Freiwillige besuchen einen Baumarkt, der als Flüchtlingsquartier genutzt wird

„In diesem Supermarkt wohnen die Menschen?“ Agustina schüttelt entsetzt den Kopf. Sie steht vor dem ehemaligen Praktiker in Zirndorf. Mit anderen Freiwilligen aus dem Internationalen Evangelischen Freiwilligenprogramm, kurz IEF, lässt sie sich das Gelände zeigen, auf dem Geflüchtete untergebracht sind. Es war zwar kein Supermarkt, wie die junge Argentinierin dachte, sondern ein Baumarkt. Aber das macht das Gebäude nicht einladender. In der riesigen Halle leben 300 Personen. Die dünnen Stellwände, die jeweils vier Stockbetten von den anderen trennen, bieten keinerlei Privatsphäre. Nachts wird es nie dunkel und nie leise. Auch Familien mit kleinen Kindern „wohnen“ hier.

Agustina und ihre Gruppe erfahren hautnah, unter welchen Umständen Flüchtlinge in Deutschland leben. Seit sechs Monaten ist sie in Deutschland zu einem Freiwilligen Sozialen Jahr in einem Wohnheim für behinderte Menschen. Sie und die anderen Freiwilligen (aus Brasilien, Tansania und Malaysia) werden von Mission EineWelt während dieses Jahres begleitet. Thema des Zwischenseminars im September ist Migration. An ihren Einsatzorten haben die Freiwilligen jeweils eigene Erfahrungen mit Geflüchteten gemacht. Auch die wechselnde Stimmung in unserem Land bekommen sie mit und werden selbst für Asylsuchende gehalten. „Wenn ich sage, dass ich kein Flüchtling bin, werde ich gleich freundlicher behandelt“ erzählt Irene aus Tansania. Gemeinsam diskutiert die Gruppe über Ursachen und Folgen von Flucht und Migration. Das Online-Spiel „auf und davon“  vermittelt den jungen Leuten anschaulich, wie es Flüchtenden ergehen kann.

Nach fünf Tagen intensiven Austauschs fahren sie wieder zurück zu ihren Einsatzstellen – zu Kindergärten, Altenheimen und Wohnheimen für Menschen mit Behinderung. „Unser Blick wurde geweitet – wir haben viel gelernt“ meldet Agustina zurück.

Drei prämierte Aufnahmen, das Siegerfoto stammt von zwei Freiwilligen

Australien, Papua-Neuguinea und Argentinien, in diesen Ländern wurden die diesjährigen Siegerbilder des Fotowettbewerbs von Mission EineWelt aufgenommen. Jedes Jahr können die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Internationalen Evangelischen Freiwilligenprogramms jeweils ein Foto in drei Kategorien einreichen. Eine fünfköpfige Jury wählte aus den Einsendungen die drei Gewinnerfotos aus.

Platz 1 ging an ein Foto, das zwei Freiwillige im australischen Alice Springs aufgenommen haben: Hoa-Quynh Rex aus dem oberbayerischen Eichenau und Stephanie Schwarz aus Hohenschäftlarn beim Starnberger See. Die Jury zeigte sich von der deutlichen Bildbotschaft beeindruckt: „Ein Wettkampfbild, das nicht das Gegeneinander, sondern das Miteinander betont, das die gemeinsame Freude am Spiel ausstrahlt und auf die Betrachterinnen und Betrachter überträgt.“ Die Dynamik des Moments sei wunderbar eingefangen, zudem sei das Bild farblich und kompositorisch hervorragend fotografiert.

2. Preis: Kaffeeanbau in Papua-Neuguinea. © Daniel Schlüter

2. Preis: Kaffeeanbau in Papua-Neuguinea. © Daniel Schlüter

3. Preis: Gemeinsam in Argentinien. © Sophie Reiter

3. Preis: Gemeinsam in Argentinien. © Sophie Reiter

Eine Momentaufnahme vom Kaffeeanbau in Papua-Neuguinea verhalf dem Oberpfälzer Daniel Schlüter aus Neutraubling nahe Regensburg auf den 2. Platz. Nach Ansicht der Jury unterstreiche der klare Aufbau, der gute Umgang mit Licht und Weite und die einfache, aber ausdrucksstarke Komposition die Ruhe in dem Bild. Das Foto zeige „einen realen und alltäglichen Zusammenhang zwischen globalem Norden und globalem Süden: Der Kaffee, den viele in Deutschland trinken, wird weit von hier entfernt unter oft mühsamen Bedingungen und mit hohem Aufwand angebaut“, so die Begründung der Entscheidung.

Die Übergabe der Urkunden fand im Rahmen des Auswertungsseminars statt, bei dem die Freiwilligen, die ein Jahr im afrikanischen und asiatisch-pazifischen Raum mitgearbeitet haben, vergangene Woche in Neuendettelsau zusammen waren. Dritte Preisträgerin ist Sophie Reiter aus dem oberbayerischen Kirchanschöring am Waginger See mit ihrer Aufnahme aus Argentinien. Sie bekommt ihre Urkunde in der kommenden Woche, wenn die Freiwilligen aus dem lateinamerikanischen Raum ihr Auswertungsseminar haben werden. „Die Jury lobt die wunderbare Umsetzung der Idee des Freiwilligendienstes in diesem Bild: gemeinsam arbeiten und gemeinsam lernen. Die Szene erzählt eine Geschichte ohne Text über eine vertraute Gruppe von Frauen, die in ihre Tätigkeiten und gemeinsame Arbeit versunken die Fotografin gar nicht wahrzunehmen scheint.“

Das Siegerfoto wird von Mission EineWelt mit 300 Euro prämiert, Platz 2 mit 200 Euro und der 3. Platz mit 100 Euro. Die Jury bildeten in diesem Jahr Wengel Ayalew, Dr. Jürgen Bergmann, Daniela Denk (alle Mission EineWelt), Wolfgang Heilig-Achneck (Nürnberger Nachrichten) und Claus Laabs (Evangelische Medienzentrale).

Mission EineWelt mobilisiert beim Jahresfest gegen CETA

„Es wurden 250 Unterschriften für die Zulassung des bayerischen Volksbegehrens gegen CETA gesammelt“, verkündete Hanns Hoerschelmann, Direktor von Mission EineWelt, am späten Sonntagnachmittag in der Schlussandacht zum Fest der weltweiten Kirche in Neuendettelsau. Damit wurde das gesteckte Ziel erreicht, ein Prozent der erforderlichen 25.000 Unterschriften gegen das europäisch-kanadische Freihandelsabkommen bei dem internationalen Fest zu sammeln.

Auf die Frage, was denn diese Stimmen wert sind, antwortete Pfarrerin Gisela Voltz, Fachreferentin für entwicklungspolitische Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit bei Mission EineWelt: „Das werden wir wahrscheinlich erst in 50 bis 100 Jahren wissen. Ich hoffe, dass diese mit zu einer Weichenstellung für ein gerechteres und nachhaltigeres globales Wirtschaften beitragen.“ Wir dürften nicht länger auf Kosten der Menschen in den armen Ländern des globalen Südens und nachfolgender Generationen leben, so die Theologin. „Immer mehr Menschen verstehen, dass soziale und ökologische Standards weltweit dringend notwendig sind, um globale Krisen wie Klimawandel, Ressourcenkonflikte und Flüchtlingskrise menschenwürdig lösen zu können.“ Wir bräuchten deshalb eine Politik für die Menschen und nicht für die Interessen von Konzernen.

Mission EineWelt sieht durch das Freihandelsabkommen bestimmte Rechte für Arbeitnehmende und Verbraucher/innen gefährdet, sowie Demokratie- und Umweltstandards verletzt. Darüber hinaus befürchtet das Partnerschaftszentrum negative Auswirkungen auf arme Entwicklungsländer, insbesondere für die kleinbäuerliche Bevölkerung. Ebenso würden mit CETA viele Regeln wie Investorenschutz, regulatorische Kooperation und mehr in Kraft gesetzt, die bei dem derzeit noch verhandelten TTIP-Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA kritisiert werden.

Mission EineWelt hat auch schon beim bayernweiten Aktionstag am vergangenen Samstag 170 Unterschriften in Augsburg sowie an einem Infostand in Nürnberg 240 Unterschriften gesammelt.

Obwohl nach Meldung der Trägerorganisationen des Volksbegehrens bereits 50.000 Unterschriften gesammelt wurden, können sich Befürworter noch bis zum kommenden Freitag (22. Juli) an der Rezeption des Caritas Pirckheimer Hauses, Königstraße 64 in Nürnberg sowie an der Rezeption von Mission EineWelt in Neuendettelsau, Hauptstraße 2, in die Unterschriftenlisten für den Zulassungsantrag eintragen.

Spannend wird es laut Gisela Voltz dann im Herbst, wenn die Bürgerinnen und Bürger selbst in Gemeindeverwaltungen und Rathäuser gehen sollen, um sich für das Volksbegehren gegen CETA einzutragen. Da werden dann die Unterschriften von zehn Prozent der Wahlberechtigten in Bayern benötigt. Bei einem Erfolg des Volksbegehrens müsste die bayerische Staatsregierung im Bundesrat gegen CETA stimmen.

Kontakt: Gisela Voltz, , Tel: 0911-36672-0

Veranstaltungshinweis:

Am Samstag, 17. September, findet eine Großdemonstration unter der Überschrift „Für einen gerechten Welthandel –TTIP & CETA stoppen!“ in München statt. Die Demo soll der Politik kurz vor der Entscheidung im EU-Ministerrat zeigen, dass große Teile der Bevölkerung eine andere Handelspolitik wollen.

Weitere Informationen zur Demonstration und Anreise: www.ttip-demo.de

 

Bayerische Europaministerin Beate Merk zeichnet Eine Welt-Gruppen aus

Alle zwei Jahre verleiht der Freistaat Bayern gemeinsam mit dem Eine Welt Netzwerk Bayern e.V. den Bayerischen Eine Welt-Preis, um das bürgerschaftliche Eine Welt-Engagement zu würdigen. Bei der diesjährigen Verleihung wurde Mission EineWelt mit einem Sonderpreis in der Kategorie „Vereine/Initiativen/Schulen“ für das Projekt „Förderschwerpunkt Globales Lernen in Bayern“ ausgezeichnet.

Ministerin Merk zeigte sich am vergangenen Samstag beeindruckt vom vielfältigen Engagement der Eine Welt-Gruppen und vom grenzüberschreitenden bayerischen Gemeinschaftsgeist, der in der Staatskanzlei in München zu spüren war. Über 200 Vertreterinnen und Vertreter waren der Einladung des Eine Welt Netzwerks Bayern und der Bayerischen Staatskanzlei zur diesjährigen Preisverleihung des Eine Welt-Preises gefolgt. „Sie alle sind ein Gewinn“, rief die Ministerin ihnen in der Staatskanzlei zu.

Logo Eine Welt-Preis 2016

Logo Eine Welt-Preis 2016

Mission EineWelt wurde für seine verlässliche Förderarbeit der bayerischen Eine Welt-Arbeit ausgezeichnet. Konkreter Anlass war das aktuelle Schwerpunktförderprogramm zur Stärkung des Globalen Lernens. Dr. Norbert Stamm hob in seiner Laudatio hervor, dass Mission EineWelt die Bildungsarbeit im Inland fördere. „Längst schon gilt nicht mehr, möglichst viel Geld in Partnerschaftsprojekte zu investieren, sondern Strukturen hier bei uns zu verändern und Globales Lernen beziehungsweise das Verständnis für Zusammenhänge in der Einen Welt zu fördern.“

Ein Preisgeld war mit dem Sonderpreis nicht verbunden, wofür der Laudator aber Verständnis erwartete: „Denn ihr gebt lieber als dass ihr nehmt.“ Das lassen wir uns als Kirche gerne sagen.

Der Eine Welt-Preis wird seit 2012 alle zwei Jahre an unterschiedlichen Orten in Bayern vergeben.

Am vergangenen Samstag fand in Hannover ein kilometerlanger Protestzug gegen die geplanten Freihandelsabkommen TTIP und CETA statt.

Grund für die Aktion war der anstehende Besuch des US-amerikanischen Präsidenten Barack Obama auf der Hannover Messe, und die darauf folgenden Gespräche zu der geplanten Freihandelszone zwischen ihm und der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Über dreißig Traktoren führen die Demonstration gegen TTIP am 23. April 2016 in Hannover an.

Über dreißig Traktoren führen die Demonstration gegen TTIP an.

Bereits vor Wochen hatten Gewerkschaften, Umweltverbände und mehrere bäuerliche und kirchliche Organisationen, darunter auch das Centrum Mission EineWelt, zu den Demonstrationen gegen TTIP und CETA in der niedersächsischen Hauptstadt aufgerufen. Gefolgt waren der Aufforderung zum kreativen und friedlichen Protest am 23. April mehrere tausend Menschen aus ganz Europa und Übersee. Angeführt von über dreißig Traktoren zogen sie mit bunten Bannern und Slogans wie „Stoppt TTIP“ durch die Innenstadt und forderten weltweit faire Handelsbeziehungen, die sich an Arbeitnehmerrechten, Umwelt-, Sozial- und Verbraucherstandards statt an Konzerinteressen orientieren.

Ein wichtiges Thema der Proteste war die Auswirkung des geplanten Abkommens auf den Globalen Süden. Dieser gewinnt seit Jahren immer mehr an Stärke, während die gleichzeitig laufenden Verhandlungen, die Weltwirtschaft durch die Welthandelsorganisation (WTO) zu regeln, scheitern. Doch „umso mächtiger die entsprechenden Länder werden, umso mehr bemühen sich die Weltmächte, ihre bedrohte Vormachtstellung zu erhalten“, betont Angela Müller, Agrarexpertin von Mission EineWelt. „TTIP ist ein geopolitisches Abkommen. Die USA und alle EU-Mitgliedstaaten würden von einer umfassenden Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft in erheblichem Umfang profitieren. Der Globale Süden würde ausgegrenzt“, so Müller weiter. Zu einer ähnlichen Erkenntnis gelangt eine Studie der Bertelsmannstiftung. Laut den darin veröffentlichten Ergebnissen würde beispielsweise das Pro-Kopf-Einkommen in nahezu allen Entwicklungsländern durch TTIP deutlich zurückgehen.

Und auch in Deutschland bangen Bäuerinnen und Bauern um ihre Zukunft. „Prognosen zufolge soll die Wertschöpfung der deutschen Landwirtschaft durch TTIP um 0,7 Prozent zurückgehen. Die Ausrichtung auf den Export würde sich dadurch weiter verschärfen“, klärt die Agrarexpertin von Mission EineWelt auf. Der bereits bestehende Strukturwandel in der Landwirtschaft würde sich ihrer Meinung nach dadurch auf Kosten bäuerlicher Betriebe und handwerklicher Lebensmittelverarbeiter erheblich beschleunigen.

Agrarexpertin Angela Müller im Gespräch mit dem niedersächsischen Landwirtschaftsminister Christian Meyer

Agrarexpertin Angela Müller (Mission EineWelt) im Gespräch mit dem niedersächsischen Landwirtschaftsminister Christian Meyer.

Die Brisanz des Themas zeigte auch die Teilnahme des niedersächsischen Landwirtschaftsminister Christian Meyer an den Protesten. Er bestätigte dem Centrum Mission EineWelt, das sich weltweit durch Kampagnen-, Lobby- und Advocacy-Arbeit für einen gerechten Handel einsetzt, dass der „Druck von der Straße“ sehr wichtig sei. Nur wenn der Protest in der Zivilbevölkerung weiter zunehme, könnten die entsprechenden Abkommen verhindert werden. Erste kleine Zugeständnisse wurden auf Grund der Demonstrationen durch die EU bereits gemacht. „Dennoch besteht weiterhin die Absicht, die Abkommen ohne Einbeziehung der Parlamente in Kraft zu setzen, da diese die Zustimmung kippen könnten“, schließt Angela Müller.

Link zur erwähnten Studie: http://www.bertelsmann-stiftung.de/

Am heutigen Freitag, 22. April, findet in über 175 Ländern der Tag der Erde, der sogenannte „Earth Day“, statt.

Der 1970 erstmals ins Leben gerufene Aktionstag, der seit den 1990er Jahren als internationale Kampagne begangen wird, widmet sich den Themen Natur, Umwelt, Klima- und Artenschutz. 2016 steht er unter dem Motto „Mein Essen verändert die Welt! Bewusst genießen, bio, regional, fair“. Es geht um unsere Ernährung und um die Frage, wie die sich nachhaltig gestalten lässt.

Die Menschen sollen dazu angeregt werden, ihr Konsumverhalten zu überdenken. Geworben wird für einen verantwortungsbewussten Lebensstil. Alle sind dazu aufgerufen, ihren Umgang mit Ressourcen und ihre Müllproduktion kritisch zu hinterfragen. In Deutschland beteiligen sich vor allem Schulen, Universitäten, Umweltschutzverbände und -organisationen an den Aktionen.

Nachhaltig Handeln weltweit

Mission EineWelt tritt für einen gerechten, ökologischen Anbau, für den Schutz der Umwelt sowie die Bewahrung der biologischen Vielfalt weltweit ein. Durch Bildungs-, Advocacy- und Kampagnenarbeit wird auf die politisch Verantwortlichen eingewirkt und zum nachhaltigen Handeln aufgefordert.

Doch nicht nur im Centrum für Partnerschaft, Entwicklung und Mission der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern steht das Thema auf der Tagesordnung. Auch in den Partnerkirchen selbst werden Missstände thematisiert und nach Lösungen gesucht. In Argentinien mahnt beispielsweise der Agrarfachmann Manolo Palazuelos: „Die Bodenqualität sinkt durch den großflächigen Anbau von Monokulturen wie Soja bei uns dramatisch. Die Anbauflächen werden zunehmend schlechter.“ In dem südamerikanischen Land ist die landwirtschaftliche Fläche für den Anbau von Monokulturen in 40 Jahren von 400.000 Hektar (ha) auf 28 Millionen ha gestiegen. „Momentan rechnen wir damit, dass sich die Bodenqualität bereits um 30 Prozent verringert hat.“, betont der Agrarfachmann. Diese drastische Entwicklung nahm auch der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Argentinien, Carlos Duarte, zum Anlass, einen pastoralen Brief zur Landwirtschaft zu veröffentlichen. In dem nachfolgenden Interview mit Hans Zeller, Lateinamerika-Referent von Mission EineWelt, erklärt er seine Absichten.

Interview mit Carlos Duarte, Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Argentinien

Herr Duarte, Sie haben einen pastoralen Brief zur Landwirtschaft geschrieben. Was hat Sie dazu bewegt?

Die Landwirtschaft hat sich in Argentinien mit großer Geschwindigkeit verändert. In den 1970er Jahren hatten wir in Argentinien einen Anbau von Soja in der Größenordnung von 400.000 Hektar (ha) und es gab fast keinen Anbau von genveränderten Saatgut. Heute sind wir bei ca. 28 Millionen ha Anbau von genveränderten Soja angelangt. Diese Entwicklung hat die gesamte landwirtschaftliche Struktur verändert.

Was hat sich dadurch in den ländlichen Räumen verändert?

Früher war es so, dass die Bauern auch auf dem Land gelebt haben. Inzwischen ist aber der Boden zu einer reinen Sache geworden. Es wird nicht mehr nach der Bodenqualität gefragt, sondern entscheidend sind die kurzfristigen ökonomischen Ziele geworden. Eigentümer der großen Ländereien sind reiche Leute aus der Stadt und sie lassen das Land durch Lohnunternehmen bewirtschaften. Dadurch ist die Verbindung zur Erde unterbrochen.

Warum nehmen Sie als Pfarrer dazu Stellung?

Ich gehe davon aus, dass Gott sein Schöpfung uns Menschen als Geschenk überlassen hat. Paulus schreibt, dass die ganze Schöpfung seufzt und sich nach Erlösung sehnt. Das können wir von den Indigenen Völkern lernen. Sie leben in der Harmonie mit der Schöpfung. Es ist eine gelebte Verbindung mit der Erde und dies zieht dann auch ein gesundes Leben nach sich. Meine Idee ist, dass wir mit der Natur in einer Gemeinschaft leben.

Welche Konsequenzen ergeben sich daraus?

Früher hatten die Bauern 20 Kühe und kannten jede Kuh beim Namen. Heute ist es anders. Die Tiere sind zu einer Nummer geworden. Es besteht kein direkter Bezug mehr zu den Tieren.

Was schlagen Sie vor, dass sich verändern müsste?

Im Alten Testament gibt es viele Vorschläge für den Umgang mit der Natur. Diese Vorschläge sind sicher nicht mehr zeitgerecht. Deshalb sollte auf theologischer Grundlage eine Orientierung für den Umgang mit der Schöpfung erarbeitet werden. Dabei können wir auf Erfahrungen der Indigenen Völker zurückgreifen. Das gemeinsame Essen, wie es auch im Sakrament des heiligen Abendmahls vorgegeben ist, könnte ein Beispiel sein.

(Das Interview führte Hans Zeller, Lateinamerika-Referent von Mission EineWelt)

Pressegespräch stellt in Nürnberg Forderungen des Agrarbündnisses Bayern vor

Unter der Überschrift „Solidarität mit den Milchbäuerinnen und –bauern“ lädt das Agrarbündnis Bayern am kommenden Mittwoch, 13. April, zu einem Pressegespräch ins Literaturhauscafé in Nürnberg ein. Vertreterinnen und Vertreter von Mission EineWelt, Bund Naturschutz in Bayern und die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) Franken werden Rede und Antwort stehen.

Anlässlich der Agrarministerkonferenz, die unter Vorsitz von Agrarminister Till Backhaus am gleichen Tag in Mecklenburg-Vorpommern beginnt, möchte das Agrarbündnis Bayern auf die Lage der Milchbauern aufmerksam machen. In Bayern hält noch etwa ein Drittel der Betriebe Kühe. Bauernhöfe, regionale Lebensmittelversorgung und Wiesenlandschaften sind jedoch wegen Tiefstpreisen in ihrer Existenz gefährdet.

Die Agrarpolitik hat ebenso weltweite Folgen, auch für Entwicklungsländer. Deshalb ist die Landwirtschaftsexpertin des Partnerschaftszentrums Mission EineWelt, Angela Müller, bei dem Pressegespräch dabei. Nach ihren Worten hat die Europäische Union (EU) ihre Milchproduktion 2015 stärker gesteigert als der Rest der Welt zusammen. Schon zuvor sei mehr produziert worden, als im Binnenmarkt verbraucht wird. Deshalb dominiere die EU den globalen Milchmarkt. Wenn die EU ihre Exporte weiter ausdehne, verfielen wegen des Überangebots weltweit die Preise. Nach Recherchen Müllers gehe der Großteil der europäischen Milchexporte in Entwicklungs- und Schwellenländer, 28 Prozent alleine nach Afrika. Die Exportorientierung der EU sei verheerend. „In den Zielländern untergraben billige Importe den dringend notwendigen Erhalt und weiteren Ausbau einer regional verankerten Land- und Lebensmittelwirtschaft“, so Angela Müller.

Bei dem Pressegespräch in Nürnberg am Mittwoch 13.04.2016, 11.00 Uhr Literaturhauscafé (Luitpoldstraße 6, 90402 Nürnberg, Telefon: 0911 2342658) werden die aktuellen Forderungen des Agrarbündnisses Bayern vorgestellt.

Gesprächspartner sind:
Hubert Weiger, Landesvorsitzender Bund Naturschutz (BN)
Angela Müller, Mission EineWelt
Isabella Hirsch, Vorsitzende AbL Franken
und Richard Mergner, BN Landesbeauftragter.

Mission EineWelt unterzeichnet gemeinsame Vereinbarung zum STUBE-Programm

Die Überschrift der Vereinbarung, die heute bei Mission EineWelt unterschrieben wurde, klingt recht sperrig: „Memorandum of Unterstanding für die ökumenische Gemeinschaftsaufgabe Studienbegleitprogramm STUBE“. Tatsächlich geht es darum, dass die kirchlichen Trägern das seit Jahren laufende Programm der Begleitung von ausländischen Studierenden nun in einer bundesweit für alle STUBE-Programme geltenden Vereinbarung geregelt haben. In Vertretung von Mission EineWelt unterzeichnete Dr. Jürgen Bergmann das Memorandum im Rahmen einer Sitzung der Leitung des Partnerschaftszentrums.

Oliver Märtin, der bei Brot für die Welt die Abteilung „Weltweit und Europa“ leitet, war zu diesem Zweck aus Berlin angereist. Vor der Unterzeichnung hatte Märtin die Arbeit seiner Abteilung vorgestellt und mit dem Leitungskreis von Mission EineWelt über die entwicklungspolitischen und kirchlichen Aspekte der Arbeit von Brot für die Welt (BfdW) gesprochen.

Das Engagement von Brot für die Welt für STUBE hat damit begonnen, dass die evangelische Entwicklungshilfeorganisation EU-Mittel für das Studienbegleitprogramm eingeworben hatte. Nach Ende der EU-Förderung sollte die STUBE mit Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) unterstützt werden. Das ist jedoch an bestimmte Voraussetzung gebunden, die für alle STUBE-Programme in der Bundesrepublik gelten müssen. In einen dreistufigen Prozess wurden diese Voraussetzungen geschaffen. Einerseits durch ein Memorandum als Grundlage der Zusammenarbeit, andererseits durch die Entwicklung von Förderrichtlinien durch Brot für die Welt sowie drittens durch die Bereitstellung von Arbeitshilfen für die STUBE-Leitungen.

STUBE Bayern ist das außeruniversitäre Studienbegleitprogramm für Studierende aus Afrika, Asien und Lateinamerika, die an einer bayerischen Hochschule eingeschrieben sind. In Zusammenarbeit mit den örtlichen Studierendengemeinden werden derzeit rund 20 Veranstaltungen mit entwicklungsbezogenen Themen (Wochenendseminare, Studientage, Exkursionen) durchgeführt. STUBE Bayern ist an das Referat Entwicklung und Politik von Mission EineWelt angegliedert, deren Leiter Dr. Jürgen Bergmann das Memorandum unterzeichnet hat.

Mehr dazu: http://www.stube-bayern.de/

Barbara Lochbihler, außen- und menschenrechtspolitische Sprecherin der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament (EP) und Vizepräsidentin des EP-Menschenrechtsausschusses, war am Internationalen Tag der Menschenrechte in Nürnberg zu Gast und stellte sich mitunter auch kritischen Fragen zur Migrations- und Flüchtlingspolitik der EU. Über 80 Interessierte nahmen an der Kooperationsveranstaltung von Mission EineWelt, dem Menschenrechtsbüro und der Evangelischen Stadtakademie teil.

Die Kanzlerin gibt sich in der Flüchtlingskrise unbeirrt. Deutschland soll Migranten weiter freundlich aufnehmen. Doch wegen ihrer „Wir schaffen das“-Politik wird Angela Merkel nicht nur aus den eigenen Reihen unter Druck gesetzt. Für viele bleibt der Appell eine Floskel und Fragen zum „Wer“ und „Wie“ bleiben offen. In der EU werden derweil die Pläne des Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker diskutiert. Diese sollen das Chaos beispielsweise auf der Balkanroute eindämmen. Doch auch hier stehen verschiedene Staaten den Vorschlägen Brüssels kritisch gegenüber. Auch die EU-Politikerin Barbara Lochbihler betrachtet die Reformvorschläge Junckers mit Skepsis. „Das Mittelmeer ist die tödlichste Grenze der Welt. Mehrere tausend Menschen sind hier in den vergangenen Jahren bei ihrer Flucht ertrunken. Der Vorschlag Junckers enthält zwar progressive Elemente, doch die Abschottung Europas wird damit ebenfalls nochmals verstärkt“, so die menschenrechtspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion.

Mit Hilfe so genannter „Hotspots“ in Griechenland und Italien, in denen Flüchtlinge nach ihrer Ankunft in Europa schneller registriert und verteilt werden sollen, will die EU nun erstmal die bestehenden Flüchtlingszentren entlasten. Darüber hinaus wird, so Lochbihler, auch über weitere Hotspots außerhalb Europas sowie über ein Flüchtlingslager direkt in Syrien nachgedacht. Genauere Informationen dazu konnte die Vizepräsidentin des Menschenrechtsausschusses im Europäischen Parlament jedoch nicht geben. Dass allerdings der Minimalkompromiss der EU-Innenminister über die Verteilung von 160.000 Asylsuchender aus Ungarn, Griechenland und Italien als gescheitert bezeichnet werden kann, wurde aus ihren Ausführungen deutlich. Bereits der Beschluss, der mehr politisch als rechtlich bindenden Einigung, die Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) nach einem Treffen der Innenminister im September in Brüssel verkündete, fiel nicht einstimmig aus. Nicht verwunderlich ist daher auch, dass noch nicht einmal fünf Prozent der geplanten Umverteilung stattgefunden hat.

Laut Lochbihler steht Deutschland wie auch die gesamte Europäische Union vor einer historischen Herausforderung, die uns auch noch sehr lange beschäftigen wird. Krisen, Kriege und Konflikte wie in Syrien, dem Irak, der Ukraine und im Südsudan trieben immer mehr Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen. Auf der Suche nach Frieden und Stabilität kämen dabei auch immer mehr Vertriebene zu uns. Einige Bürger machten sich deshalb große Sorgen, wie Deutschland das alles schaffen kann. „Wie sollen wir denn den Ängsten begegnen? Gibt es eine sozialpsychologische Aufarbeitung?“ lautete eine Frage aus dem Plenum, die vielen auf der Seele brennt. Mit Offenheit, mit umfassenden Informationen und mit Gesprächen, so die Meinung der menschenrechtspolitischen Sprecherin. „Viele Menschen wissen beispielsweise gar nicht, dass die meisten Menschen nicht in die EU, sondern in direkte Nachbarländer oder auch nur innerhalb ihres Heimatlandes flüchten.“ Die Zahl dieser so genannten Binnenflüchtlinge, die in ihrem eigenen Land auf der Flucht sind, beziffert die Weltflüchtlingsorganisation UNHCR für 2014 auf über 38 Millionen Menschen. Nur ein Bruchteil derjenigen, die weltweit fliehen, kämen somit zu uns. „Und diejenigen, die es tun, sollten nicht als Risiko, sondern vielmehr als Chance gesehen werden“ so Lochbihler. Deutschland werde künftig mit demografischen Problemen rechnen müssen. „Hier können die Flüchtlinge durchaus unser System stabilisieren.“ Wichtig sei vor allem, dass Flüchtlings- und Asylpolitik nicht gegen die Sozialpolitik ausgespielt werde. Diskussionen darüber, ob Flüchtling beispielsweise Sozialhilfeempfängern Wohnraum oder Ähnliches wegnehmen, seien nicht hilfreich. „Vielmehr unterfüttert es noch die Propaganda von Pegida und anderen rechtspopulistischen Vereinigungen.“

In der Begegnung mit fremden Menschen die Chance und die Bereicherung zu sehen, war auch das zentrale Thema in der Kurzandacht von Pfarrerin Gisela Voltz, Referentin für entwicklungspolitische Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit bei Mission EineWelt, die bereits um 17.00 Uhr mit rund 50 Besuchern in der Lorenzkirche stattfand. Und sowohl dort als auch in der Diskussionsveranstaltung im Haus eckstein wurde der Blick auch auf die Fluchtursachen geworfen. Die Situation in den Ländern, aus denen die Menschen auf Grund von Verfolgung, Gewalt oder Perspektivlosigkeit weg wollen oder müssen, müsse verbessert werden. Dazu reicht finanzielle Hilfe in Form von Entwicklungsgeldern nicht aus. „Vielmehr muss auch die Handels- und Agrarpolitik der EU reformiert werden“ so Lochbihler und Voltz einstimmig. „Wir müssen uns für gerechtere Handelsbedingungen und Menschenrechte in unserer Welt einsetzen, damit immer mehr Menschen ein Leben in Würde und ohne Armut führen können.“

Einen Beitrag zur Aufklärung und Bewusstseinsschaffung zu diesem Thema möchte auch die Ausstellung „auf und davon“ von Mission EineWelt leisten. Auf fünf Rollups wird ein Blick auf die menschenrechtliche Perspektive zur aktuellen gesellschaftlichen Debatte zu Flucht und Migration geworfen. Die Ausstellung ist im Dezember und Januar noch im Haus eckstein in Nürnberg zu besichtigen. Ausgeliehen werden kann sie direkt über das Partnerschaftscentrum.

Weitere Informationen:
Kurzandacht vom 10.12.2015 in St. Lorenz von Gisela Voltz (PDF)
Informationen zur Ausstellung von Mission EineWelt

Rund 30.000 Unterschriften vom Aktionsbündnis gegen AIDS an Bundesregierung übergeben

Der 1. Dezember ist Weltaidstag. Mit knapp 30.000 Unterschriften, die am heutigen Montag dem Bundeskanzleramt übergeben wurden, setzt sich das Aktionsbündnis gegen AIDS dafür ein, dass Kinder weltweit Zugang zu geeigneten und lebensnotwendigen Medikamenten und Tests bekommen. Das Bündnis, dem auch das Partnerschaftszentrum Mission EineWelt angehört, fordert mit der Kampagne „Kinder ohne AIDS: Medikamente und Tests für Alle!“ die Bundesregierung auf, mehr für den Kampf gegen HIV und AIDS zu investieren und Druck auf die Diagnostikahersteller auszuüben, damit Preise sinken.

„Pharmafirmen haben ihre Patente auf zentrale Kinderpräparate an den so genannten Patentpool gegeben. In Zukunft können geeignete und bezahlbare HIV-Medikamente für Kinder durch Generikahersteller produziert werden und fast allen HIV-positiven Kindern weltweit zugutekommen“, sagt die Sprecherin des Aktionsbündnisses gegen AIDS, Astrid Berner-Rodereda von Brot für die Welt. „Wenn nun für Kinder geeignete Medikamente mit weniger Alkoholgehalt und in Form von löslichen Tabletten und Granulaten hergestellt werden, ist das ein wichtiger Fortschritt“, ergänzt Tanja Funkenberg, Gesundheitsexpertin von terre des hommes Deutschland. „Es reicht aber nicht, solange noch nicht alle Kinder Zugang zu Behandlungsmöglichkeiten und Tests haben.“ Ende 2014 war das weltweit erst 32 Prozent der Kinder möglich.

„Wichtig ist auch der flächendeckende Ausbau von so genannten Viruslasttestmöglichkeiten, ohne die Kleinkinder nicht erfolgreich und nicht früh genug getestet werden können“, betont Frank Mischo, AIDS-Experte der Kindernothilfe und Koordinator der Kampagne. „Ansonsten drohen 80 Prozent der betroffenen Kinder vor dem fünften Lebensjahr unbehandelt zu sterben.“