bei der Frage, „ob christliche Deutsche und christliche Juden untereinander heiraten sollen [sic!]“, hielt man sich bedeckt: „Ein Jude wird durch Taufe und Glaube nicht ein Deutscher, darum hat die Mission nichts mit der Frage zu tun.“ Diese Entscheidung überlasse man dem Staat. Allerdings hielt Knak daran fest, dass „christusgläubige Juden“ als „Glieder der Kirche Christi wie die gläubigen Menschen aller Völker zur Christenheit gehören“. Mit diesem „Wort“, erklärte Jonas Licht, sei „der Antisemitismus genuin missionarisch gewendet“ worden. Ironie der Geschichte: Die Nazis wiesen den Text zurück. Auch als 1936 eine verschärfte Version in der NAMZ erschien, war das nicht genug. In den Jahren 1939 und 1940 wurden beide Zeitschriften sogar verboten. Lichts Fazit in Anlehnung an den Historiker und Missionstheologen Werner Ustorf: „Die deutsche evangelische Mission ist auf der braunen Welle geschwommen.“ Das Verbot der Zeitschriften sei kein Zeugnis einer Renitenz seitens der Mission, sondern vielmehr Resultat einer „asymmetrischen Liebesbeziehung“ gewesen. Die Nationalsozialisten sahen in der Mission wie in den Kirchen insgesamt eine auf Dauer unnötige spirituelle Konkurrenz.

Moritz Fischer (Foto: Thomas Nagel)

Moritz Fischer (Foto: Thomas Nagel)

Die ambivalente Beziehung zwischen Mission und Nationalsozialismus kann als eine zwischen Hingabe seitens der Mission und Abweisung seitens der Nazis gelesen werden, und gleichzeitig als Widerstreit zwischen einer Art „Restwillen“ der Mission zur Unabhängigkeit in Form einer eigenständigen Rolle und dem Absolutheitsanspruch des Nazi-Regimes, das solche Sonderrollen nicht akzeptierte, sondern auf Gleichschaltung aller gesellschaftlichen Akteure aus war. Wobei die aktive Anbiederung seitens der Mission wesentlich deutlicher hervorsticht als die sehr verhaltene Behauptung der Eigenständigkeit, die nicht ansatzweise in aktiven Widerstand mündete. Vor dem Hintergrund historischer und gesellschaftlicher Entwicklungen ordnete Moritz Fischer, Professor an der Fachhochschule für Interkulturelle Theologie (FIT) in Hermannsburg, die Hinwendung der Mission zum Nationalsozialismus als Suche nach einer „alternativen Moderne“ ein. Im Kontext dieser Suche nach einer Alternative zu Demokratie und am Ende gar Sozialismus, die mit der Angst vor einer Säkularisierung der Gesellschaft und einem damit verbundenen Bedeutungsverlust von Kirche und Mission verbunden war, sahen viele Vertreter von Kirche und Mission im Faschismus verheißungsvolle Parallelen zu eigenen Sichtweisen und Sehnsüchten. Fischer zitierte die Faschismus-Definition des US-amerikanischen Autors Matthew N. Lyons, wonach Faschismus den „Mythos einer nationalen oder rassischen Wiedergeburt im Anschluss an eine Periode des Niedergangs oder der Zerstörung“ betone und „zu einer ‚spirituellen Revolution‘ gegen Anzeichen des moralischen Verfalls, des Individualismus und des Materialismus“ aufrufe. In der Mission war man begeistert von dieser Bewegung. „Wir Missionare begrüßen mit tiefster Freude den Anbruch des Dritten Reiches; denn hier kam das Denken zu einem Durchbruch, den wir längst als richtig erkannt haben, besonders in der Mission. So sollte man wohl im Umkehrschluss denken, dass die Menschen des Dritten Reiches die wahrhaft große Idee des Reiches Gottes verstehen müssen“, brachte der damalige Missionsinspektor Christian Keyßer nicht nur die Begeisterung auf den Punkt, sondern auch die damit eng verbundene Hoffnung auf eine zentrale Rolle für Kirche und Mission in der neuen Staatsform.

Erfüllt haben sich diese Hoffnungen nicht. „Die Mission als vermeintliche Bündnispartnerin des deutschnationalistischen Faschismus wird – zum Leidwesen vieler ihrer Protagonisten – von diesem aber ab 1934 in ihre Schranken verwiesen und kommt an ihre Grenzen“, resümierte Fischer.

Und danach? – Die sehr allgemein gehaltenen Schuldbekenntnisse von glühenden Verfechtern des Nationalsozialismus wie Christian Keyßer oder Missions-Direktor Friedrich Eppelein nach dem zweiten Weltkrieg waren nach Einschätzung Fischers „wahrscheinlich eher formal“. Damit sei die „Chance“, die Verwicklung der Mission in den Nationalsozialismus frühzeitig aufzuarbeiten, „verpasst“ worden.

„Religion und Kultur“ lautete das Thema der Jahrestagung der Dekanatsbeauftragten für Partnerschaft, Entwicklung und Mission und der Dekanatsmissionspfarrer*innen – kurz: PEM-Tagung – vergangenes Wochenende bei Mission EineWelt. Dabei ging es sowohl um eine Sensibilisierung für einen „stereotypenfreien, respektvollen Umgang miteinander“ als auch um einen Blick in die Partnerkirchen: Menschen von dort stellten Konzepte für interkulturelles und interreligiöses Miteinander vor.

Erklärte Gotong Royong: Karthik Sibanyanam, Diakonik-Student an der Uni Bielefeld (Foto: Thomas Nagel)

Erklärte Gotong Royong: Karthik Sibanyanam, Diakonik-Student an der Uni Bielefeld (Foto: Thomas Nagel)

Zum Beispiel zeigten Karthik Sibanyanam und Joefrerick Bin Ating anhand der Kultur des Gotong-Royong und der Open House-Tradition, wie Menschen in Malaysia trotz kultureller und religiöser Unterschiede gut als Gemeinschaft zusammenleben und gegenseitig unterstützen. Gotong Royong, so erklärte es Karthik Sibanyanam, der an der Uni Bielefeld Diakonik studiert, sei ein zusammengesetzter Begriff. „Gotong“ bedeute soviel wie „etwas Schweres auf der Schulter tragen“ und „Royong“ das „Zusammenhelfen und -wirken mit anderen Personen“. In Malaysia, so der 49-Jährige, unterstützen sich die Menschen gegenseitig, unter anderem indem sie zusammen kochen und das Essen teilen, gegenseitige Hilfe – beispielsweise nach Naturkatastrophen – oder gemeinsame Seuchenprävention organisieren. Mit dieser Kultur des Gotong-Royong korrespondiert die Open Hause-Tradition.

Erklärte die Open House-Tradition in Malaysia: Joefrerick Bin Ating, Doktorand an der Augustana Hochschule (Foto: Thomas Nagel)

Erklärte die Open House-Tradition in Malaysia: Joefrerick Bin Ating, Doktorand an der Augustana Hochschule (Foto: Thomas Nagel)

Letztere sei von der Familientradition bis hin zur Regierungsagenda ausgeweitet worden, erläuterte Joefrerick Bin Ating, der an der Augustana Hochschule in Theologie promoviert. „Die Regierung hat die Bedeutung des Konzepts für die nationale Integration erkannt“, sagte der 42-Jährige. Malaysia ist ein multi-religiöses Land. Traditionen wie Open House dienen als Strategien, um Konflikte zu vermeiden und im Gegenteil das Verständnis für einander und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern und gemeinsame Werte zu erkennen. Im Kern geht es darum, bei großen Festen in der eigenen Religion oder Tradition, wie Weihnachten, Chinese New Year, Familie, Freunde, Nachbarn und auch Fremde einzuladen und mit ihnen zusammen zu feiern. Bei allen Problemen und Konflikten, die es unter anderem zwischen den Religionen gebe, sei das „eine Gelegenheit, voneinander zu lernen“, betonte Bin Ating. „Bei allem Dissens können wir zusammenkommen und Konflikte ausräumen, das gegenseitige Verstehen befördern und gemeinsame Projekte starten.“

Sicherte den Fortbestand von MEW am Standort Neuendettelsau zu: Stefan Blumtritt, Leiter der Abteilung K, Kirche und Gesellschaft, im Landeskirchenamt (Foto: Thomas Nagel)

Sicherte den Fortbestand von MEW am Standort Neuendettelsau zu: Stefan Blumtritt, Leiter der Abteilung K, Kirche und Gesellschaft, im Landeskirchenamt (Foto: Thomas Nagel)

Bei der anschließenden Missions- und Partnerschaftskonferenz (MiPaKo) hatte Stefan Blumtritt, als Leiter der Abteilung K, Kirche und Gesellschaft, im Landeskirchenamt für Mission EineWelt zuständig, gute Nachrichten bezüglich der Zukunft von Mission EineWelt in Neuendettelsau im Gepäck: „Für mich ist der Standort Neuendettelsau diskussions-, aber nicht fragwürdig“, sagte er vor den Delegierten der Missions- und Partnerschaftskonferenz. Allerdings seien vor dem Hintergrund der rückläufigen Zahl der Kirchenmitglieder und der Kirchensteuereinnahmen weitere Kürzungen wahrscheinlich. „Gehen Sie von minus 30 Prozent plus x in den kommenden 8 bis 10 Jahren aus“, sagte Blumtritt auf Nachfrage. In seiner Antwort auf Blumtritts Aussagen betonte Mission EineWelt-Direktor Hanns Hoerschelmann, das Partnerschaftszentrum habe gerade vor dem Hintergrund der „interkulturellen Kirchenentwicklung“ viel Kompetenz „positiv und visionär in die Prozesse zu Entwicklung der Landeskirche einzubringen“.

Neu im MiPaKo-Präsidium: Jutta Knobloch, Dekanatsmissionsbeauftragte im Dekanat München-West (Foto: Thomas Nagel)

Neu im MiPaKo-Präsidium: Jutta Knobloch, Dekanatsmissionsbeauftragte im Dekanat München-West (Foto: Thomas Nagel)

Nach dem Rückzug von Susanne Kießling-Prinz aus dem Präsidium der MiPaKo stand am Samstagabend noch die Wahl eines neuen Präsidiumsmitglieds an. Einstimmig gewählt wurde Jutta Knobloch, Dekanatsmissionsbeauftragte im Dekanat München-West.

Weltweit nimmt die ungleiche Vermögensverteilung zu. Die oberen zehn Prozent der Bevölkerung besitzen etwa 85 Prozent des Vermögens – Tendenz steigend. Die Ärmsten hingegen besitzen zusammen nur etwa ein Prozent des Vermögens. Auch in Deutschland werden die Reichen immer reicher. Hier wuchs das Gesamtvermögen der fünf reichsten Deutschen auf rund 155 Milliarden US-Dollar im Jahr 2024 an. Wie können wir die Kluft zwischen Arm und Reich überwinden? Was bedeutet denn Reichtum überhaupt für uns Menschen?

Der Lagois-Fotowettbewerb 2025 widmet sich dem Thema Reichtum und der Frage, wie wir gesellschaftliche Teilhabe und Verteilungsgerechtigkeit erreichen können. Gesucht werden Fotoreportagen und Porträts von Menschen, die sich dafür einsetzen, die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich zu verringern. Gesucht werden aber auch Arbeiten, die sich damit beschäftigen, was Reichtum noch bedeuten kann – auf persönlicher, kultureller oder gesellschaftlicher Ebene. Wie sind Wohlstand und Glück, Überfluss und Gier mit Reichtum verbunden? Welche anderen, neuen Form von Reichtum sollten wir in den Blick nehmen?

Der Lagois-Fotowettbewerb ist mit insgesamt 5.000 Euro dotiert. Der Fotopreis wird in zwei Kategorien vergeben und richtet sich an Profifotograf*innen sowie an Jugendliche und junge Erwachsene im Alter zwischen 14 und 27 Jahren. Einsendeschluss für den Fotopreis ist der 26. März 2025

Darüber hinaus vergibt die Jury ein Stipendium für ein Fotoprojekt, das noch nicht realisiert oder abgeschlossen ist. Der Einsendeschluss für Bewerbungen um das Stipendium ist der 15. Januar 2025.

Die besten Fotos aus allen Einsendungen werden in einer Wanderausstellung in ganz Deutschland präsentiert, außerdem erscheint ein Bildband zum Thema. Schirmherr des Lagios-Fotowettbewerbs ist der Regionalbischof für München und Oberbayern, Thomas Prieto-Peral.

Kooperationspartner sind die Evangelische Jugend in Bayern (ejb), Mission EineWelt, die Diakonie Bayern und die Fachmesse ConSozial.

Der Lagois-Fotowettbewerb wird seit 2008 vom Evangelischen Presseverband für Bayern e.V. (EPV) vergeben. Namensgeber ist Pfarrer Martin Lagois (1912-1997), der die evangelische Publizistik prägte.

 

Weitere Informationen:

Evangelischer Presseverband, Claudia Schreck

Telefon 089/12172-153, E-Mail: lagois@epv.de
www.ausstellung-leihen.de

"Ich habe die Flut überlebt", steht auf dieser Schuluniform. (Foto: Ines Ackermann)

„Ich habe die Flut überlebt“, steht auf „Ich habe die Flut überlebt“, steht auf dieser Schuluniform. (Foto: Ines Ackermann)

Die Überschwemmungen vor fünf Monaten waren ein Schock für viele Menschen hier im Süden Brasiliens und haben es bis in die Hauptnachrichten Europas geschafft. Was dabei oftmals unterging: Es waren nicht die ersten und werden auch nicht die letzten sein. Viele Gebiete im Bundesstaat Rio Grande do Sul werden regelmäßig überschwemmt, und auch jetzt im September und Oktober erscheinen auf meinem Handy wieder Warnungen vor Wassermassen, Stromausfällen, Blitzen und Hagel. So schlimm wie im Mai soll es aber (hoffentlich!) nicht wieder werden.

Bei einem Frauentreffen zum Thema „Die Flut vom Mai ist vorbei, was nun?“ erzählt eine junge Frau, dass ihr Haus schon im September 2023 völlig überflutet war. Sie lebt aus gepackten Kisten, um im Zweifel schnell weg zu können. In dem Stadtteil, in dem sie wohnt, stehen jedes Jahr Häuser unter Wasser. Aber da er zur Peripherie gehört und von ärmeren Schichten bewohnt wird, interessiert das die Medien und die Politik nicht besonders. Erst jetzt, wo die ganze Stadt und der ganze Bundesstaat betroffen waren, wird das Problem sichtbarer.

Nach den Überschwemmungen im Mai ist in gewisser Weise wieder Alltag eingekehrt, aber die Striche des Wasserstandes an den Hauswänden sind noch überall zu sehen. Wer hier lebt, wird täglich damit konfrontiert, was Menschen an materiellen Dingen durch das Wasser verloren haben. Der Staat bemüht sich um Unterstützung. Diese erreicht nicht alle und nur langsam. Dafür sind es NGOs, die Kirchen und zahllose Einzelpersonen, die weiterhin mit scheinbar unendlicher Kraft anpacken.

War im Frühjahr bis zum ersten Stock überflutet: das Haus von Graciela Cornaglia (Foto: Graciela Cornaglia)

War im Frühjahr bis zum ersten Stock überflutet: das Haus von Graciela Cornaglia (Foto: Graciela Cornaglia)

Graciela hatte ihr Haus, als das Wasser stieg, mit dem Laptop und einem Satz Kleidung verlassen. „Morgen komme ich zurück“, dachte sie. Doch das Wasser blieb einen ganzen Monat. Bis heute nehmen die Wände auch nach zwei Anstrichen immer wieder einen gelblichen Farbton an und das Haus ist von außen voller grün-brauner Algen. Aus Angst um ihre Gesundheit wohnt Graciela weiterhin auf dem Campus der theologischen Universität „Faculdades EST“, wo sie im Mai untergekommen war. Doch eine befreundete Familie ist mangels anderer Möglichkeiten in ihr Haus gezogen. Bald hat das Kind eine Lungenentzündung entwickelt, und auch die Eltern husten. Unter solchen Bedingungen leben jetzt viele Menschen. All diese Personen zählen in die Statistik als „konnten in ihre Häuser zurückkehren“.

Bei dem Frauentreffen wird sehr Persönliches geteilt. Eine 35-Jährige erzählt von ihrer Teenager-Tochter, bei der seit den Überschwemmungen die Anorexie völlig außer Kontrolle ist. Sie hatte mit ansehen müssen, wie ihr Rückzugsraum zerstört wurde, und auch ihr Hund und die Katze die Flut nicht überlebt haben. Es gibt psychologische Betreuung, aber lange nicht für alle.

Viele Kinder hatten wochenlang jeden Tag darauf gewartet, nach Hause zurückzugehen. Eltern erzählen, dass sie lange nicht die Kraft gehabt hatten, den Kindern zu sagen, dass das Haus und all ihr Schulmaterial, Spielzeug und Kleidung nicht mehr existierte.

Ich konnte ein paarmal an Besuchen teilnehmen, die Organisationen wie die UNHCR und der Menschenrechtsrat von São Leopoldo in Stadtvierteln gemacht haben, wo die Situation besonders prekär ist. Dort wohnen Menschen in Holzhäusern, die Straßen sind nicht geteert, manche haben Strom und fließend Wasser, andere nicht. Unter den Bewohner*innen sind viele migrantische Familien aus Venezuela und Haiti. Immer wieder war ich beeindruckt von der Energie der Frauen, die als Sprecherinnen dieser Stadtteile agieren. Bei den ersten Treffen erzählten die Bewohner*innen von der nächtlichen Evakuierung, woher sie später Essen bekamen und wer alles schon zurückgekommen war. Inzwischen geht es um den Wiederaufbau. Eine Frau berichtet, ihr Antrag auf staatliche Hilfe sei abgelehnt worden. Das Online-Programm hatte erkannt, dass für ihre Adresse bereits ein Antrag eingegangen war. Sie hatte, wie viele andere, den Namen der gesamten Siedlung eingetragen. Jetzt ist die Antragsfrist um. Eine der Sprecherinnen, Andréia, führt uns stolz in ein Häuschen, in dem sie jeden Tag Suppe kocht und verteilt und auch Ballett-Kurse für Kinder anbietet. Das Häuschen hat eine Gruppe Freiwilliger aus dem benachbarten Bundesstaat Santa Catarina für sie wieder aufgebaut. Sie hatten Andréia und ihre scheinbar nie endende Energie kennen gelernt und entschieden, ihre Arbeit zu unterstützen. Die kleinen Plastikstühle, auf denen auch wir sitzen, reichen lange nicht für die vielen Kinder aus der Siedlung, die zum Essen kommen. „Aber dann essen wir eben nacheinander, das macht nichts“, sagt Andréia.

Das gemeinsame Erleben dieser Katastrophe ist auch verbindend. Sicherlich wären wir als neu Angekommene in einer anderen Situation nie so schnell in so engen, emotionalen Kontakt zu den Menschen in unserer Nachbarschaft gekommen. Graciela sagt, sie habe durch das Wasser all ihren Besitz verloren. Aber menschlich habe sie so viel gewonnen. Ihr gänzlich Unbekannte haben ihre Küchen, ihre Kleidung, ihr Essen mit ihr geteilt. Und sie hat Bekanntschaften gemacht, die zu Freundschaften wurden, über die Monate des Zusammenlebens. So ging es mir auch.

Der Regen hat sich im Bewusstsein der Menschen hier als mögliche Bedrohung eingenistet, die Flut geht schon jetzt ins kollektive Gedächtnis ein. Es ist eine Zäsur im Denken. Vor den Überschwemmungen, nach den Überschwemmungen. Ähnlich wie vor Covid und nach Covid. Nur gab es hier beides. Bei einem lokalen Chortreffen erinnern drei von acht Chören an die Zeit der Überschwemmung, ein Kinderchor macht klatschend und stampfend die Geräusche von Regen nach, es werden Fahnen und Tücher in den Farben des Bundesstaates geschwenkt. Unternehmen werben mit Slogans wie „Stolz, in Rio Grande do Sul zu bleiben“ und an vielen Orten gibt es Schilder mit Texten wie „Wir bauen Rio Grande do Sul wieder auf“ und „Rio Grande do Sul, gemeinsam schaffen wir das!“

 

Ines Ackermann

Wie konnte es dazu kommen, dass Teile von Kirche und Mission sich dem Nationalsozialismus zuwandten? „Durch den deutschen Nationalsozialismus und seine expansive Ideologie“ seien „besondere Bedingungen für die christliche Mission“ gegeben gewesen, „die einen speziellen Forschungsansatz notwendig machen“ , meinen die Veranstalter*innen von der Abteilung für Kirchengeschichte der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU).

Die Tagung „Äußere Mission und Nationalsozialismus“, die am Donnerstag, 24. Oktober 2024, von 15:30 bis 20:45 Uhr im Otto-Kuhr-Saal von Mission EineWelt in Neuendettelsau stattfindet, gibt mit Vorträgen von Harry Oelke (München), Michael Biehl (Hamburg), Jonas Licht (Shenyang, China / Hamburg) und Moritz Fischer (Hermannsburg) Einblick in den derzeitigen Stand der Forschung.

 

Das Programm im Detail:

15:30 Kaffee

16:00 Begrüßung

Prof. Dr. Harry Oelke, Franziska Schoppa (München)

16:15 Kirche und Mission in der NS-Zeit im Gedächtnis der Deutschen

Doppelvortrag: Prof. Dr. Harry Oelke, Dr. Michael Biehl (München/Hamburg)

17:15 Mission in der NS-Zeit im Spiegel der Missionspublizistik

Dr. Jonas Licht

(Shenyang, China/Hamburg)

18:00 Abendessen

19:15 Grußwort

D.Min. Hanns Hoerschelmann (Direktor Mission EineWelt)

19:30 NS-Ideologie – Mission – Kirche. Interdependenzen in der NS-Zeit

Prof. Dr. Moritz Fischer

(Hermannsburg)

Mission EineWelt trauert um Walter Eidam. Mit 24 Jahren war er 1956 als Missionar nach Papua-Neuguinea ausgereist. Dort arbeitete er zunächst in Gurakor/Mumeng und Aseki bevor er 1964 als Dozent an die Bibelschule Mainyanda wechselte. 1970 kehrte er mit seiner Frau Margarete und fünf Kindern nach Deutschland zurück. Ab 1971 hatte er bis zu seinem Ruhestand 1994 die Pfarrstelle in Petersaurach inne. Bis zuletzt fühlte er sich eng verbunden mit der Kirche in Papua-Neuguinea. Nun verstarb er im hohen Alter von 92 Jahren, nur gut vier Wochen nach dem Tod seiner Frau.

Thomas Paulsteiner

Illustration: Daniela Denk

Illustration: Daniela Denk

Statt Hü oder Hott doch lieber irgendwas dazwischen. Wenn die Eberhoferkrimis das so genannte richtige Leben, also die Lebensrealität von „Leuten wie Du und ich“ abbilden, dann genau damit. Allen voran der Polizist Franz Eberhofer und seine Irgendwie-vielleicht-Freundin Susi bewegen sich mal in die ein Richtung, mal in die andere, verharren dann aber doch lieber irgendwo zwischen den Extremen. Am Ende lieber doch nicht wirklich etwas ändern, allenfalls ein bisschen.

Diesmal geht’s aber tatsächlich ans Eingemachte. Seine plötzlich zu Tage tretende körperliche Schwäche schiebt Eberhofer zunächst auf den Anblick einer verkohlten Leiche. Doch der Besuch beim Arzt zeigt: Es liegt an zu viel Cholesterin. Ergo: Der Provinzpolizist müsste lieb gewonnenen Ernährungsgewohnheiten entsagen, die sich sinnbildlich in überbordendem Leberkäskonsum manifestieren. Es ist diesmal also – neben der Dauerkrise mit Susi – die drohende Umstellung der Ernährung, die Eberhofers Gleichgewicht des Ungefähren bedroht. Und das Rätsel der verkohlten Leiche gilt es natürlich auch noch zu lösen.

Das Mittwochskino bei Mission EineWelt zeigt „Leberkäsjunkie“ am 23. Oktober 2024 um 19:30 Uhr im Otto-Kuhr-Saal. Der Eintritt ist frei. Nach der Filmvorführung gibt’s wahlweise lecker-vegetarischen oder deftig-fränggischen Imbiss.

„Solche Veranstaltungen können unsere Verbundenheit ausdrücken. Wir können damit Dinge teilen: den Glauben, aber auch das, was uns umtreibt und Sorge macht“, sagte Mission EineWelt-Direktor Hanns Hoerschelmann zur Eröffnung des Informationstages „Papua-Neuguinea – Land of the Unexpected“ am 12. Oktober im Caritas-Pirckheimer-Haus in Nürnberg. Die Kooperationsveranstaltung von missio München, Mission EineWelt und weiteren Partnern ist Teil des Weltmissionsmonats, die als weltweite Solidaritätsaktion der Katholik*innen jedes Jahr im Oktober stattfindet.

Rosa Koian(Foto: Thomas Nagel)

Rosa Koian
(Foto: Thomas Nagel)

Besorgniserregende Themen hatte Rosa Koian einige mitgebracht: steigender Meeresspiegel, Flutwellen und Landverlust, Starkregen, Überflutungen und Erdrutsche, zerstörte Infrastruktur, Klimaflucht, Raubbau an der Natur sowie Landstreitigkeiten. Die Journalistin und Umweltaktivistin engagiert sich gegen die Zerstörung und Ausbeutung der Natur in Papua-Neuguinea ebenso wie gegen die Ausbeutung der Bevölkerung. Nachdem sie sich lange Zeit mit NGOs gegen den Tiefseebergbau engagiert hat, arbeitet sie nun mit jungen Leuten und entwickelt mit ihnen zusammen Vorstellungen und Konzepte, wie die Zukunft im Pazifikraum aussehen sollte. „Wir brauchen junge Leute für den Kampf gegen den Klimawandel und seine Folgen“, sagte Koian.

Das Haupthindernis für eine Lösung der vielen Probleme Papua-Neuguineas in den Bereichen Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft ist, das machte die 58-Jährige auch in Nürnberg deutlich, die Regierung des Landes: „Unsere korrupte Regierung denkt nicht an diese Dinge, sie plant nicht für die Zukunft.“ Angesichts dessen müssten „die Kirchen mehr Verantwortung übernehmen“, forderte die Aktivistin. „Wir brauchen Unterstützung.“

Eine wichtige Rolle in dieser Hinsicht können auch Mission EineWelt und missio spielen. Unterstützung von Deutschland aus sollte am besten über diese beiden Organisationen laufen, erläuterte Rosa Koian am Ende ihres Vortrags.

Sylvester Warwakai(Foto: Thomas Nagel)

Sylvester Warwakai
(Foto: Thomas Nagel)

„Papua-Neuguinea ist reich an kultureller Diversität und an natürlichen Ressourcen, aber es steht vor vielen Herausforderungen“, malte auch Sylvester Warwakai, seit 2023 Provinzialoberer der Herz Jesu-Missionare in acht Diözesen in Papua-Neuguinea, ein Bild der Gegensätze. Der 42-Jährige sieht „Armut und Ungleichheit“ als „größte Herausforderungen“ im weltweit drittgrößten Inselstaat. „Viele Menschen haben keinen Zugang zu medizinischer Versorgung, Bildung und sauberem Wasser“, kritisierte er. Weil, wie Warwakai weiter ausführte, die Regierung besonders in ländlichen Gegenden nicht viel tue, bemühen sich die katholische und die lutherische Kirche in Papua-Neuguinea darum, eigene Angebote in diesen Bereichen aufzubauen und am Laufen zu halten. Beide Kirchen betreiben Krankenhäuser und Schulen und legen Programme zur Bewusstseinsbildung auf. Zudem suchen sie das Gespräch mit Mitgliedern der Regierung in Fragen von Natur- und Klimaschutz und unterstützen gleichzeitig Initiativen und Aktionen der Bevölkerung in diesem Bereich. Der Zugang zu Bildung sei, betonte Sylvester Warwakai, ein Schlüsselelement und forderte: „Zugang und Qualität müssen verbessert werden.“ Ein weiterer Schwerpunkt in der ökumenischen Zusammenarbeit sei die „Ermächtigung von Frauen“ erklärte der Herz-Jesu-Missionar. Der Grund: „Geschlechterungerechtigkeit und Gewalt gegen Frauen sind in Papua-Neuguinea an der Tagesordnung.“ Die Kirchen unterstützen Frauen mit verschiedenen Programmen und Initiativen unter anderem in Sachen Bildung/Ausbildung sowie gegen Gewalt und sexuelle Gewalt gegen Frauen.

Thecla Gamog(Foto: Thomas Nagel)

Thecla Gamog
(Foto: Thomas Nagel)

An letzterem Thema knüpfte Thecla Gamog an. Die katholische Schwester und Trauma-Therapeutin leitet das katholische Schutzhaus für Frauen in Alexishafen und steht zudem allen fünf derzeit in Papua-Neuguinea vorhandenen Schutzhäusern als Präsidentin vor. Auch sie beklagte: „Die Regierung hat bis jetzt noch keine eigenen Schutzhäuser für Frauen eingerichtet, deshalb sind Kirchen und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) eingesprungen.“ In den Schutzhäusern finden Frauen, die vor ihren gewalttätigen Ehemännern geflohen sind, bis zu zwei Monate, in manchen Fällen – beispielsweise wenn ein Gerichtsprozess ansteht – auch länger als ein halbes Jahr, eine sichere Unterkunft. Dort gibt es Angebote für Seelsorge und Beratung. Auch beim Gang zur Polizei oder vors Gericht werden die Frauen unterstützt.

Auch in der Bewusstseinsbildung sind Thecla Gamog und ihre Kolleginnen aktiv. Sie gehen in die dörflichen Gemeinschaften, um dort aufzuklären und Beauftragte für den Schutz von bedrohten Frauen auszubilden. Mit Erfolg: „Die Resonanz ist gut“, berichtete Gamog in Nürnberg. „Inzwischen sind Männer in diesen Gemeinschaften aktiv für den Schutz von Frauen.“

Auch in Zukunft hat die 55-Jährige noch einiges vor: Unter anderem möchte sie ein Hostel für Frauen aufbauen, die vom Land kommen und in der Stadt arbeiten. Mit den Mieteinnahmen will sie die Arbeit im Schutzhaus finanzieren. Zudem möchte sie ein Haus für von Gewalt betroffene Kinder einrichten und auch ein Haus, das Beratung und Seelsorge für Männer anbietet, kann sie sich vorstellen.

Arnold Schmitt(Foto: Thomas Nagel)

Arnold Schmitt
(Foto: Thomas Nagel)

Mit Kindern und Jugendlichen, die ganz unten angekommen sind, arbeitet Arnold Schmitt. Der aus Unterfranken stammende Mariannhiller Missionar lebt seit 1998 in Papua-Neuguinea und versucht, Kindern, die auf der Straße und in völliger Armut leben, mittels Bildung wieder eine tragfähige Basis für ihr Leben zu vermitteln. Eindringlich berichtete er beim Informationstag von der Spirale aus Armut, Gewalt, Drogen, Kriminalität und Krankheit, in die Kinder und Jugendliche, die in Papua-Neuguinea auf der Straße landen, fast zwangsläufig hineingezogen werden. Da wieder herauszukommen, sei extrem schwer, zumal das „Schulsystem viele Hürden hat“, erläuterte der Pater. Das größte Problem: „Geld entscheidet über Bildung.“ Die Kapazität seines Programms ist begrenzt: „Wir müssen auswählen, da wir nur maximal 180 Kinder aufnehmen können. Die anderen müssen warten, bis wieder ein Platz frei wird“, bedauerte er. Er würde gerne nicht nur die katholische und die lutherische Kirche im Engagement gegen Armut und deren Folgen sehen, sondern auch die übrigen in Papua-Neuguinea aktiven Kirchen: „Das Evangelium alleine reicht nicht. Ich möchte von allen Kirchen, dass sie etwas für die Armen und Benachteiligten tun. Dann können wir etwas bewirken“, appellierte er am Ende seines Vortrags.

Kleidsam: Aktuelle Mode aus PNG(Foto: Thomas Nagel)

Kleidsam: Aktuelle Mode aus PNG
(Foto: Thomas Nagel)

Begleitet wurden die Vorträge von verschiedenen Workshops und Aktionen, unter anderem Sprachkurse in Tok Pisin, der Umgangssprache in Papua-Neuguinea, oder Kurse in „Bilum-Making“, also für das Knüpfen der traditionellen Tragenetze.

Zu Ende ging der Informationstag mit einer Modenschau des Labels Phizrogue der Mode-Designerin Paula Wiemers, das moderne und traditionelle Mode aus Papua-Neuguinea präsentierte. „Angetan“ von diesem bunt gemischten Programm zeigte sich auch Wolfgang Huber, Präsident von misso-München. „Das ist nicht nur intellektueller Austausch, sondern alle Sinne werden angesprochen.“

Stellte bei der EMW-Mitgliederversamlung Teile der neuen LWB-Strategie vor: Sivin Kit, Direktor der Abteilung für Theologie, Mission und Gerechtigkeit beim Lutherischen Weltbund (Foto: Thomas Nagel)

Stellte bei der EMW-Mitgliederversamlung Teile der neuen LWB-Strategie vor: Sivin Kit, Direktor der Abteilung für Theologie, Mission und Gerechtigkeit beim Lutherischen Weltbund
(Foto: Thomas Nagel)

Zum Abschluss der EMW-Mitgliederversammlung bei Mission EineWelt äußerte sich Sivin Kit, Direktor der Abteilung für Theologie, Mission und Gerechtigkeit beim Lutherischen Weltbund (LWB), zur Strategie seiner Organisation für die Jahre 2025 bis 2031. Das Papier mit dem Titel „Hoffnung schenken, Kirchen stärken, in der Welt wirken“ solle „kein Gesetz“ sein, sondern schlicht die Vorhaben und Prioritäten des Lutherischen Weltbundes darstellen, die sich aus den Entscheidungen der letzten Vollversammlung 2023 in Krakau ergeben. Die globale Kirchengemeinschaft mit derzeit 150 Mitgliedskirchen definiert in ihrem Strategiepapier vier prioritäre Arbeitsbereiche: verantwortungsbewusste Theologie, lebendige Kirchen, Gerechtigkeit und Frieden sowie Dienst am Nächsten und Menschenwürde.

Leitmotiv des Strategiepapiers ist die Hoffnung. „Wir leben in einer Welt, in der Geschwindigkeit und einfache Antworten dominieren“, sagte Kit und forderte mehr „Mut zum Nachdenken für differenzierte Antworten“. Hoffnung, so Kit, sei „elementar, wenn wir uns und unser Handeln nicht von Angst bestimmen lassen wollen“.

Für die theologische Ausbildung sei es wichtig, die Studierenden zu begleiten und den Austausch untereinander nicht nur unter akademischen Aspekten zu fördern, „damit sich Horizonte erweitern“ betonte Sivin Kit. Zudem soll das Prinzip des Austausches untereinander und der Offenheit für unterschiedliche Sichtweisen und Positionen auch für Theolog*innen in Führungspositionen propagiert werden.

Als weiteren zentralen Punkt in seinem Arbeitsbereich benannte Kit die Förderung der Partizipation junger Menschen. Zusätzlich soll noch ein Schwerpunkt auf den Dialog zwischen den Generationen gelegt werden.

Das komplette Strategiepapier gibt es hier: https://lutheranworld.org/de/resources/richtlinien-lwb-strategie-2025-2031

Neu im EMW-Vorstand: Emmanuel Kileo und Yasna Krüsemann (v.l.n.r.) (Foto: Thomas Nagel)

Neu im EMW-Vorstand: Emmanuel Kileo und Yasna Crüsemann (v.l.n.r.)
(Foto: Thomas Nagel)

Im Rahmen der jährlichen Mitgliederversammlung der Evangelischen Mission Weltweit (EMW) von 9. bis 11. Okober 2024 bei Mission EineWelt wählten die Delegierten Yasna Crüsemann und Emmanuel Kileo als neue Mitglieder in den EMW-Vorstand.

Die Nachwahl war nötig geworden, weil Generalsekretär Dieter Heidtmann (Evangelische Mission in Solidarität) und Michael Thiel (Evangelisch-Lutherisches Missionswerk in Niedersachsen) ihre Ämter im EMW-Vorstand niedergelegt hatten. „Wir gratulieren Yasna Crüsemann und Emmanuel Kileo zur Wahl und danken ihnen für die Bereitschaft, im Vorstand der Evangelischen Mission Weltweit mitzuarbeiten. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit“, erklärte der EMW-Vorsitzende Dietmar Arends. Mit der Wahl von Yasna Crüsemann und Emmanuel Kileo ist das 15-köpfige Gremium wieder komplett.

Yasna Crüsemann ist Pfarrerin der Evangelischen Landeskirche in Württemberg in den Gemeinden Gruibingen und Wiesensteig. Sie ist seit 2019 Mitglied der württembergischen Landessynode und dort Vorsitzende des Ausschusses für Mission, Ökumene und Entwicklung. Außerdem ist Crüsemann Mitglied der 13. Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Ein Zertifikatsstudium am ökumenisch-theologischen Institut Al Mowafaqa in Rabat, Marokko, schloss sie im Jahr 2019 ab. Von 2011 bis 2019 war sie Prälaturpfarrerin beim Dienst für Mission, Ökumene und Entwicklung in Ulm. Ihre Laufbahn begann sie als Studienassistentin an der Evangelischen Akademie Bad Boll und als Pfarrerin an der Stadtkirche Geislingen/Steige.

Emmanuel Kileo ist seit November 2023 Direktor des Evangelisch-lutherischen Missionswerks (ELM) in Niedersachsen. Zuvor war er stellvertretender Präsident für Verwaltung und akademische Angelegenheiten am Stefano Moshi Memorial University College in Tansania. Von 2007 bis 2014 arbeitete der promovierte Theologe als ökumenischer Mitarbeiter der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern. In seiner mehr als 20-jährigen Laufbahn engagierte er sich sowohl in der kirchlichen Gemeindearbeit als auch in der akademischen Forschung.

Der Vorstand legt die Ziele und Arbeitspläne der EMW im Rahmen der von der Mitgliederversammlung aufgestellten Leitlinien und Schwerpunkte fest und begleitet die Arbeit der Geschäftsstelle.

Die nächste turnusgemäße Vorstandswahl findet im Herbst 2027 statt.

Tanja Stünckel (EMW)