Rund 80 BesucherInnen kamen am 15. November 2017 ins Tagungshaus Wildbad in Rothenburg ob der Tauber zum unter anderem von Mission EineWelt organisierten Vortrag mit dem Thema „Gentechnik in Brasilien und wir?“
Der brasilianische Agrarexperte Professor Antônio Inácio Andrioli eröffnete seinen Vortrag mit den großen Versprechungen der Gentechnik-BefürworterInnen: „Durch Gentechnik werden die Erträge erhöht, dadurch können mehr Menschen ernährt werden. Das Ganze ist mit weniger Kosten verbunden, weshalb mehr Menschen Zugang zu den Lebensmitteln haben.“ Anschließend begann er Schritt für Schritt, diese Versprechen mit handfesten Zahlen und Argumenten zu widerlegen.
So habe sich seit 2003 (dem Jahr der Zulassung von gentechnisch veränderten Organismen <GVO> in Brasilien) der Pestizideinsatz in Brasilien um 310,71 Prozent erhöht, die Getreideproduktion sei jedoch nur um 124 Prozent gestiegen. Das heißt: Die Ernteerträge haben sich durch den Einsatz von Gentechnik nicht in dem Maß erhöht, wie es von Gentechnik-BefürworterInnen – WissenschaftlerInnen und Konzernen – prophezeit wurde.
Des Weiteren führe der Anbau von GVO zu riesigen Monokulturen, der Abholzung von Regenwald und durch den erhöhten Pestizideinsatz zu einer gefährlichen Verseuchung des Trinkwassers sowie zu einem massiven Artensterben. Außerdem seien die langfristigen Folgen und Risiken noch weitgehend unbekannt.
Durch die agarindustrielle Fleischproduktion und den hohen Fleischkonsum in Deutschland und Bayern, der vor allem durch den Import von Gen-Soja aus Brasilien und Argentinien ermöglicht werde, unterstütze Deutschland die Ausbreitung von GVO in Brasilien.
Gentechnik, so Andrioli weiter, sei ein höchst lukratives Geschäft für Saatgut- und Chemiekonzerne. Deshalb würden die Versprechungen der Gentechnik als Illusion mit aller Macht weiter aufrechterhalten. An der Wertschöpfungskette von GVO verdienten vor allem Konzerne und Großbetriebe, kleinbäuerliche Betriebe hätten das Nachsehen.
Um dem gegenzusteuern, hat Andrioli eine neue Universität mitbegründet, die „Universidade Federal da Fronteira Sul“. Sie sei die erste staatliche Universität, die sich auf dem Gebiet der Landlosenbewegung erfolgreich angesiedelt habe. „Eine neue Uni zu schaffen bedeutet auch, neues Wissen und eine neue Art des Denkens zu schaffen“, sagte Andrioli am Ende seines Vortrags.
Am nächsten Tag war Andrioli zum Gespräch im bayerischen Landwirtschaftsministerium. Dort fragte er unter anderem, ob denn die Pestizidrückstände von Glyphosat und anderen Pflanzengiften im Gen-Soja aus Brasilien eigentlich bei der Einfuhr nach Bayern kontrolliert würden und wie hoch diese Rückstände seien, denn schließlich würden diese Rückstände ja über die Nahrungskette an die VerbraucherInnen weitergegeben. Ministerialdirigent Konrad Schmid versprach dem nachzugehen.
Katja Görgen und Gisela Voltz